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Brennendes Schicksal (German Edition)

Brennendes Schicksal (German Edition)

Titel: Brennendes Schicksal (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Hamilton
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und all die müden Blumen,
die haben schnellen Tod.
Es geht ein dunkle Wolk’ herein,
es soll und muss geschieden sein.
Ade, Feindlieb, dein Scheiden
macht mir das Herz so schwer.
    »Was soll das?«, fragte sie und ließ das Notenblatt sinken. »Warum lasst Ihr mich einen solchen Text singen?«
    »Warum nicht?«, fragte Circe da Volterra zurück. »Es ist ein Volkslied aus Deutschland, doch die Botschaft ist auch in Italien bekannt.«
    »Die Botschaft, ja. Genau deshalb frage ich Euch, warum Ihr mich dieses Lied singen lasst.«
    »Weshalb störst du dich so daran? Bei den Passionsspielen hast du sogar vom Tod am Kreuz gesungen, ohne dass du darüber auch nur ein Wort verloren hättest.«
    Laura sah Circe da Volterra prüfend an. Wieder hatte sie den Eindruck, dass der Blick der Lehrerin leicht flackerte. Überhaupt wirkte sie zwar so souverän und unnahbar wie immer, aber irgendetwas war in ihrer Haltung, das Laura fremd war. Der Rücken war zwar kerzengerade wie immer, doch heute wirkte er seltsam steif.
    Die beiden Frauen sahen sich an. Keine von beiden gestattete es sich, den Blick als Erste abzuwenden. Eine ganze Minute verging so, schließlich brach Laura das Schweigen.
    »Ich finde es nicht angemessen, zum jetzigen Zeitpunkt ein solches Lied zu singen. Wir haben genug Abschiede um uns herum. Und keiner davon ist von einer Art, die man besingen sollte.«
    »Es gibt jeden Tag Abschiede. Niemand weiß, wie viele jedem von uns noch bevorstehen.«
    Circes Antwort klang rätselhaft, und Laura horchte auf.
    »Warum habt Ihr mich gestern verraten?«, fragte sie schließlich und hörte auf, wie die Katze um den heißen Brei herumzuschleichen.
    »Warum habt Ihr gestern mit dem Mann geschlafen, den ich liebe?«
    Circe zuckte mit den Schultern. Ihr Mund verzog sich zu einem Lächeln, das die Augen jedoch nicht erreichte. »Du solltest mir dafür danken, Laura. Ich habe für die kurze Zeit deiner Abwesenheit deine Pflichten übernommen, bevor es jemand anderes tun konnte. Angelo da Matranga brauchte Trost. Und es ist bekannt, dass der größte Trost in der Liebe besteht. Tod und Leben liegen dichter beieinander als alle anderen Dinge dieser Welt. Wusstest du, dass viele Männer mit aufgerichteter Männlichkeit sterben? Wusstest du, dass jede Entbindung, die doch Leben schenkt, ein Vorbote des Todes ist? Was also ist verwunderlich daran, dass deinen Liebsten nach allem, was vorgefallen war, das Bedürfnis packt, den Tod mit der Liebe zu besiegen? Du warst nicht da, meine Liebe, obwohl ich dir versucht habe beizubringen, dass eine Kurtisane immer für ihren Gönner da sein muss. Immer , hörst du?«
    Laura war von diesem Redeschwall ganz benommen, doch sie war klug und lange genug Circes Schülerin, um ihr zu widersprechen.
    »Ich bin sicher, dass Euer gestriges Zusammensein nichts mit Liebe zu tun hatte, Circe. Trost hättet Ihr ihm auf andere Weise spenden können. Ihr seid meine Lehrerin, doch nicht meine Stellvertreterin in Angelegenheiten des Herzens. Wenn Ihr Euch also mit Angelo eingelassen habt, so bin ich sicher, dass Ihr damit ganz eigene Pläne verfolgt habt.«
    Laura hatte erwartet, dass Circe auf ihren Vorwurf schweigen oder ihn abstreiten würde, doch sie hatte sich getäuscht.
    »Natürlich habe ich eigennützig gehandelt, meine Liebe. Was glaubst du denn? Schließlich bin ich viele Jahre lang Kurtisane gewesen. Was wäre denn geschehen, hätte ich mich nicht seiner angenommen? Er wäre eine allzu leichte Beute für jedes Frauenzimmer geworden. Bei mir kannst du sicher sein, dass ich nur ›ausge-holfen‹ habe. Jede andere aber hätte den Mann für sich behalten wollen. Der Verstand des Mannes wird von seinen Lenden aus regiert. Schnell hätte er in dieser Lage in die Fänge einer anderen geraten können. Wir aber brauchen ihn, Laura. Wir leben von ihm. Was ich also getan habe, das habe ich für uns getan. Für dich, für Angelino und für mich.«
    Ihre Worte klangen überzeugend, und trotzdem glaubte Laura ihr nicht. Sie beschloss, die ganze Geschichte scheinbar auf sich beruhen, aber Augen und Ohren weit offen zu lassen.
    »Ihr meint also«, sagte sie lächelnd, »ich müsste Euch dankbar sein, nicht wahr? Gut, hiermit danke ich Euch also. Für die Zukunft wäre es mir jedoch lieber, diese Art von Aufgaben allein übernehmen zu können.«
    Circe neigte leicht den Kopf und legte eine gewisse Freundlichkeit in ihre Miene. »Ich habe nicht vor, mich in dieser Hinsicht noch weiter zu engagieren. Wollte ich

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