Brennendes Schicksal (German Edition)
Angelo nach solch einem Erlebnis den Kopf verloren und sich in Circes Arme geflüchtet hatte. Was sie aber nicht verstand, war, dass ihre Lehrerin sie verraten hatte. Oder hatte Circe etwa vor, ihren Platz an Angelos Seite einzunehmen?
Und zum Schluss noch das Gespräch mit dem Bettler. Laura konnte sich keinen Reim darauf machen, doch sie ahnte mit der Intuition der Liebenden: Irgendetwas ging hier vor, und das war keineswegs angenehm.
Soll ich Angelo da Matranga bitten, Circe wegzuschicken?, überlegte sie. Aber vielleicht hatte sie ihn bereits in ihren Fängen? Laura hatte viel von ihr gelernt, auch die Kunst der Liebe und die Kunst, einen Mann zu bezirzen und vor allem zu halten. Doch wie viel wusste Circe noch, von dem Laura keine Ahnung hatte?
Dass die ehemalige Kurtisane Kinder hatte, war für Laura nicht neu gewesen. Die meisten Kurtisanen hatten Kinder, die von Ammen oder in Klöstern groß gezogen wurden. Doch der Bettler hatte angedeutet, dass das Leben von Circes Kindern in Gefahr sei. Auch der Name Angelo da Matranga war gefallen. Was sollte sie nur tun?
Laura überlegte hin und her, doch ihr fiel nichts ein.
Als sie am nächsten Morgen gemeinsam mit Circe ihr Frühstück einnahm, wusste Laura noch immer nicht, was zu tun wäre. Wenn sie geglaubt hatte, Circe da Volterra werde ihr mit einem schlechten Gewissen begegnen, so hatte sie sich gründlich getäuscht.
Die Lehrerin begrüßte sie, als wäre nichts geschehen. Ja, sie ging nicht einmal auf den schweren Schicksalsschlag ein, der den Visconte ereilt hatte. Stattdessen plauderte sie mit Laura, als wären sie die besten Freundinnen, gab ihr Ratschläge zur Haarpflege und erkundigte sich freundlich nach Angelinos Wohlergehen. Aber genau das war es, was Lauras Misstrauen noch verstärkte.
Am liebsten hätte sie die Lehrerin zur Rede gestellt, doch eine innere Stimme hielt sie davon ab.
Scheinbar ruhig und ausgeglichen ging sie auf die Plaudereien ein und gab durch nichts zu erkennen, dass sie mehr wusste, als Circe da Volterra ahnte.
Gleich nach dem Frühstück aber gab sie Angelino in die Obhut der Amme und machte sich auf, um Angelo zu suchen. Wo immer er auch war, Laura war entschlossen, dem Mann, den sie liebte, in dieser Zeit zur Seite zu stehen.
»Wohin gehst du, Laura?«, fragte Circe, die sich sonst nicht im Geringsten darum kümmerte, wie ihre Schülerin außerhalb der Unterrichtsstunden den Tag verbrachte.
»Oh, ich werde nach Angelo sehen«, erwiderte Laura offen. »Ihr selbst habt mir beigebracht, die Männer am meisten zu lieben, wenn sie es am wenigsten verdient haben, weil sie es dann am allermeisten brauchen. Ich bin eine gute Schülerin, Circe da Volterra, und beherzige alles, was Ihr mir beigebracht habt.«
Sie sah der Lehrerin bei diesen Worten fest in die Augen, und es war ihr, als bemerke sie ein leichtes Flackern darin. Doch schon blickten Circes Augen wieder so unergründlich wie immer.
»Dann wünsche ich einen schönen Tag«, versetzte die Altere. »Ich hoffe nur, du vergisst nicht, dass wir uns heute Abend damit beschäftigen wollten, deine Stimme ein wenig zu üben. Seit Angelinos Geburt haben wir nicht mehr daran gearbeitet.«
»Ich werde pünktlich sein«, versprach Laura und machte sich auf den Weg.
Sie traf Angelo da Matranga in der kleinen Kapelle seiner Familie an. Sie befand sich unter dem Dach der großen Kathedrale Sienas, die mit ihrer schwarzweißen Marmorverkleidung zu den prächtigsten Gebäuden in der ganzen Toskana zählte.
Er kniete auf einem rotsamtenen Kissen, hatte die Hände gefaltet und blickte auf das Bildnis der Muttergottes.
Laura erschrak, als sie ihn sah. Der einst so stattliche Mann mit den breiten Schultern schien über Nacht in sich zusammengefallen zu sein. Bartstoppeln bedeckten sein Gesicht, der Blick flackerte unruhig hin und her, die Lippen waren spröde und rau.
Leise betrat sie die kleine Seitenkapelle und kniete sich neben ihn. Sie bekreuzigte sich, sprach leise den Rosenkranz vor sich hin, dann wandte sie sich an Angelo.
»Komm, ich bringe dich nach Hause«, sagte sie schlicht und reichte ihm die Hand, die er dankbar ergriff. Wie einen Blinden führte sie ihn durch die Gassen bis zu seinem Palazzo.
In seinem Gemach ließ er sich matt auf das Bett sinken.
»Bist du mir böse?«, fragte er und hielt ihre Hand so fest, als wäre sie der einzige Rettungsanker vor dem drohenden Schiffbruch.
»Liebste, bist du mir böse?«
Laura schüttelte den Kopf. »Nein, Angelo. Alles,
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