Brennende Schuld
monumentalen Apsis überbaut hatten. Erst seit die UNESCO internationale Archäologen zu Hilfe rief, sei wirklich mit der Rettung der Fundstätten begonnen worden. Der gleiche beschwerliche Weg habe auch hier vor ihnen gelegen. Costa wartete geduldig, bis sie eine Pause machte, und fragte nach dem Trockeneis.
Sie sah ihn einen Moment unverwandt an: »Wie?«
Er wiederholte die Frage, und sie bestätigte, dass das Museum regelmäßig mit Trockeneis beliefert werde. »Wir brauchen es für die Ausgrabungsstellen. Der Meeresspiegel ist seit den Zeiten der Phönizier um mehrere Meter angestiegen, das heißt, ehemals hoch gelegene Hypogäen, also Grabkammern, befinden sich am nördlichen Fuß des Mühlenhügels unter Wasser. Um diese Räume, die wir nicht trockenlegen können, zu vermessen, bedienen wir uns eines Prospektionsverfahrens mit Trockeneis-Sondagen.«
»Könnte jemand Eis aus ihrem Lagerraum entwendet haben?«, fragte er.
Sie schien kurz zu überlegen. »Schon möglich. Da die Firma meines Stiefvaters uns nichts dafür berechnet, werden sich wohl weder in der Buchhaltung noch sonst wo genaue Angaben finden lassen.«
»Außer vielleicht bei Prats.«
»Das könnte sein, ja.«
Das Letzte konnte er kaum verstehen, denn sie hatte die Tür schon geöffnet, und auf dem Bürgersteig preschte gerade ein Motorrad vorbei. Die Maschine ging vorne hoch, und der Motor heulte auf. Es war wieder das Geknatter einer Kreissäge. Sein Magen verkrampfte sich, und Charons Gesicht stand ihm groß vor Augen. Die Maschine verschwand hinter einem Lieferwagen, der gerade vorbeigefahren war, aber Costa zweifelte keine Sekunde, dass es Charon gewesen war. Er wollte Señora Sanchez noch fragen, ob sie diesen seltsamen Zeitgenossen kenne, aber sie war schon ausgestiegen, hatte ihm kurz zugenickt und ging zu dem großen Eingangstor zurück und auf das separate Rezeptionshäuschen zu, wo die Touristen während der Umbauphase des Museums Pläne, Bücher und Ansichtskarten kaufen konnten.
kapitel vierundzwanzig
Inselrat Prats residierte in einer großen Villa im älteren Teil der Stadt. Das gesamte Viertel war im Laufe der Jahre zu einer einzigen Baustelle ausgewachsen, und Prats’ Anwesen wirkte wie eine Oase zwischen all den Neubauten.
Sein Grundstück war von einer hohen Mauer umgeben. An der Einfahrt hatten Wachen mit Dobermännern ihr Häuschen, und jeder Meter des Grundstücks lag im Aufnahmebereich einer Digitalkamera. Prats’ Villa war ein alter Bau, umgeben von einem parkartigen Gelände.
Er war mit Elena unangemeldet gekommen, aber nachdem der Sicherheitsdienst vom Tor aus angerufen hatte, erklärte sich der Inselrat bereit, die beiden Beamten zu empfangen.
Als sie auf das Haus zugingen, wurde Costa das Gefühl nicht los, sich in einem Hochsicherheitsgefängnis zu befinden. Ein gemütlicher Stiefvater, dachte er und stellte sich die Jahre vor, die Laureana als Kind mit ihm hier gelebt hatte.
Eine philippinische Haushälterin öffnete und bat sie, in der Halle zu warten. Einen Kaffee vielleicht, in der Zwischenzeit? Elena lehnte ab, Costa nahm das Angebot dankend an. Während er wartete, sah er aus dem Fenster. Es war ein großer Garten voller verschiedener Büsche und Bäume, als hätte der Politiker Pflanzen und Bäume gesammelt. Vielleicht brachte er von seinen Reisen immer einzelne Exemplare mit zurück. Manche hatte Costa hier auf der Insel noch nicht gesehen. Zum Beispiel fiel ihm ein Baum auf, der einen geringelten Stamm hatte und seine armdicken Wurzeln einen Meter aus der Erde mit hinausgezogen hatte; wie schräge Säulen, die ihn stützten. Darüber schwebte eine Krone aus langen schmalen Blättern der Yucca-Palme. Überhaupt gab es die verschiedensten Palmen, große und kleine und eine sehr schlanke mit einem glatten glänzenden Stamm, deren Krone in riesiger Höhe schwankte.
In etwa hundert Metern Entfernung lag ein kleiner Platz, auf dem sich Parkbänke gegenüberstanden und in dessen Mitte eine Sechsfingerfontäne aus einem arabischen Bassin sprühte. Weiter weg leuchteten die feuerroten Blüten eines riesigen Christusdorns.
Das Mädchen brachte den Kaffee. Beim ersten Schluck verbrannte er sich die Zunge.
»Der Herr Inselrat wird Sie jetzt empfangen«, verkündete die Philippinin.
Jaume Prats saß hinter seinem Schreibtisch. Er erhob sich nur andeutungsweise und wies mit der Hand auf zwei Sessel. »Bitte, nehmen Sie Platz. Ich habe nicht viel Zeit, aber ich helfe Ihnen gerne, wenn ich kann.«
»Danke.
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