Brennendes Wasser
sich einmal um die eigene Achse.
Er wusste, dass er tunlichst an die Oberfläche zurückkehren sollte, aber er würde nicht ohne Zavala von hier verschwinden.
Noch ein Versuch. Langsam drehte er sich herum. Ohne die Maske war seine Sicht ziemlich verschwommen, aber dann glaubte er einen roten Fleck wahrzunehmen und hielt darauf zu.
Zavala trieb dicht über dem Grund. Aus seinem Mund stiegen Luftblasen.
Austin schob das Atemgerät in Zavalas Gesicht, ohne recht zu erkennen, ob er damit überhaupt den Mund seines Freundes traf.
Plötzlich verließ ihn seine gesamte Willenskraft, und eine dunkle Woge schlug über Kurts Bewusstsein zusammen. Er griff nach unten, streifte den Bleigürtel ab und tastete nach dem Aufblasventil seiner Tarierweste. Ihm war so, als würde er noch eine Explosion hören. Dann wurde ihm endgültig schwarz vor Augen.
10
Paul stand reglos wie ein Totempfahl an der Tür der Hütte, hielt Ausschau und lauschte. Er befand sich nun schon seit einigen Stunden auf Posten und starrte angestrengt in die Dunkelheit, um etwaige Veränderungen im gleichmäßigen Rhythmus der Nacht sofort zu registrieren. Am Ende des Tages hatte die hereinbrechende Dunkelheit sich mit dem Rauch der schwelenden Feuerstellen zu immer tieferen Schatten vereinigt. Auch die letzten noch verbliebenen Indios waren wie mürrische Phantome in ihren Behausungen verschwunden, und Stille senkte sich über das Dorf. Nur das gedämpfte Weinen eines Babys war noch zu hören. Was für ein seltsamer Ort dies doch war, dachte Trout.
Als hätten Gamay und er eine Seuchenstation betreten.
Der Deutsche hatte kurzerhand eine Nachbarhütte räumen lassen und dann die Trouts wie ein livrierter Portier mit weit ausholender Bewegung zum Eintreten aufgefordert. Durch die Wände aus Gras fielen einzelne Lichtstrahlen in den düsteren Innenraum, doch kaum ein Luftzug drang in die stickige Enge vor.
Der Boden bestand aus gestampfter Erde, an den Stützpfosten waren einige Hängematten befestigt, und zwei primitive Hocker sowie eine kleine Arbeitsfläche, alles aus Baumstümpfen gefertigt, stellten die komplette Einrichtung dar. Die drückende Hitze und das einfache Quartier waren Trout egal. Weitaus mehr beunruhigte ihn der Eindruck, er und Gamay seien in eine Falle gelockt worden.
Er hob die Nase, genau wie sein Vater dies manchmal getan hatte, wenn er morgens von Kap Cod in See stechen wollte. Paul konnte den Fischer regelrecht vor sich sehen, wie er vor Anbruch der Dämmerung im Dunkeln zum Ende des Piers ging und wie ein alter Jagdhund schnüffelte. Meistens sagte er dann:
»Erstklassig, Kumpel. Lass uns fischen gehen.« Aber manchmal rümpfte er nur die Nase und machte sich wortlos auf den Weg ins nächste Cafe. Jegliche Zweifel an der Verlässlichkeit seiner Instinkte verschwanden, als er eines schönen Morgens im Hafen blieb und sechs seiner Kollegen später auf See von einem plötzlichen Sturm überrascht wurden, der sie das Leben kostete. Die Luft habe einfach nicht gut gerochen, erklärte der alte Trout anschließend.
Genau dieses Gefühl hatte Paul jetzt auch, wenngleich er sich weit von der Küste entfernt im Herzen des venezolanischen’ Regenwalds befand. Es war einfach viel zu still hier. Man hörte weder Stimmen noch jemanden husten oder sonst irgendein Anzeichen für die Gegenwart menschlicher Wesen. Solange es noch hell gewesen war, hatte Trout sich alle Einzelheiten des Dorfs in sein nahezu fotografisches Gedächtnis eingeprägt.
Langsam überkam ihn die Befürchtung, die gesamte Bevölkerung der Ansiedlung sei lautlos in der Nacht verschwunden. Er wich vom Eingang der Hütte zurück und beugte sich über die reglose Gestalt in einer der Hängematten. Gamay streckte die Hand aus und strich ihm sanft über das Gesicht.
»Ich bin wach und hab nachgedacht«, sagte sie.
»Worüber?«
Sie setzte sich auf und schwang die Beine aus der Hängematte. »Ich traue unserem deutschen Freund gerade mal so weit, wie ich ihn werfen könnte. Nicht, dass ich ihn je anfassen würde!
Igitt.
«
»Das geht mir genauso. Ich glaube, wir werden beobachtet.«
Er schaute kurz in Richtung der Tür. »Diese Hütte erinnert mich an einer Hummerfalle. Ein Eingang, kein Entkommen, außer in den Kochtopf. Ich schlage vor, wir verbringen die Nacht lieber im Boot.«
»Einverstanden, so sehr ich es auch hasse, diese Luxusherberge zu verlassen. Eine Frage noch. Wie sollen wir uns unbemerkt wegschleichen, wenn jemand uns beobachtet?«
»Ganz einfach, wir
Weitere Kostenlose Bücher