Brennende Kontinente
Fiorell. »Du wirst nachschauen, ob sie stimmt.« »Von mir aus. Alles bloß kein Dampfbad, o Vernichter der
Pralinen und Plätzchen.«
»Keine Sorge, mein lieber höflicher Minznarr. Wo ich dich hin sende, gibt es wenig Wasser.« Die Kutsche hielt an, ein Bediensteter öffnete den Verschlag, und Perdor stieg aus. Fiorell starrte auf den runden Hintern. »Das ist nicht Euer Ernst?«
»Doch. Je schneller du aufbrichst, desto eher haben wir Gewissheit über diesen Umstand.« Er sprang auf das Pflaster und winkte. »Du kannst aussteigen, es ist niemand zu sehen, der dich in deiner eleganten Pferdedecke sehen und verspotten könnte.«
Fiorell streckte den Kopf heraus, spähte nach rechts und links, um eilends zur geöffneten Haustür zu huschen und im Inneren des Gebäudes zu verschwinden.
Perdor folgte ihm und trat dabei auf den Zipfel der Decke. Ruckartig war Fiorell seinen Sichtschutz los, und natürlich bog in diesem Augenblick eine Wache um die Ecke. Die Soldaten marschierten unbeirrt an dem Nackten vorbei, der beide Hände fluchend vor sein Gemächt hielt und es zu verbergen versuchte.
Erst als die Wächter an ihm vorbeigelaufen waren, kam irgendwo aus dem Pulk ein lautes Prusten, gleich darauf entlud sich das donnernde Gelächter eines einzelnen Soldaten, in das nach und nach alle anderen einstimmten; auch Perdor konnte sich nicht länger zurückhalten und lachte laut. Fiorell wandte sich bebend zu seinem Herrn. »Dafür«, knurrte er, »werde ich mir eine Rache ausdenken, die alles übertrifft, was ich mir bislang ersann.« Er rannte hinein.
»Es war ein Unfall!«, beteuerte Perdor und hob die Uecse auf, folgte dem Mann. »Ehrlich, mein Lieber!« Seine Lachtränen auf den Wangen und das Grinsen besagten das Gegenteil. Er hatte den Verdacht, dass die Zeit der wilden Streiche zwischen ihm und Fiorell wieder beginnen würde. Es lag vermutlich daran, dass es sonst kaum mehr etwas zu lachen gab. Er hatte die mal mehr, mal weniger feinsinnigen Albernheiten sehr vermisst.
»Kalisstra sei Dank ‐ die gemeinsame Jagd verlief erfolgreich!
Unsere Jäger folgten den Spuren und stöberten
den Qwor auf, der Vekhlahti heimsucht. Wir brauchten mehr als einhundert Kämpfer, um den Qwor zu besiegen. Kantsila wurde so schwer verletzt, dass meine Kräfte als Cereler beinahe nicht mehr ausgereicht hätten.
Wir haben dem Qwor eine Falle gestellt und
ihn mit Leimfarbe überschüttet, damit wir
überhaupt sehen, wo er ist und wie er aussieht:
grausam. Wie ein unbekannter, schrecklicher
Gott.«
Aufzeichnungen des ehrenwerten Sintjop, Bürgermeister Bardhasdrondas, gesammelt in den Archiven zu Neu‐Bardhasdronda
Kontinent Ulldart, Königreich Tarpol, Provinz Ker, Winter im Jahr 1/2 Ulldrael des Gerechten (460/461 n.S.)
Nach kurzem Marsch durch die verschneite Nacht vom Versteck zurück zur Burg bemerkten sie auf dem Weg zum Eingang etwas Seltsames.
Das Tor zur Burg stand offen. Auch die vier regungslosen Gestalten im Schnee davor konnten nicht übersehen werden, das Schwarz fiel vor dem Schnee und im vollen Mondlicht sofort auf. Tokaro zog schweigend die aldoreelische Klinge. Auch Gän, Lorin und Estra sowie Malgos, der Ritter, der sie begleitete, hielten sich bereit. Sie gingen rechts und links des Weges auf die Burg zu, zwei Dutzend Schritte vor dem Eingang mussten sie die Deckung verlassen und über offenes Gelände eilen. Was für die Angreifer ein Nachteil war, betraf sie gleichermaßen.
Sie hatten Glück, es gab keine warnenden Rufe von den Zinnen. Die getöteten Torwärter wiesen indessen schreckliche Wunden an den Hälsen, in den Gesichtern und Nacken auf. Auf den ersten Blick war keiner von ihnen durch ein Schwert gestorben.
Lorin, Estra und Malgos pressten sich rechts neben dem Tor gegen die Mauer, Tokaro und Gän links. Sie warfen abwechselnd rasche Blicke in den Innenhof, wo die Feuer hell in den großen Eisenkörben brannten.
»Noch mehr Tote«, knurrte Tokaro. Er zählte sieben Gestalten, sie trugen Waffenröcke mit dem Emblem der Kuraschkas. Es erschien ihm unglaubwürdig, bislang keinen erschlagenen Gegner gefunden zu haben, dafür beherrschten seine Knappen, Knechte und Ritter den Umgang mit Waffen zu gut.
Gän betrachtete die Wunden der vier Leichen auf dem Weg. »Zähne und Klauen«, sagte er. »Ich kenne einige Kreaturen aus Ammtara, die zu so etwas fähig wären. Aber was wollten und sollten sie hier?«
Er schaute in den Schnee und entdeckte eine Fußspur neben einem der Toten. »Ein recht
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