Brennendes Schicksal (German Edition)
Venus«, flüsterte Angelo und strich ihr noch einmal über die Wange.
»Alles wird gut. Ich verspreche es dir.«
Eine dunkle Ahnung überfiel ihn. Sie war nicht greifbar, war wie ein schwarzer, kalter Schatten, der für einen Augenblick die Sonne verdunkelte. Angelo da Matranga hätte nicht sagen können, was er fühlte. Doch etwas legte sich ihm wie eine schwere Last auf die Schulter.
Dann stand er auf, überlegte, ob er Circe da Volterra selbst bitten sollte, sich um Laura zu kümmern. Doch er entschied sich anders, lief hinunter zu den Mägden und bat diese, stündlich nach Laura zu sehen. Dann ging er nach Hause.
Sechzehntes Kapitel
Seit Orazio in den riesigen Handelskontoren seines Vaters beschäftigt war, stand er morgens recht früh auf. Die Arbeit machte ihm Spaß, und zum ersten Mal fand er das Leben aufregend und schön. Er hatte bereits die doppelte Buchführung gelernt, war auf Auktionen gewesen und hatte seinen Vater zu Verhandlungen begleitet. Orazio, der bisher nur das bigotte Leben seiner Mutter kennen gelernt hatte, blühte auf. Ja, es war sogar vorgekommen, dass er den jungen Mägden oder Wasserträgerinnen, den Ammen mit den prallen Miedern oder den Wäscherinnen mit den festen runden Oberarmen hinterher gesehen hatte.
Er war jetzt siebzehn Jahre alt. An seinem Kinn sprossen die ersten zarten Barthaare, und sein Geschlecht begann zu erwachen. Immer öfter wurde er des Nachts von erotischen Träumen heimgesucht, deren Spuren er vor seiner Mutter Beatrice ängstlich verbarg. Aber es war, wie es war. Orazio hatte sich entschieden, voll und ganz in die Fußstapfen seines Vaters zu treten. Er würde Handelsherr werden, Kaufmann und Mitglied des Rates, vielleicht sogar Bürgermeister. Und er würde heiraten. Am liebsten ein Mädchen wie Laura, doch er wusste, dass dies nicht möglich war. Laura, die ihn mit ihrer weißen Sahnehaut, ihren glühenden Blieken und den vollen roten Lippen vom ersten Moment an verzaubert hatte, gehörte seinem Vater. Sie war eine Kurtisane, die ihm jetzt sogar einen Halbbruder geschenkt hatte. Niemals würde er sie heiraten können. Sie war nicht seines Standes, hatte keinen Besitz. Orazio wusste, dass er eines Tages die Tochter eines reichen Patriziers zum Altar führen musste. Aber er wusste ebenso sicher, dass er niemals eine Frau heiraten würde, an der er nicht wenigstens ein bisschen Gefallen fand. Die Ehe seiner Eltern stand ihm als warnendes Beispiel vor Augen.
Noch etwas benommen vom Schlaf ging er hinunter in die Küche, in der Hoffnung, die jüngste Magd, die zuerst aufstehen und das Feuer anheizen musste, allein anzutreffen. Sie war keck und rosig wie ein Ferkel, diese Sidonia. Gestern hatte sie ihm den rotbackigsten Apfel des Korbes zugeworfen und sich dabei über die Lippen geleckt. Heiß war ihm geworden dabei. Nun, vielleicht ergab es sich heute, dass er einmal von ihren Lippen kosten konnte.
Gut gelaunt riss er die Tür zur Küche auf, doch fand er sich allein darin wieder. Das Feuer brannte bereits. Ein Kessel mit Grütze dampfte, die Milch stand in einem kleinen Holzfässchen auf dem Tisch.
Neugierig tappte Orazio, den es bisher nie in die Küche gezogen hatte, durch den großen Raum. Er fand eine Dose mit Keksen und naschte davon. Er inspizierte die Vorratsräume, kostete vom Akazienhonig, nahm sich ein paar eingelegte Oliven, betrachtete neugierig die zahlreichen Dinge in den Regalen. Er sah in jeden Korb, in jede Schüssel, jeden Krug, jedes Fass. Dann schnitt er ein Stück würzigen Käse von einem Laib, nahm ein paar in Öl eingelegte Sardellen aus einem Tongefäß und stopfte sie sich in den Mund.
Es dauerte nicht lange, da überkam ihn großer Durst. Er ging zurück in die Küche, um einen Becher Milch zu trinken. Doch die dicke, gelbe Haut, die sich auf der Oberfläche des Fasses abgesetzt hatte, behagte ihm nicht. Daneben stand ein Krug, in dem ebenfalls Milch zu sein schien. Er hob ihn hoch und roch daran. Ein Gemisch aus Zimt, Mandeln und Honig war der Milch zugesetzt und verströmte ein köstliches Aroma. Orazio setzte den Krug an die Lippen und trank ihn gierig bis auf den letzten Tropfen aus. Dann wischte er sich mit dem Handrücken über den Mund, stieß leise auf und ging zurück in seine Kammer, um sich fertig anzuziehen.
Er war kaum zur Tür heraus, als Beatrice in die Küche kam. Sie ging zu dem großen Holztisch, dessen Platte sauber gescheuert war, und sah sich um. Sie schüttelte den Kopf, drehte sich einmal um die eigene
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