Brennende Schuld
das Aussehen eines Schamanen aus den Regenwäldern Brasiliens.
Costa ging hinein und bestellte einen Drink.
Der Sänger bewegte seine Hüften zum Rhythmus einer Band, die aus einem glatzköpfigen Perkussionisten, einem sehr jungen farbigen Keyboardspieler und einer Schlagzeugerin bestand.
Die Geschichte, die das Lied erzählte, war die Geschichte des Sängers. Wie er auf der staubigen Straße nach Cienfuegos ritt, wie die schöne Ibizenka ihn aus ihrem Cabrio anlächelte, wie er Nacht um Nacht für die Touristen sang, bis er den Flugpreis auf die ferne Insel in Europa zusammenhatte, wie er sie wieder traf, ihre Überraschung, ihn zu sehen, und ihr reicher Mann, der ihn zu einem Cuba libre einlud, um ihm dann zuzuraunen, Verzieh dich, Bauer, und er es aber selbst schon wusste: »Nur einmal hat die Liebe meine Seele getroffen und mich entführt in die Fremde. Ohne dich, geliebtes Kuba, kann ich nicht leben.«
War es das Lied, oder konnte er sich von seinem Job nicht trennen? Er begann wieder, nach dem Wahnsinnigen zu suchen, der die Insel in Schutt und Asche gelegt hatte, nur um Keulemans zu töten und es wie einen Unfall aussehen zu lassen. Sogar die Gäste im Teatro musterte er unauffällig, so als könne er unter ihnen plötzlich Phönix entdecken. Warum hatte der große Unbekannte Keulemans auf so aufwändige Weise getötet? Wäre es anders nicht möglich gewesen? Oder hatte Keulemans ihn gekannt und war darauf vorbereitet gewesen, so dass an ihn auf normale Weise nicht heranzukommen war?
Der alte Sänger legte das Mikrofon auf den Flügel, stieg von der Bühne herab und tanzte. Die Mädchen kreischten und umringten ihn: » Baila, Ricardito, baila, como solo tu sabes bailar! «Er machte schnelle geschickte Schritte, seine Füße trippelten, die Congas vollführten ein irrwitziges Solo, das ein Echo seiner Schuhsohlen auf dem Parkett war, der Pianist spreizte die Hände, um die Melodie in vier Oktaven greifen zu können. Die chicas, die den Tänzer umringten, bildeten eine Reihe und folgten jeder Bewegung seines Körpers.
Costas Mobiltelefon klingelte. Es war Torres.
»Warum gehst du nicht ran? Ich habe mindestens fünfmal angerufen.«
»Moment«, antwortete er und trat vor das Teatro.
»Du hattest Recht. Herrera ist umgebracht worden. Ich habe Partikel von weißem Phosphor gefunden. Wenn das jemand geschickt gemacht hat, entzündet es sich bei Luftzufuhr. Ich denke, es war in einem geschlossenen Gefäß, und er hat es geöffnet. Frag mich nicht, warum.«
Costa bat ihn, den Surfer anzurufen und zu klären, woher der Phosphor stammen könne. Torres wollte wissen, worum es genau ging.
»Cayetano Herrera war derjenige, der mich bei meinen Museumsbesuchen immer beobachtet hat«, erklärte Costa ihm. »Er fuhr dieses kreischende Motorrad, und derjenige, der den Mordanschlag auf mich verübt hat, fuhr ein Ding, das genauso klang. Wir haben bisher nicht herausfinden können, wer es war. Er hat als Bombe ein Explosionsgemisch aus Teer, Schwefel, Harz, Salz, Kalk und Phosphor verwendet. Herrera scheint genau an diesem Explosionsgemisch zugrunde gegangen zu sein, habe ich damit Recht?«
»Das könnte so sein, ja.«
»Also sollte der Surfer noch mal den Fundort der Leiche nach Phosphor und dem Zeugs absuchen. Auch an den zwei anderen Stellen, wo das Feuer begonnen hat. Wenn sich das bestätigt, hat Herrera an drei Stellen um Keulemans’ Haus herum den Brand gelegt. Bei dem letzten Brandsatz, der zusätzlich Phosphor enthielt, ist er dann selber mit draufgegangen. Richtig?«
Torres stimmte zu und lachte.
»Was gibt’s da zu lachen?«
»Ich habe gerade noch mit Ortega gesprochen, und er sagte, es gibt keine Beweise dafür, dass es sich um einen vorsätzlich gelegten Brand handelt. Wenn sie den Anschlag auf dich nicht gemacht hätten, dann wärst du wohl kaum darauf gekommen. Du solltest dankbar sein.«
Costa erinnerte sich an seine Todesangst und die Schmerzen an den folgenden Tagen.
»Ich habe den Surfer schon gebeten, sich die Fundstelle noch einmal genau anzusehen, aber ruf du ihn jetzt bitte noch einmal sofort an und kläre das mit ihm.«
Torres versprach es, und Costa ging wieder ins Teatro. Die Schlagzeugerin setzte gerade zu einem gewaltigen Crescendo auf den Becken an. Das Lied war zu Ende, Ricardito sprang zurück auf die Bühne, griff das Mikrofon, hielt es nur nervös zwischen Daumen und Zeigefinger, und bedankte sich bei seinen Zuhörern sowie dem Ballett der señoritas.
Jemand zwängte sich
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