Brennender Stahl (von Hassel)
es also düster oder sehr düster.
Schäden traten auf! Die durch den Lärm und die Erschütterungen halb benommenen Männer sprangen auf und begannen, Ventile abzusperren, Stopfbuchsen fester anzuziehen und Außenverschlüsse zu kontrollieren. Es waren alles Bagatellen, aber im Inneren des Bootes trugen sie zum allgemeinen Schrecken noch bei.
Dann, ganz plötzlich, verebbte das Donnern der letzten Wasserbombe draußen in der Tiefe. Es schien eine Ewigkeit gedauert zu haben, aber als von Hassel auf die Tafel des Horchers blickte, sah er gerade einmal vierzehn Striche. Was sich angefühlt hatte, wie eine Ewigkeit waren gerade einmal Sekunden gewesen. Er atmete durch! Also war es doch nicht so schlimm gewesen. Er wandte sich um in die Zentrale und zwang sich zu einem Grinsen: »Na, das ging wohl daneben!«
Oberleutnant Hentrich wischte sich einige Glassplitter von der Schulter und nickte. »Der letzte Kurswechsel hat ihn aus dem Konzept gebracht, Herr Kaleun!«
Vierzehn Striche, also vierzehn Bomben, und keine hatte im tödlichen Radius gelegen. Für einen Augenblick begegneten sich die Blicke der beiden Männer und sie erkannten im Blick des anderen die Angst, die Angst die sie hier nicht zeigen dürften! Nicht vor den Männern!
Rudi Schneider trat hinzu und blickte auf die Tafel: »Vierzehn? Das sieht aus, als hätte der dritte sich auch beteiligt. Hat er vergessen, dass er lauschen sollte?«
Die Männer begangen zu grinsen und sich zu erholen. Solange die Offiziere noch Witze machten, konnte es wohl nicht allzu schlimm stehen. Aber die aufkeimende Hoffnung wurde mit einem Schlag wieder zerstört.
Ping! Glasklar hallte der Ton durch ihre Metallröhre. Noch einmal ping!
»Zwei?«, Oberleutnant Dieter Hentrich kratzte sich am Kopf, »Die werden sich da oben noch auf die Füße treten bei der Dunkelheit!«
Von Hassel lachte, und dieses Lachen war wahrscheinlich das Schwerste, was er jemals geleistet hatte. Es klang unecht und hohl für ihn, aber ein paar Männer stimmten zögernd ein. Dann nickte er. »Herr Oberleutnant, ich glaube, Sie haben mich gerade auf eine gute Idee gebracht!«
Wilhelm Hochhuth, der Elektro-Willi, wartete. Er wartete, wie er immer gewartet hatte. Seit jenem Tag als der Frachter das alte Boot des Kommandanten übermangelt hatte, wartete er darauf, dass die See ihn holen würde. Nachts hörte er immer noch die Schreie seiner Kameraden. Es war pures Glück gewesen, dass er noch die Zentrale erreicht hatte, denn die, die er auf dem Weg dahin zurückgestoßen hatte, die hatten es nicht geschafft. Er hatte überlebt. Aber manchmal, vor allem nachts, bedeutete das nicht mehr viel. Immer noch hörte er ihre Stimmen, ihre Rufe. Sie riefen immer nur ein Wort.
Hochhuth wartete. Er wartete, wie er immer gewartet hatte. Er wartete weil er nichts anderes tun konnte. Wie festgefroren hockte er auf der eisernen Trittstufe unter dem Schott und starrte auf seine Füße, die Arme fest um sich geschlungen. Immer nur auf seine Füße. Das Wasser trat bereits über die Flurplatten! Es musste die Wellenabdichtung sein. Sein technischer Verstand arbeitete selbstständig weiter. Aber er konnte sich nicht bewegen. Nicht mehr, seit die Wabos das Boot wie ein Blatt im Wind herumgewirbelt hatten. Nicht mehr, seit er wusste, sicher wusste, dass sie alle sterben würden. Und immer noch hörte er in seinem Kopf die Stimmen seiner abgesoffenen Kameraden ... »Mörder!«
Oben, auf der vom Mond beschienenen Meeresoberfläche, zogen die Kriegsschiffe ihre Kreise. Besonders der Zerstörer, bedingt durch seine Masse und seine höhere Fahrt, brauchte mehrere Minuten, bis er einen Kreis beschrieben hatte. Seine beiden Begleiter hatten es da einfacher.
Die geraden Linien, und das einzelne Geschütz auf der Back wiesen die beiden anderen Schiffe als Vorkriegssloops aus. Geleitschiffe, die kleiner und sehr viel langsamer als Zerstörer waren, aber dafür eine sehr viel höhere Seeausdauer aufweisen konnten. Aber für ein getauchtes U-Boot waren das minimale Unterschiede. Alle drei waren mit den besten U-Bootortungsgeräten ausgerüstet, die England zu bieten hatte. U-68 hatte davon erst eine Kostprobe bekommen. Die Schiffe konnten ihr ASDIC nicht nur nach vorne sondern auch nach hinten einsetzen, ein unschätzbarer Vorteil, auch wenn der Empfang oft durch die eigenen Maschinen gestört wurde. Auch das Geräusch der aufprallenden Kiesel auf die Stahlhülle des U-Bootes war ASDIC, aber eines, das mit anderen Frequenzen
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