Brennendes Schicksal (German Edition)
war sich sicher, dass Beatrice längst Erkundigungen eingezogen hatte.
Circe seufzte. Die Gedanken schwirrten in ihrem Kopf umher wie Bienen in einem Stock. Sie hatte geschworen, sich mit den Feinden ihrer Feinde zu verbünden. Nun, Angelo da Matranga war der größte Feind von Florenz. Er allein vermochte es, die Vorherrschaft der Medici-Stadt zu brechen und die Macht über die Toskana und das Chianti zu übernehmen. Unermesslicher Reichtum war damit verbunden. Das Gold der Trauben, die im Chianti wuchsen, war mehr wert als der Schmuck der Medici-Frauen. Die größten Unternehmen hatten ihre Faktoreien in der Stadt am Arno errichtet. Handelskontakte in die ganze Welt waren damit verbunden, und so mancher, der über diese Kontakte verfügte, schaffte es, zum Hoflieferanten des Papstes erwählt zu werden. Die Tuche der Fugger, die Gewürze, Teppiche und Goldwaren Westindiens, Spitzen aus dem Brabant und Brüssel, Glas aus Böhmen, all diese Dinge konnte derjenige sein Eigen nennen, der über die Toskana herrschte. Dazu kamen die Künstler. Michelangelo Buonarotti hatte die schönsten Skulpturen dieser Zeit geschaffen, Leonardo da Vinci sein Können dazugetan. Raffael, Botticelli, sie alle waren zu Lebzeiten mit der Stadt Florenz auf das Engste verbunden gewesen.
Circe hatte nichts gegen die Medici. Im Gegenteil. Cosimo war ihr stets freundlich und zuvorkommend begegnet, wenn er auch nicht an seinen Vorfahren Lorenzo heranreichte, den alle II Magnifico genannt hatten. Doch auch er hatte das Trentuno, vor dem jede Kurtisane in ganz Italien zitterte, nicht abgeschafft. Und Alvaro del Gerez war einer seiner Berater. Sein engster sogar und zugleich sein Freund. Niemals hätte sich Circe um Hilfe an den Herrscher von Florenz wenden können. Damit war auch er ihr Feind. Und ihr gegenüber saß Angelo da Matranga, der nur darauf wartete, ihren Feinden zum Untergang zu verhelfen.
»Es wäre mir eine große Ehre, in Eure Dienste treten zu dürfen«, sagte sie deshalb.
»Was alles beherrscht Ihr?«
»Ich spreche Italienisch, Französisch und Latein, spiele die Laute und das Spinett, kann singen, lesen und schreiben, bin bewandert in den sieben Künsten und habe mich mit Philosophie und Literatur beschäftigt.«
Der Visconte nickte. »Nun, dann wäre es Perlen vor die Säue geworfen, Euch mit Hausarbeiten zu beschäftigen. Könnt Ihr auch Noten lesen?«
Circe nickte.
»Nun, dann bitte ich Euch, mich heute Abend zur Chorprobe zu begleiten. Ich glaube, Ihr könntet mir dort nützlicher sein als hier im Hause.«
Er wandte sich an seine Frau. »Du hast doch nichts dagegen, Beatrice?«
Seine Gattin verzog das Gesicht. Es war ihr deutlich anzusehen, dass ihr diese Regelung ganz und gar nicht benagte. Sie hatte ihm diese abgehalfterte Kurtisane vor Augen holen wollen, damit er an ihrem Beispiel sah, was ihm blühte, wenn er noch weiter zu diesen Frauen ging. Krank waren sie allesamt, krank an Körper, Geist und Seele. Ein lebendes Abbild der Hölle, und Gott der Herr war so gütig gewesen, ihr diese Frau vor die Füße zu setzen, auf dass sie Angelo da Matranga als Abschreckung diene. Doch sie hatte sich verrechnet. Ihr Mann wirkte nicht im Geringsten abgeschreckt, sondern eher interessiert. War er schon so verdorben? War ihm die Seele bereits abhanden gekommen und er ein Verbündeter des Teufels, unfähig, von der Sünde abzulassen? Beatrice wusste es nicht, doch sie spürte, dass ihr Mann ihr entglitten war. Es gab nichts mehr, was sie beide verband. Und ganz tief in ihrem Innern tauchte auf einmal die blasse Frage auf, ob ihr gottgefälliges Leben nicht doch ein wenig farblos war. Sie vertrieb den Gedanken, kaum, dass sie ihn gewahrte. An ihrem Leben gab es nichts auszusetzen. Rein gar nichts. Sie war nicht nur eine anständige Frau von Adel, sondern überdies eine ehrbare Ehefrau und Mutter, ein wichtiges Mitglied der Kirchengemeinde und stets darauf bedacht, ihre Seele vor dem Unrat der Sünde zu bewahren. Sie tat gute Werke und war sich ganz sicher, eines Tages in den Himmel zu kommen. Mochten die Leute doch denken, ihr Erdenleben sei freudlos und öde. Waren sie erst einmal im Himmel, so würden sie schon sehen, wem es besser ginge, wessen Platz näher am Thron des Herrn stünde.
Angelo da Matranga war der Herr im Haus. Wenn es Knopf auf Spitze kam, hatte auch sie sich ihm zu fügen.
»Mir wäre es lieber, sie bliebe hier. Ich kann jede Hand gebrauchen«, war alles, was sie sagte.
»Es steht dir frei, dir einen
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