Brennendes Schicksal (German Edition)
Maremma.«
»Das tut mir Leid. Warum hast du den Freier nicht erhört?«
Laura blickte auf. Ihre Augen, eben noch in Tränen schwimmend, funkelten vor Empörung.
»Einen Weinbauern soll ich heiraten? Niemals!«
Angelo tat ein paar Schritte in den Saal hinein, aber nicht so weit, dass er die Nachtkühle nicht mehr spüren konnte.
Laura sah ihn direkt an. Ihr Blick war klar und offen, hielt seinen fest, sodass ihm wieder etwas unbehaglich wurde.
»Weil ich zu Höherem berufen bin«, erwiderte sie schlicht und mit einer Überzeugung, die frei von Hochmut war.
Jetzt lachte der Visconte.
»Was ist besser an dir als an den anderen Mädchen deines Dorfes, die eines Tages Weinbauern und Olivenhändler, Arbeiter in Tongruben oder Viehzüchter heiraten werden?«
Laura zuckte so heftig mit den Schultern, dass sich ihr Kleid ein wenig verschob und ein Stück ihrer Haut sehen ließ. Die Fackeln vergoldeten das Fleisch, und Angelo musste schlucken, als er es sah.
»Ich bin anders als die anderen. Warum soll ich dann einen Mann nehmen, der nicht ist wie ich?«
Sie hat Recht, dachte Angelo. Warum sollte sie sich an einen Weinbauern verschwenden? Sie ist wahrhaftig zu schade dafür. Dieser Leib würde jedem Maler, jedem Bildhauer als Muse dienen. Die Dichter würden ihn besingen, die Philosophen eine neue Sicht der Welt schaffen, die Kardinäle, ja selbst der Papst würden glauben, die Madonna sei auferstanden.
Er verschränkte die Arme vor der Brust, um ihren Zauber abzuwehren, doch vergeblich. Wieder musste er schlucken, konnte den Blick nicht von dem Stück Schulter nehmen. Seine rechte Hand kribbelte. Er musste sie jetzt berühren, musste die Wärme und Zartheit dieser goldenen Schulter unter den eigenen Händen spüren.
Doch er blieb stehen und räusperte sich; der Kloß, der ihm seit Lauras Ankunft das Atmen und Sprechen erschwerte, wollte einfach nicht schwinden.
»Also gut«, sagte er schließlich und ging mit staksigen Schritten wie ein Ritter, der den ganzen Tag auf seinem Pferd verbracht hatte, zum Spinett.
Er schlug ein paar Töne an und sagte über die Schulter, ohne Laura anzusehen: »Kannst du das nachsingen?«
»A-ha-ha-ha-ha-haaaaaaaaaa!«, sang Laura.
»Und diese?«
»O-ho-ho-ho-ho-ho-ho-ho.«
Ohne Mühe sang sie die Tonleiter rauf und runter. Schon beim ersten Ton stockte dem Visconte der Atem. Ja, Mimmo hatte Recht. Sie sang wie ein Engel. Ihre Stimme war rein und klar wie ein Gebirgsbach, kletterte mühelos die höchsten Höhen hinauf, wechselte geschmeidig zwischen den Tonarten hin und her.
Sie war nicht nur gut, sie war fantastisch. Angelo hielt die Luft an, als er die ersten Töne eines bekannten Kirchenliedes anschlug. Sofort stieg Laura ein, traf jeden Ton, als hätte sie selbst die Noten dafür geschrieben. Er wandte sich etwas um, sodass er sie sehen konnte, spielte blind weiter. Sie stand da, hatte die Augen geschlossen, die Hände auf die wogende Brust gepresst und den Kopf in den Nacken geworfen, sodass ihr langes Haar bis über ihre Hüften reichte.
Jedes Mal, wenn sie Luft holte, hoben sich die festen, vollen Brüste, dass Angelo Angst um ihr Mieder bekam. Doch dann kam die Stelle, auf die er es abgesehen hatte. Ihre Stimme stieg hoch, immer höher, so hoch, dass die Fackeln zu flackern begannen, doch dann kippte sie um, kippte einfach weg, und statt des hohen C kam nur ein gequälter Kiekser aus Lauras Mund.
Verblüfft verstummte sie, fasste an ihre Kehle, sah den Visconte fragend an.
»Du musst lernen, richtig zu atmen«, sagte er. »Versuch es in einer anderen Tonart.«
Er stand auf und reichte ihr ein Blatt mit Noten. »Da, sing vom Blatt.«
Laura starrte einen Augenblick auf die Linien und Noten, und ihre Miene zeigte deutlich, dass sie so etwas noch nie gesehen hatte.
Sie hob die Hand und kratzte sich ausführlich am Kopf, sodass Angelo ein amüsiertes Lächeln nicht unterdrücken konnte.
Ihr Gesicht zeigte Verärgerung.
Sie benimmt sich wirklich wie eine Bäuerin, dachte Angelo belustigt. Sie kratzt sich, schneidet Grimassen, als wäre sie ganz allein hier.
Laura zog einen Schmollmund und gab ihm schließlich das Blatt zurück.
»Ich kann keine Noten lesen«, sagte sie. »Ich habe keine Ahnung, was auf diesem verdammten Blatt steht.«
»Na, na, na!«, tadelte der Visconte.«Eine junge Frau wie du sollte nicht so gotteslästerlich fluchen.«
Seine Belustigung nahm zu. Er betrachtete beinahe mit Genugtuung, wie sie errötete und vor Wut mit den Zähnen
Weitere Kostenlose Bücher