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Brennendes Schicksal (German Edition)

Brennendes Schicksal (German Edition)

Titel: Brennendes Schicksal (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Hamilton
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hastete die stillen Gassen Sienas hinunter zur Piazza del Campo.

Sechstes Kapitel
    Er kam zu spät. Viel zu spät. Die Fackeln vor seinem Haus waren erloschen. Das hieß, dass die Gäste bereits eingetroffen waren.
    Er reichte der Magd seinen Umhang, zog sein Wams zurecht und ging die große Freitreppe hinauf in den kleinen Saal. Er fühlte sich fremd in diesem Haus. Die kühle Eleganz der Einrichtung stieß ihn ab, und er sehnte sich schmerzlich nach der Behaglichkeit von Lauras Zimmer zurück. Wie ausgesetzt kam er sich vor. All das hier hatte nichts mehr mit ihm zu tun. Der kostbare Wandbehang, ein Prunkstück, das er für viel Geld und nach langen, zähen Verhandlungen einem reichen venezianischen Kaufmann abgehandelt hatte, war ihm heute nur ein Stück Stoff ohne Seele, ohne Leben. Ein Ding einfach, in Minutenschnelle ersetzbar durch ein anderes. Durch irgendein anderes.
    Er hatte den ersten Stock erreicht und hörte bereits die Geräusche aus dem Saal. Gesprächsfetzen, die trockene Stimme des Schatzmeisters, das unechte Lachen von Beatrice, die keifende Stimme der Schatzmeisterfrau, das Klappern von Geschirr.
    Er roch Essensdüfte. Doch obwohl er seit dem Morgen nichts mehr gegessen hatte, verursachten diese Gerüche Abscheu in ihm, überdeckten sie doch beinahe den leisen Hauch von Lauras Haar, der ihn von ihrer Kammer bis zu seinem Haus begleitet hatte.
    Er zog den Ärmel seines Wamses gerade, hob dabei die Hand und erhaschte noch einen letzten Zipfel ihres Duftes. Er lächelte versonnen, sah sie für einen Augenblick vor sich, wie sie hingebreitet in ihrer Pracht auf dem Bett lag und sich ihm öffnete.
    »Laura, meine Liebste«, flüsterte er, dann ging er die letzten Schritte und betrat den Saal.
    Beatrices Blick war voller Vorwurf, doch sie sagte kein Wort, sondern ließ sich lustlos von ihm auf die Wange küssen. Angelo meinte, seine Lippen berührten brüchiges Papier. Am liebsten hätte er sie mit einem Tuch abgewischt, doch er riss sich zusammen und begrüßte auch den Schatzmeister und dessen Frau.
    »Du kommst spät«, sagte Beatrice. Ihre Augen hatten einen lauernden Ausdruck. »Und du hast dein Wams falsch geknöpft.«
    Ihre Stimme war schrill.
    Ohne zu antworten, brachte er seine Garderobe in Ordnung und setzte sich.
    »Das Amt des Bürgermeisters verlangt den ganzen Mann«, sprang ihm der Schatzmeister zur Seite.
    »Den Mann vor allem«, ergänzte Beatrice und gab dem Aufwärter ein Zeichen, dem Visconte den Teller zu füllen.
    »Wie geht es mit den Proben für die Passionsspiele voran?«, wollte die Gattin des Schatzmeisters wissen. »Meine Schwester wird aus Florenz kommen. Sie hat berichtet, dass selbst Alvaro del Gerez, der Berater Cosimo de’ Medicis, seinen Besuch angekündigt hat.«
    Angelo da Matranga neigte den Kopf ein wenig. »Nun, das freut mich. Am liebsten wäre mir, ganz Florenz würde sehen, dass Siena sich nicht scheut, der Stadt am Arno den Rang abzulaufen. Wir haben eine großartige Sopranistin. Sie wird die Leute begeistern.«
    »Oh, Ihr habt es geschafft, die Schwägerin des Saaldieners zu überreden?«
    Angelo nickte. Sein Gesicht veränderte sich, wurde weich wie das eines Jünglings. Sein Blick verlor sich in der Ferne, die Stimme bekam einen warmen, schwärmerischen Klang. »Ja, Laura wird singen. Morgen kommt sie zur Probe.«
    »Und?« Der Schatzmeister hob die Hand und rieb Daumen und Zeigefinger aneinander. »Wie viel?«
    »Nun, mein lieber Freund, man kann nicht alles für Geld kaufen. Zumindest nicht Laura.«
    »Oh! Und dabei dachte ich, dass es besonders diese Sorte Frau ist, der Geld über alles geht. Zu oft schon habe ich erlebt, dass sich einfache Weiber der niedersten Herkunft für kostbarer halten, als sie es sind.«
    Es war Beatrice, die so sprach und ihren Mann dabei nicht aus den Augen ließ.
    »Nun«, erwiderte er und sah ihr ebenfalls ins Gesicht. »In den Adel wird man hineingeboren. Seelenadel aber muss man sich erwerben. Er ist unabhängig von Herkunft, Bildung und Stand.«
    Beatrices Gesicht zog sich vor Empörung zusammen. »Die Seele gehört allein Gott«, erwiderte sie. »Und jeder, der seine Seele einem anderen schenkt, handelt gegen die Heilige Schrift.«
    Angelo lächelte fein und fing an zu essen. Doch obwohl der Aurwärter den besten Wein des Kellers kredenzte, wollte keine richtige Stimmung mehr aufkommen. Der Schatzmeister schützte Müdigkeit vor, und schon bald daraufwar Angelo mit seiner Gattin allein.
    »Ich weiß, dass du seit Jahren

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