Brennender Stahl (von Hassel)

eine Ablenkung! Die haben da oben nicht viele Waffen, wahrscheinlich nur zwei!«
    »Aber genug Muni um uns den goanz'n Toag hier festzunageln!«
    Der Oberleutnant zwang sich zu einem Lächeln, trotz Dörflers Einwand: »Ja, das macht sie sicher. Deswegen eine Ablenkung. Olm können Sie zum Bug kriechen und irgendetwas Sinnloses nach Steuerbord morsen? So, dass die Norweger es von der Brücke aus sehen?«
    »Klar, Herr Oberleutnant, aber was soll das nützen?«
    Hentrich lächelte kalt. »Es ist Zeit, zu verhandeln. Sie wissen nicht, ob wir alle hier stecken. Wenn sie jetzt noch glauben, unser Boot wäre in der Nähe, dann geben sie es vielleicht auf.«
    »Herr Oberleutnant!«, Berger deutete auf den Schornstein, der von ihnen aus gesehen gleich hinter der Brücke in die Höhe ragte, »Sehen Sie!«
    »Was?«

»Der Rauch, er wird weniger! Sie stoppen die Maschinen!«
     
    Rückerts Stimme klang unsicher, als könne er nicht glauben, was er in seinen Kopfhörern hörte. »Der Tanker stoppt!«
    Von Hassel fuhr herum. »Was?«
    Rudi Schneider, der immer noch durch die Berichte blätterte und nun zum dritten Mal versuchte, aus den Meldungen schlau zu werden, kam aus der Offiziersmesse. »Er stoppt?«
    Rückert lauscht ein weiteres Mal zur Sicherheit. »Er stoppt, ich höre nur noch Hilfsaggregate!«
    Der IIWO sah seinen Kommandanten an. »Sollten unsere Leute die Norweger doch noch überwältigt haben? Es ist viel zu früh, wir sind mindestens noch dreißig Meilen von der Küste entfernt!«
    Von Hassel versuchte Ordnung in seine rasenden Gedanken zu bringen. Nur nichts übersehen! »Funkmaat, wie weit bis zum Tanker? Dann rumhorchen! Steuermann, Abstand bis zur Küste, wie dunkel ist es oben? IIWO, Turmwache mustern!«
    Oberleutnant Hintze, der Zweite des gesunkenen Troßschiffes, kam in die Zentrale. Wortlos zog er den Arm aus der Schlinge und betrachtete den schmutzigen Verband: »Sie werden einen weiteren Offizier brauchen, Herr Kaleun!«
    »Wir haben kein zweites Schlauchboot und keine Waffen mehr!«, von Hassel sah den Oberleutnant an. »Ich weiß noch nicht, wie wir vorgehen, aber Danke für das Angebot!«
    Eine nach der anderen trudelten die Meldungen ein. »Küste Zweiunddreißig Meilen, Zeit bis zur Dunkelheit, etwa eine halbe Stunde!«
    »Turmwache gemustert!«
    »Artilleriemannschaft klar zum!«
    Von Hassel sah sich um: »Eine halbe Stunde bis zur Dunkelheit? Zeit, dass die Bienen sich verdrücken wenn sie nicht bei Nacht landen wollen!« Er nickte langsam. »Wir riskieren es! LI, bringen Sie das Boot auf Sehrohrtiefe!«
    Der LI nickte knapp und beugte sich über die Teifenrudergänger. »Vorne unten 15, hinten unten zehn, Zellen Eins und Zwo anblasen!«
    Das Boot begann, sich aufzurichten. Der LI drückte es mit den Tiefenrudern ziemlich schnell aus der Tiefe empor, bevor er es dicht unter der Oberfläche abfing und mit Hilfe der Trimmzellen wieder ausbalancierte. »Boot ist auf Sehrohrtiefe, Herr Kaleun!«
    Der Kommandant warf ihm einen kurzen Blick zu bevor er sich zum Periskop umwandte: »Dann wollen wir mal schauen, was die Vögel machen!« Langsam fuhr er das Luftzielsehrohr aus und nahm einen schnellen Rundblick.
    »Keiner mehr da!« Er kontrollierte noch einmal. »Sie sind wirklich weg!« In seinem Kopf schien sich der Plan selbsttätig zu formen: »Der Sanitäter soll sich bereit halten! Oberleutnant Hintze! Ich kann Ihnen keine Waffen geben, die sind alle schon drüben. Aber suchen sie sich ein paar Männer und halten sie sich bereit, den Tanker zu übernehmen!« Von Hassel trat an den Kartentisch und blickte auf die ausgebreitete Seekarte: »Hier, hundertzwanzig Meilen von der Küste entfernt, das wird unser Treffpunkt!« Er blickte den Oberleutnant prüfend an: »Da finden Sie sicher hin?«
    »Ich denke schon, Herr Kaleun!« Hintze lächelte schmal, »Navigation war schon immer meine starke Seite. Anders sieht es mit Gefangenentransporten aus. Wie viele Männer bekomme ich?«
    »Die Leichtverletzten der Kurland und vier bis sechs von meinen Männern. Mehr kann ich Ihnen nicht geben.«
    Hintze runzelte die Stirn. »Das wird reichen!«
    »Gut, ich verlasse mich auf Sie, Oberleutnant!« Von Hassel grinste und wandte sich zum LI um. »Wenn dann alle soweit sind? Auftauchen und hinterher mit dreimal AK! Hoffen wir, dass unser Zossen heute mal keine Mucken macht!«
    Rückerts Stimme schnitt in die Unterhaltung. »Kriegsschiffe! Zwei oder drei! Mindestens dreißig Meilen, vielleicht mehr. Aber sie laufen