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Brennende Schuld

Brennende Schuld

Titel: Brennende Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Burkhard Driest
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eine Tafel auf dessen Geschichte hin.
    »Tut mir leid wegen gestern Abend«, sagte sie ganz nebenbei, zeigte aber schnell auf eine gut erhaltene Stadtvilla. »Reisende europäische Fürsten haben hier gewohnt, berühmte Maler und Schriftsteller und später die ersten Stars der Stumm- und Tonfilme.«
    Wieder waren es die herausragenden Menschen. Hatte Karin denn mit ihnen so gute Erfahrungen gemacht? Wollte sie ihnen nahe sein? Mit ihnen auf einem Sofa sitzen? Per du und den Arm um ihre Schulter gelegt?
    Ihn quälte Durst. »Lass uns hier bleiben«, sagte er. »Ich hab leider nicht so viel Zeit, und hier ist es nicht so heiß.«
    Sie setzten sich auf einen Mauervorsprung am Baluard de St. Llùcia und blickten auf die Altstadt.
    Dalt Vila war größer, als es auf den Ansichtskarten erschien, ein enormes Gewirr aus Gässchen, Stiegen, steinernen Treppen und engen schattigen Durchgängen, und dann der einzigartige Kontrast, wenn man den Blick wendete: das enorme Bollwerk mit seinen gewaltigen Wällen und Zinnen und vor ihnen endloses Meer. »Hast du ihr denn überhaupt schon einmal gegenübergestanden?«
    »Ja. Ich habe von ihr einen Vortrag gehört. Jede ihrer Gesten, jedes Wort hat mich berührt.«
    »Verstehe ich nicht.«
    »Das verstehst du nicht.« Sie wandte sich ihm zu und stand nun ganz dicht vor ihm. »Ich spüre ihre Energie. Ich war einmal bei einem Interview mit Karajan dabei, da ging es mir genauso.«
    »Bueno, ich verstehe. Karajan war ein Magier. In solch hohe Empfindungen und Gedankensphären gerätst du also, wenn du der Sanchez gegenüberstehst. Ich nehme an, du hast mir von diesem wundervollen Zustand gerade eine Probe gegeben. Aber ich nehme nicht an, dass dich Laureana Sanchez in magische Dämpfe hüllt oder dich mit hypnotischen Giften tränkt, oder? Sie wird dir beim Interview nur irgendetwas erzählen, oder? Und was ist dann so faszinierend, wenn sie von den Karthagern spricht?«
    »Die Figur der Dido. Mit ihrer ausschließlichen Liebe und Unbedingtheit.«
    Auf so eine Antwort war er nicht gefasst. Dido. Sie war die Frau, die die Phönizier achthundert Jahre vor Christus aus dem Libanon nach Tunesien geführt und die mächtige Handelsstadt Karthago gegründet hatte. Und sie wurde nun von Karin und der Sanchez zu einer Frau der Unbedingtheit gemacht, der Kompromisslosigkeit und besessener Hingabe?
    Forderte sie das etwa auch von ihm? Strenge Exklusivität in der Liebe? Andere Frauen hatte er nicht, aber einen Beruf, der sehr viel von seiner Zeit und seinen Gedanken in Anspruch nahm. Würde er sich nun die Sanchez zum Vorbild nehmen, hätte er keine Zeit mehr für Karin. Würde ihr das gefallen? Er hatte eine ärgerliche Frage auf den Lippen, aber bevor er dazu kam, auf diese Weise die Stimmung zu verderben, klingelte sein Mobiltelefon.
    Auf dem Weg ins Büro wurde ihm klar, dass er die Geschichte mit Karin und der Sanchez mit Neugierde verfolgen würde. Er war irritiert, und er konnte sich nicht vorstellen, wohin das führen sollte.

kapitel siebzehn
    Seit Stunden saßen Costa, Elena und der Surfer zusammen und waren den Fall immer wieder durchgegangen.
    Er hatte seinen Kollegen bereits alle neuen Informationen mitgeteilt, die sich aus dem Besuch bei Laureana Sanchez ergeben hatten, insbesondere Laureanas Erklärung der Blutinschrift auf dem Opferstein. Es bestand sofort Einverständnis, die These einer möglicherweise rituellen Opferung nicht außerhalb des Teams zu erwähnen.
    Elena hatte so viel Material über gefährliche Sekten zusammengetragen, wie in der kurzen Zeit möglich war. »1978 haben die Volkstempler um Jim Jones damit angefangen, aber erst in den Neunzigern verbreitete sich der kollektive Selbstmord. Endzeitstimmung, die Millenium-Apokalypse. Jeder zog seinen Kometen oder Nostradamus unter dem Bett hervor. Die Sonnentempler, 1994 in der französischen Schweiz: dreiundfünfzig Tote, die Führer Di Mambro und Jouret eingeschlossen. Zeitgleich fünf Tote Templer in Kanada. Am 23. Dezember 1995 fand man in den Alpen bei Grenoble vierzehn verkohlte Leichen, die wie Speichen eines Rades um ein Feuer angeordnet waren, zwei weitere Leichen lagen etwas entfernt. Dann ›Heaven’s Gate‹. Erinnert ihr euch noch an das Video?«
    Alle nickten. Es war oft genug ausgestrahlt worden. Die Leichen der Sektenanhänger, in Etagenbetten liegend, ordentlich zugedeckt mit purpurroten Decken und mit neuen Turnschuhen an den Füßen. Alle hatten Gepäck und Geld für die UFO-Reise dabei, die sie beim

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