Brennendes Schicksal (German Edition)
Erscheinung. Eines Nachts erschien mir Orazios Geist und befahl mir, mich von Laura zu trennen. Nun, ich mied sie. Doch seither bin ich krank und werde von Tag zu Tag schwächer.«
»Hm«, machte der Bischof. »Das heißt also, wir müssen den Geist Orazios mit Hilfe eines anderen, guten Geistes vertreiben. Ihr wisst, ein Bischof verfügt über die besten Kontakte zu den himmlischen Mächten. Nicht umsonst gilt er als Stellvertreter Gottes auf Erden. Warum habt Ihr mir nicht gleich davon erzählt?«
»Orazios Geist ist kein böser Geist. Das kann gar nicht sein, denn Orazio selbst war ein Engel.«
»Gut, Visconte. Ihr wisst, ich bin kein Arzt, ich bin ein Mann der Kirche und vertraut mit der christlichen Mystik. Wenn Ihr einverstanden seid, so werde ich Euren Schutzengel anrufen. Wenn wir Glück haben, so kommt er. Kommt er aber nicht, so könnt Ihr sicher sein, dass Ihr mit den bösen Mächten im Bunde steht. Selbst wenn Ihr nichts davon wisst.«
»Tut, was immer Ihr könnt, Bischof. Ich bin ein kranker Mann und habe erst letzte Nacht davon geträumt, dass der Sensenmann in seinem langen Mantel am Giebel meines Bettes steht. Ganz deutlich habe ich ihn gesehen, und auch er befahl mir, Laura zu verstoßen, wenn mir mein Leben lieb sei. Doch ich liebe diese Frau, liebe sie viel mehr als mein Leben. Sterben würde ich für sie, wenn es sein müsste. Doch bliebe ich lieber am Leben.«
»Nun, so lasst uns beginnen.«
Laura hörte Geräusche aus dem Gemach ihres Geliebten. Schritte stapften über den Dielenboden, ein Feuer wurde entzündet, es zischte, und gleich darauf hörte sie die Stimme des Bischofs: »Komm, Engel des Visconte, komm an sein Bett und zeige dich.«
Lauras Herz klopfte zum Zerspringen. Am liebsten hätte sie vor lauter Anspannung laut losgekichert, doch der Ernst der Lage war ihr voll und ganz bewusst.
Wieder hörte sie ein Zischen, das in ein lautes Knistern überging. Sie spähte hinter der Truhe hervor, hörte den Bischof husten und sah Rauch aus dem Zimmer quellen. Dies war ihr Zeichen. Sie stand auf, zog den Schleier über ihr Gesicht und wartete vor der angelehnten Tür.
»Seht hinaus aus dem Fenster und in den Sternenhimmel. Vielleicht könnt Ihr Euren Schutzengel sogar kommen sehen«, sagte der Bischof.
Das Bett knarrte, und jetzt hüstelte der Bischof zwei Mal kurz hintereinander.
Geräuschlos schob Laura die Tür auf und ging auf leisen Sohlen zum Bett ihres Liebsten, der ihr den Rücken zuwandte und aus dem Fenster sah.
»Angelo«, sprach sie leise und mit verstellter Stimme. Der Visconte schrak zusammen und wandte sich zu ihr um. Mit großen Augen starrte er sie an.
»Angelo, du brauchst dich nicht zu fürchten, denn du bist gut und kannst die bösen Mächte besiegen. Wenn dir wieder der Tod oder ein Geist erscheint, so halte ihm einen Spiegel vor. Böse Geister haben kein Spiegelbild. Hat der Geist, der dir erscheint, aber ein Spiegelbild, so handelt es sich gar nicht um einen Geist, sondern um einen Menschen.«
»Euer Schutzengel hat Recht«, mischte sich der Bischofein.
»Wer hat Euch denn den Rat gegeben, die Spiegel zu verhängen?«
»Circe da Volterra war es. Sie sagte, im Spiegel würde meine Krankheit sichtbar und wäre im Stande, mich zu beherrschen.«
Der Bischof lachte ein wenig. »Sie hat Recht, Eure Circe da Volterra. Sie ist eine kluge Frau. Und von klugen Frauen kann man nicht genug Abstand halten. Natürlich verstärkt sich Eure Krankheit, wenn Ihr Euer Elend stets vor Augen habt. Ihr seht blass und leidend aus, mein Lieber. Jeder, der sich schon einmal in einem solchen Zustand gesehen hat, kann bestätigen, dass dieser Anblick ihn noch kränker gemacht hat. Doch das ist keine Hexerei, sondern man nennt dieses Phänomen eine sich selbst erfüllende Prophezeiung. Aber darüber wollten wir später reden.«
In diesem Augenblick konnte sich Laura nicht länger beherrschen. Ihr Herz hatte sich bei Angelos Anblick schmerzhaft zusammengezogen. Er sah so krank und elend, so schwach und blass aus, dass sie beinahe in Tränen ausgebrochen wäre.
Sie streckte die Hand aus und wollte ihm nur einmal ganz kurz über das Haar streichen. Doch plötzlich schnupperte Angelo, ergriff ihre Hand und fragte ungläubig: »Laura, bist du es?«
Dreiundzwanzigstes Kapitel
Laura war das Lügen nicht gewohnt. Nicht einmal für den besten aller Zwecke.
»Ja«, sagte sie schlicht und nahm den Schleier vom Gesicht. Der Bischof stöhnte und verdrehte die Augen zum Himmel. »Ja, ich bin
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