Brennendes Schicksal (German Edition)
zu den Frauen gehst«, sagte sie in eisigem, aber ruhigem Ton. »Doch bisher wusstest du es zu vermeiden, mich bloßzustellen.«
Angelo nickte. Er war sich seiner Schuld durchaus bewusst. Die Liebe, die er von Laura empfangen hatte, hatte ihn hochmütig gemacht. Jetzt begriff er, dass seine Liebe anderen Leid zufügte und er es nicht verhindern konnte.
»Es tut mir Leid«, sagte er aufrichtig. Er trat zu ihrem Lehnstuhl und legte seine Hand auf ihren Arm.
»Es ist uns nie gelungen, uns zu lieben, nicht wahr, Beatrice? Wir sind einfach nicht füreinander bestimmt.«
Beatrice da Matranga verzog keine Miene. »Ich habe meine Pflicht als Ehefrau immer erfüllt. Es gibt nichts, das du mir vorwerfen könntest. Ich habe dir einen Sohn geboren, habe für einen Erben gesorgt, herrsche über dein Haus, wie es sich geziemt.«
»Ich weiß, Beatrice. Und du weißt, dass ich dich dafür achte.«
»Das ist deine Pflicht. Deine Pflicht als mein Ehemann und als Herrscher über die Republik Siena.« Sie hielt den Kopf abgewandt, blickte an ihm vorbei an die Wand. Er sah die Falten an ihrem Hals, die trockene Haut, den bitteren Mund – und begriff, dass auch sie sich ihr Leben anders vorgestellt hatte. Mit einem Mal überkam ihn das große Bedürfnis, etwas an ihr gut zu machen. Er griff nach ihrer Hand, die sich wie Pergament anfühlte.
»Was kann ich tun, um dich glücklich zu machen?«, fragte er und glaubte, es aus ganzem Herzen so zu meinen. Doch Beatrice kannte ihn besser, als er ahnte.
»Du willst mich nicht wirklich glücklich machen. Mein Glück ist dir vollkommen gleichgültig. Du willst dein schlechtes Gewissen beruhigen, das ist alles. Doch so einfach, mein Lieber, ist es nicht. Auch wenn du mich in die Hölle wünschst, wirst du mich nicht los. Ich werde bleiben bis zum letzten Tag.«
Angelo da Matranga nickte. Er ließ ihre Hand los und stand auf. Noch einmal betrachtete er sie. »Es tut mir Leid«, wiederholte er, dann drehte er sich um und verließ den Saal.
Die Ehe zwischen ihnen war niemals eine gute gewesen. Doch von diesem Abend an gingen sie miteinander um wie Fremde. Schon seit Jahren waren sie vom Bett getrennt. Nun aber fand die Trennung auch vom Tisch statt. Beatrice stürzte sich mit beinahe wahnhafter Frömmigkeit in die Geschicke der Kirche und Wohltätigkeit. Und sie begann damit gleich am nächsten Tag.
Als sie nach der Messe zurückkam, war sie nicht allein. Eine Frau war bei ihr, die aussah, als hätte sie allen Schmerz der Welt am eigenen Leib erfahren.
Sie brachte die Frau zum Visconte. »Das ist Circe aus Volterra«, sagte sie. »Ich habe sie schon öfter in der Stadt gesehen. Sie hat meist vor der Kirche gesessen und gebettelt. Nun, ich habe sie mit zu uns gebracht. Sie wird den Mägden in der Küche zur Hand gehen.«
Angelo da Matranga nickte und fragte sich, warum Beatrice ihm ausgerechnet eine neue Bedienstete vorstellte. Die Mägde und Knechte gehörten zu ihrem Aufgabenbereich, er hatte damit nichts zu schaffen, wollte damit nichts zu schaffen haben.
»Sehr schön«, sagte er und betrachtete die Frau, deren Haar von grauen Strähnen durchzogen war und die mit gespreizten Beinen stand wie ein Reiter, der gerade nach langem Ritt vom Pferd gestiegen war.
»Herzlich willkommen. Ich hoffe, du fühlst dich wohl in unserem Haus.«
Er sah hoch, erwartete, dass die neue Magd knickste und verschwand, doch Beatrice hinderte sie mit einer Armbewegung daran.
»Willst du nicht wissen, warum ich sie mitgebracht habe?«, fragte sie.
»Du wirst deine Gründe haben.«
»Und ob ich die habe. Circe ist eine ehemalige Kurtisane. Sie ist dem Trentuno anheim gefallen. Ich werde sie auf den Pfad der Tugend zurückführen.«
Der Visconte wusste noch immer nicht, was dieses Theater sollte, doch irgendetwas sagte ihm, dass es sich lohnen würde, diese Frau noch einmal näher zu betrachten.
»Wenn Ihr eine Kurtisane wart«, sagte er und wechselte vom ›Du‹ in das ›Ihr‹ der Gleichrangigen über, »so verfügt Ihr gewiss über mehr Talente, als eine Magd unbedingt nötig hat.«
Circe de Volterra nickte. »Ich habe diesen Beruf erlernt«, erwiderte sie schlicht.
»Woher kommt Ihr? Wer seid Ihr?«
Circe zuckte mit den Achseln. »Ich habe keine Vergangenheit, keine Gegenwart und keine Zukunft. Ich bin eine lebende Tote, doch ich glaube nicht, dass Ihr dies versteht.«
»Dann erklärt es mir«, verlangte da Matranga und versuchte im Gesicht seiner Frau zu lesen, ob sie vielleicht mehr wusste. Er
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