Brennender Stahl: Die Schattensammler-Saga (Die Chroniken von Mondoria) (German Edition)
erreicht. Der erste von ihnen sprang einfach hindurch. Die anderen folgten ihm auf dem Fuß. Nun kehrte das Leben in den Jäger zurück. Er breitete seine Flügel aus und stieß sich vom Boden ab. Die letzte der Gestalten blieb unmittelbar vor dem Tor stehen und wandte sich um. Ihre Arme schossen blitzschnell hervor. Zwei kleine Wurfgeschosse jagten durch die Luft. Eines flog auf Kayne zu, das andere auf Br’ui.
Geistesgegenwärtig wich der Jäger aus. Doch er geriet dabei ins Trudeln und verlor kostbare Zeit. Das andere Geschoss bohrte sich in die linke Schulter des Halbdämons. Überrascht schrie er auf und fuhr herum – und unterbrach dabei das Ritual. Sofort verschwammen die Konturen des Tores. Es pulsierte, drohte zu kollabieren. Hastig nahm Kayne seine Beschwörungsformel wieder auf. Brüllte sie verzweifelt heraus. Aber es gelang ihm nicht, den Verfall aufzuhalten. Das mühsam geknüpfte Band war zerschnitten.
In Br’ui existierte nur noch ein Impuls: die Jagd. Mit schnellen Flügelschlägen näherte er sich dem Tor und der Gestalt, die immer noch davor stand. Mittlerweile war das Portal auf ein Viertel seiner ursprünglichen Größe zusammengeschrumpft. Gerade mal noch so hoch wie ein Mensch. Nun trat auch die Gestalt in dem dunklen Mantel einen Schritt zurück und verschwand durch das Portal. Br’ui trieb sich an. Noch wenige Meter. Seine Beute lag vor ihm. Zum Greifen nah. So nah! Dann zischte es. Das Tor verschwand. Verdichtete sich zu einem winzigen Punkt – und weg war’s. Ungebremst flog der Jäger durch die Stelle, wo sich eben noch der Durchgang in das Dämonenreich befunden hatte. Aber nunmehr gab es da nur noch Luft und… Eine Sekunde später krachte er unsanft gegen die Wand des Kraters. ‚Verdammt!‘, schoss es ihm während des Aufpralls durch den Kopf, ‚Schon wieder daneben!‘
Kapitel 45
Erleichtert grinsten die Schattensammler sich gegenseitig an. „Das war knapp.“, brachte Olof auf den Punkt, was sie alle dachten. Dabei zog er sich sorgsam die Kapuze weit ins Gesicht. Niemand sollte entdecken, wer darunter steckte. Das gehörte mit zu ihrem Plan. Ein riskanter Plan, von dem sie nicht wussten, ob er aufgehen würde. Aber wie Snip zu Recht bemerkte: Es war der einzige, den sie hatten. Also ließen sie sich darauf ein. Wohl oder übel. Nach dem Überraschungssturm auf das Portal hatten sie sich so schnell davon entfernt, wie es ihnen möglich war. Zum Glück führte das Tor sie auf eine weite Ebene. Alles glänzte hier silberfarben – so weit die Augen reichten. Gräser, Büsche, Bäume. Nur der Himmel über ihnen leuchtete blutrot. Eine gespenstische Atmosphäre. Hinzu kam ein latenter Schwefelgeruch. Nur ein Hauch – aber dafür penetrant.
Hinter ein paar Büschen waren die Schattensammler und Nordmänner in Deckung gegangen. Eine Reihe von Dämonen, die offenbar durch das Tor nach Frigia gelangen wollten stand desorientiert in der Gegend herum und sprachen miteinander – unschlüssig, was jetzt zu tun sei. Snip zog nun ein Fläschchen aus seinem Mantel und reichte es an Nogg. Der nahm es in die Hand und betrachtete es eine Weile lang skeptisch. „Muss ich wirklich?“, fragte er. Und die Sorge in seiner Stimme sprach Bände. „Du brauchst keine Angst zu haben.“, beschwichtigte ihn Snip, „Es wird dich nur äußerlich verändern. Innerlich bleibst du der alte. Vertrau mir!“ „Ach schade!“, mischte sich da Mia grinsend ein, „Ich finde, so ein bisschen was an Manieren dürftest du ihm damit ruhig dauerhaft anhexen.“ Der Ork warf ihr einen düsteren Blick zu. Dann öffnete er das Fläschchen und trank die Flüssigkeit darin mit einem großen Schluck. Einen Moment lang passierte gar nichts, dann fing die Veränderung an. Seine Haut bedeckte sich mit Schuppen, Stacheln brachen daraus hervor. Das ohnehin nicht gerade hübsche Gesicht verzerrte sich weiter zu einer dämonischen Fratze. Die schmutzigen Fingernägel wuchsen zu beachtlichen Klauen heran.
Obwohl sie irgendwie darauf vorbereitet waren, erschraken die Schattensammler doch. Nogg stand auf einmal als ausgewachsener Dämon vor ihnen. Eine furchteinflößende Gestalt. Als solche sollte er die anderen durch das Dämonenreich führen, die ihrerseits Masken aufsetzen, um den Blick auf ihre wahren Gesichter zu verbergen. In Dämonenkreisen schien das kein ungewöhnlicher Anblick zu sein. Zumindest hatten sie schon so einige von diesen bemantelten Dämonen zu Gesicht bekommen. Mit Orbins Hilfe war es ihnen
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