Brennende Sehnsucht
Marquise, so war das Bett in jenem Zimmer sehr groß und mit einem überaus reichen Himmel versehen. Es hatte Rafe immer an ein Haremsboudoir erinnert oder zumindest seinen Vorstellungen davon entsprochen.
Phoebe im kurzen, hauchdünnen, ihren Körper umspielenden Kleid einer Haremsdame. Phoebes funkelnde Augen über einem verführerisch verhüllenden Gesichtsschleier. Phoebe, wie sie sich lustvoll auf diesem großen, luxuriösen Bett räkelt, nackt, rosig und feucht für ihn.
Rafe schlug beiläufig die Beine übereinander, legte seinen Hut auf seinem Schoß ab und betrachtete mit blindem Blick die Stadt auf der anderen Seite der Fensterscheibe. Er würde zur Hölle fahren, und zwar bald. Gestorben an immerwährender Erektion.
Phoebe biss sich auf die Unterlippe. Wie um alles in der Welt konnte sie nur etwas über das Bett sagen!
Glücklicherweise schien Marbrook nichts aufgefallen zu sein. Er schien recht gefasst, wie er da durchs Fenster schaute, bis sie den pulsierenden Muskel an seinem Kiefer entdeckte und sah, wie er ständig auf seinem Sitz herumrutschte, als verursache ihm etwas Unbehagen.
Sie selbst begann die Wirkung der schaukelnden Kutsche zu spüren. Das rhythmische Vibrieren der Räder auf dem Kopfsteinpflaster in Verbindung mit ihren stimulierenden Gedanken beeinträchtigte ihre Gemütsruhe in großem Maße.
Schockierende Gedanken. Falsche Gedanken. Sie schämte sich schrecklich.
Sie fragte sich, wie oft sie Marbrook heute dazu bringen konnte, ihr mit ihrem Spencer zu helfen...
Ich bin verlobt. Ich bin eine anständige, moralisch integre, tugendhafte Frau. Ich bin verlobt.
Es half nicht. Nicht wenn Marbrook ihr so nahe war, dass sie seine Rasierseife riechen konnte. Nicht wenn er ihr gegenübersaß und sie einen derart exzellenten Blick auf sein hübsches Gesicht hatte, auf seine breite Brust, seine großen, wohlgeformten Hände, seinen...
Er hatte sie letzte Nacht geküsst. Er war vor Verlangen nach ihr ganz außer Atem gewesen.
Die Kutsche hielt an. Marbrooks Miene hellte sich auf. »Ah, ja. Da wären wir.«
In Rekordzeit war er aus der Kutsche, offenbar versessen darauf, von ihr wegzukommen.
Und doch half er ihr mit sanfter Höflichkeit heraus und bot ihr seinen Arm an, um sie zu Lamenteur hineinzubringen, wo Cabot an der Tür auf sie wartete.
Drinnen führte Cabot Marbrook zu einem bequemen, männlichen Sessel und bot ihm eine Auswahl von Zigarren und Spirituosen an. »Whisky«, murmelte Marbrook, und er wurde unverzüglich mit einem Glas der bernsteinfarbenen Flüssigkeit versorgt. Cabot ließ sich nicht anmerken, dass er vielleicht der Meinung sein könnte, es sei noch ein bisschen zu früh am Tag für einen Whisky, doch um ehrlich zu sein, hätte selbst Phoebe nichts gegen einen netten, nervenstärkenden Schluck gehabt, aber ihr wurde nichts angeboten.
Stattdessen wurde sie in einen Raum hinter dem Podest gedrängt. Zwei hübsche Kammerzofen warteten dort auf sie mit einer großen Anzahl von Kleidern, die unmöglich alle für sie bestimmt sein konnten.
Sie waren es. »Der Herr hat gesagt, wir sollten alles neu machen«, sagte eines der Mädchen. »Wenn Ihr erst einmal Lementeur getragen habt, werdet Ihr Eure alten Kleider nicht mehr anziehen wollen.«
Phoebe schaute erstaunt, als Brookhavens wahrer Reichtum sich ihr auf diese Weise offenbarte. Sie hatte das blaue
Kleid, das er ihr bereits überreicht hatte, für sehr edel gehalten, und das war es auch, aber jetzt sah es so aus, als sei es nur ein einfaches Kleid für eine Dinnerparty mit Freunden und nicht das ausgefallene Kleidungsstück, wofür sie es gehalten hatte.
Das erste Kleid, in das sie gesteckt wurde – buchstäblich wie ein Puppe, die angezogen wird -, war aus wunderschöner blaugrüner Seide mit einem Oberteil, das ihre Brüste nach oben drückte, sodass sie wie Bojen auf dem Meer schwammen. Die Taille war jedoch recht eng geschnitten.
Eines der Mädchen rief mit lauter Stimme: »Korsett!«, sodass alle Welt sie hören konnte wie einen Ausbilder bei der Armee. Ein Korsett aus der gleichen Seide wurde ihr gereicht, und Phoebe war bereits darin verschnürt, bevor sie auch nur einen Ton über die Extravaganz von einem passenden Korsett zu jedem Kleid sagen konnte.
Für ein Korsett war es ziemlich bequem, aber wie durch ein Wunder verlieh es ihr eine schlanke Eleganz, die sie nie besessen hatte, nicht einmal als Kind. Ihre Taille war winzig, und ihre Hüften – die Lementeur vor zwei Tagen noch so große Sorgen
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