Brennendes Schicksal (German Edition)
wütend auf Laura. Wütend, weil sie noch nicht einmal zu bemerken schien, wie sehr sie ihn vernachlässigte. Und die Wut war es auch, die ihn dazu bewog, Circe aufzusuchen.
Er straffte seinen Körper, zog das Wams glatt, dann klopfte er an die Tür ihrer beiden Kammern.
»Herein!«, hörte er und betätigte die Klinke in der Erwartung, Circe in ihrer üblichen Hauskleidung anzutreffen.
Doch seine Erwartung trog ihn. Circe da Volterra war in dieser Stunde von einer Lehrerin weiter entfernt als je zuvor. Kurtisane war sie. Kurtisane, Verführerin, Versuchung und Verlockung in einem.
Die granatroten Vorhänge hatte sie vor das Fenster gezogen. Kerzen brannten in einem Kandelaber. Sie selbst lag hingestreckt auf einer gepolsterten Bettstatt, von einem seidenen Gewand nur unzureichend bedeckt.
Das offene Haar floss ihr wie Wasser über die Schultern.
»Kommt doch herein«, sagte sie mit einer Stimme, die so seidig war wie ihre Haut. Sie klopfte mit der Hand auf den Rand der Bettstatt.
»Setzt Euch«, sagte sie. »Setzt Euch zu mir und unterhaltet mich ein wenig. Für mich gibt es in diesem Haus derzeit nicht viel zu tun. Ich langweile mich und bin für jede Zerstreuung dankbar.«
Angelo tat, wie ihm geheißen, setzte sich zaghaft und in kerzengerader Haltung auf den Bettrand und wandte sich halb zu ihr um. Er sah sie an, schluckte, kramte in seinem Kopf nach Gesprächsthemen, doch da herrschte vollkommene Leere. Im Grunde war er vollauf damit beschäftigt, seine Blicke nicht immer wieder aufs Neue über ihren verführerisch hingestreckten Körper gleiten zu lassen. Es gelang ihm nicht. Er sah die schlanken, festen Oberschenkel, die sich unter dem dünnen Stoff des Seidengewandes abzeichneten, sah den festen Bauch, dessen leichte Wölbung ihn einzuladen schien, seinen Kopf darauf zu legen. Die vollen Brüste drängten gegen die Seide, und Angelo konnte beinahe spüren, wie sich der leichte Stoff an ihren empfindlichen Spitzen rieb.
»Worüber möchtet Ihr Euch unterhalten?«, fragte er schließlich mit rauer Stimme und kam sich selbst töricht dabei vor.
Circe lachte. Ihr Lachen klang wie das Gurren der Tauben, die sich im Turm auf dem Campo ein Zuhause gesucht hatten.
»Worüber Ihr wollt, Visconte. Sucht ein Thema, welches uns beide interessiert. Wie wäre es ...«, sie wartete einen Augenblick und öffnete leicht die Lippen, »...mit der Liebe?«
Angelo seufzte. »Oh, ich glaube, darüber weiß ich im Augenblick nicht viel zu berichten.«
Circe lachte wieder ihr gurrendes Lachen und räkelte sich ein wenig auf dem Laken, sodass das Gewand verrutschte und ein Bein bis über die Knie enthüllte. Kerzenlicht umhüllte das Stück nackte Haut mit einem goldenen Schimmer. Glatt und weich schimmerte das Knie, dessen vollendete Form Angelo noch niemals aufgefallen war. Wie auch? So hatte er Circe nur ein einziges Mal bisher gesehen.
»Über die Liebe kann man immer reden. Sie ist es doch, die uns antreibt, oder nicht?«, fragte die Kurtisane.
»Das dachte ich bis vor kurzem auch noch. Liebe und ihr Gegenteil, der Hass nämlich, sind die Triebkräfte des Lebens. Doch wenn man sich zwischen Liebe und Hass befindet, ist da nur eine riesige Leere.«
»Wie das, Visconte? Ist Eure Liebe zu Laura abgekühlt?«
Angelo da Matranga schüttelte den Kopf. »Nein, so ist es nicht. Ich liebe Laura noch immer. Doch scheint es mir manchmal, als ob sie mich vergessen hätte. Ange-lino ist wohl der einzige Mann, der sie derzeit interessiert.«
»Nun, Visconte, ich denke nicht, dass Ihr Euch sorgen müsst. Die Liebe einer Mutter zu ihrem Kind ist etwas ganz anderes als die Liebe einer Frau zu ihrem Mann. Angelino ist eine neue Erfahrung. Ihr braucht Geduld. Liebt Ihr Euren Sohn denn nicht auch?«
Angelo richtete sich empört auf. »Natürlich liebe ich ihn. Ich bin sein Vater!«
Circe, die Angelos Ärger spürte, streckte einen Arm aus und legte ihm die Hand auf die Schulter. Dabei glitt ihr Gewand hinab und entblößte einen Arm von vollendeter Anmut. Die Glieder waren fest und glatt wie bei einer Marmorstatue der größten Bildhauer.
Angelo hätte um ein Haar aufgestöhnt. Wie lange hatte er die Berührung einer Frau schon vermissen müssen? Am liebsten hätte er die Augen geschlossen und sich ganz und gar auf die warme Hand auf seiner Schulter konzentriert. Langsam fuhr die Hand nun von der Schulter über seinen Oberarm. Trotz der Tatsache, dass Angelo ein Hemd und darüber sogar ein Wams trug, spürte er Circes Wärme
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