Brennendes Schicksal (German Edition)
Schwindel nachließ, und sagte dann: »Wir sind für heute fertig. Ich werde mit Laura allein üben. Sie ist, wie ihr seht, ein wenig schüchtern. Ich möchte sie nicht in Verlegenheit bringen, indem ich sie vor euch allen singen lasse.«
Die Männer und Frauen nickten. Auch sie hatten unverwandt auf diese Venus gestarrt, die Botticelli mit dem Pinsel nicht schöner hätte malen können. Die Männer schluckten und fuhren sich durch das Haar, die Frauen lächelten vage und zupften an ihren Kleidern, ohne dadurch dem Glanz des Mädchens auch nur um einen Deut näher zu kommen.
Der Visconte hatte sich inzwischen wieder ein wenig gefangen. »Ist dir das Recht, Laura?«, fragte er und erbat sich mit einem Blick auch von Mimmo die Erlaubnis.
»Ich werde warten, bis Ihr fertig seid«, kündigte der Saaldiener an, doch der Visconte schüttelte den Kopf. »Das ist nicht nötig, Mimmo. Begleite deine Frau nach Hause. Ich werde dafür sorgen, dass Laura später sicher den Weg zu euch findet. Macht euch keine Sorgen.«
Dann sah er zu Laura, die noch immer kein Wort gesprochen hatte. Mit der Hand wies Angelo auf den Lehnstuhl neben sich und forderte das Mädchen damit auf, sich neben ihn zu setzen, während die anderen ihre Tücher und Umhänge nahmen und leise aus dem Saal verschwanden.
Auch die Musiker packten ihre Instrumente ein, und mit einem Mal bekam es der Visconte Angelo da Matranga regelrecht mit der Angst zu tun.
Zweites Kapitel
Jetzt war er allein mit diesem Weib, dieser Venus. Allein mit ihr, dem Geruch der Frauen und dem ganz eigenen Duft, den Laura verströmte und der in nichts dem der anderen ähnelte.
Frisch roch sie, frisch wie ein Frühlingstag am Morgen. Ein wenig nach frisch gemähtem Gras, nach ofenwarmem Brot, nach Milch und Äpfeln. So wie sie, das wusste der Visconte, rochen nur Jungfrauen, in denen bereits eine Ahnung von den Freuden der Lust keimte, die aber noch nicht ausgelebt war.
»Madonna«, murmelte er leise. »Steh mir bei.«
Dann waren die Sänger verschwunden, die Musiker trugen ihre Instrumente aus dem Saal, Mimmo fasste Gianna am Arm und schob sie hinaus, und gleich darauf waren die Schritte draußen auch schon verklungen.
Angelo war, als hätte sich die Hitze im Raum seit Lauras Eintritt vervielfacht. Er konnte nicht anders, er musste jetzt einfach ein Fenster öffnen. Mit zittrigen Beinen stand er auf und musste sich auf dem Weg zum Fenster zwei Mal abstützen. Dann riss er die Samtvorhänge zur Seite, stieß die hölzernen Läden auf, als brenne hinter ihm der Saal, und sog die kühle Nachtluft ein.
Er hörte die Stimmen der anderen über den stillen Campo von Siena klingen, hörte, wie sich die Schritte in den angrenzenden Gassen allmählich verloren.
Es waren wohl einige Minuten vergangen, aber der Visconte bemerkte es nicht.
»Wollen wir anfangen?«
Lauras Stimme, die zum ersten Mal in diesem Saal erklang, war ruhig und voll.
Angelo wandte sich um, doch er blieb in sicherer Entfernung von dem Mädchen und nutzte die Kühle der Nacht wie einen Schutzschild.
Schließlich nickte er. »Wo hast du das Singen gelernt?«, fragte er.
Sie lachte. Hell und rein stieg ihr Gelächter auf, und ihm schien, als leuchteten selbst die Fackeln heller.
»Ich habe es nicht gelernt, ich kann es einfach«, sagte sie.
Der Visconte lachte. Es klang ihm selbst fremd in den Ohren.
»Du hast möglicherweise ein Talent zum Singen, doch ich bin sicher, du musst noch viel lernen, um wirklich eine gute Sängerin zu werden.«
Laura lächelte, und Angelo betrachtete hingerissen die Grübchen, die neben dem Mund entstanden und ihr etwas hinreißend Kindliches gaben.
»Bisher hat es gereicht«, teilte sie dem Herrscher von Siena unbefangen mit. »In der Schänke meiner Eltern habe ich oft gesungen, und die Wein- und Olivenbauern haben mit den Füßen getrampelt und ihre Mützen in die Luft geworfen. Kein Wirtshaus der ganzen Gegend war so gut besucht wie unseres. Noch ein paar Jahre, und meine Eltern hätten sich zur Ruhe setzen können ... Doch jetzt bin ich in der Stadt.«
»Warum? Wie bist du hierher gekommen?«
»Die Schänke ist abgebrannt. Man erzählt sich, ein Mann, der mich freien wollte, habe es getan, um sich wegen meines Hochmuts zu rächen.«
»Wo sind deine Eltern jetzt?«
Der Blick des Mädchens wurde dunkler. Ein Zittern lief durch ihren Körper, und Angelo sah, dass sie mit den Tränen kämpfte.
»Sie sind im Feuer umgekommen und liegen begraben auf dem Friedhof in der
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