Brennendes Wasser
trug immer noch seinen Neoprenanzug, doch die restliche Ausrüstung war weg. Mühsam richtete er sich auf, was sich als gar nicht so einfach erwies, denn ihm taten alle Glieder weh, und er lag auf einem glitschigen Haufen Fische.
Am anderen Ende des Boots saß ein Angler, der dem ersten Mann – einschließlich der Zahnlücken – ziemlich ähnlich sah, und behielt Zavala im Auge. Joes sonst so ordentlich gekämmtes Haar stand wild in alle Richtungen ab, und seine Kleidung war tropfnass. Er wirkte benommen, aber war bei Bewusstsein.
»Alles klar?«, rief Austin.
Ein zappelnder Fisch sprang auf Zavalas Schoß. Vorsichtig packte er das Tier bei der Schwanzflosse und warf es zu den anderen. »Meine Knochen sind noch ganz. Jetzt weiß ich, wie es sich anfühlt, aus einer Kanone abgefeuert zu werden. Und bei dir?«
»Bloß ein paar kleinere Wehwehchen.« Austin rieb sich erst die schmerzende Schulter, dann die Beine. »Ich fühle mich wie durch die Mangel gedreht, und in meinem Kopf klingelt unaufhörlich ein Telefon.«
»Du hörst dich an, als würde deine Stimme noch immer aus dem Kopfhörer kommen. Was ist denn bloß passiert? Ich hatte dich mit der Brogan gerade wieder eingesammelt, als plötzlich die Hölle losbrach.«
»Es gab unter Wasser eine Explosion.« Austin schaute hinaus auf die spiegelglatte See. Das Boot lag ein Stück vor der Mündung der Bucht. Die
Sea Robin
war nirgendwo zu sehen. Kurt runzelte verwirrt die Stirn. Contos und seine Crew mussten die Detonation bemerkt haben. Weshalb waren sie nicht hergekommen, um nachzuschauen?
Er wandte sich wieder den eigenen Problemen zu. »Würdest du unsere Freunde bitte mal fragen, wie wir hergekommen sind?«
Zavala wiederholte die Frage auf Spanisch. Einer der beiden Männer antwortete ihm in rasend schnellem Tempo, während der andere zustimmend nickte. Zavala bedankte sich und übersetzte für Kurt.
»Dieser Mann hier heißt Juan«, sagte Joe. »Er erinnert sich noch von gestern an uns. Der andere ist sein Bruder Pedro. Sie haben hier geangelt, als plötzlich ein dumpfer lauter Knall zu hören war und das Wasser der Lagune zu brodeln und schäumen anfing.«
»
Si, si, la bufadora
«, sagte Juan. Er warf die Hände in hohem Bogen empor, als wäre er ein Dirigent, der von seinem Orchester ein Crescendo einforderte.
»Was meint er mit dieser Geste?«, fragte Austin.
»Er sagt, das Geräusch habe ihn an das berühmte Felsloch bei Ensenada erinnert, wo die Brandung in einen Spalt zwischen den Klippen fährt und einen donnernden Knall verursacht. Allerdings sei es hier deutlich lauter gewesen. Hinter der Tortilla-Fabrik ist ein Stück der Klippe geborsten. Es gab hohe Wellen, und das Boot wäre beinahe gekentert. Dann sind wir plötzlich an der Oberfläche aufgetaucht. Sie haben uns wie zwei zu groß geratene Sardinen an Bord gezogen, und hier sind wir nun.«
Erneut suchte Austin das Meer ab. »Hat er die
Sea Robin
erwähnt?«
»Sie haben vorhin ein Schiff gesehen. Der Beschreibung nach muss es die
Robin
gewesen sein. Es ist auf die andere Seite der Landzunge gefahren und hat sich seitdem nicht mehr blicken lassen.«
Langsam machte Austin sich Sorgen um Contos und die Besatzung. »Bitte bedank dich bei unseren Wohltätern für die Rettung und frag sie, ob sie uns netterweise hinter die Landspitze bringen würden.«
Zavala übersetzte Austins Bitte, woraufhin die Fischer den alten Mercury-Außenborder anwarfen. Zunächst stieg nur eine blaue Qualmwolke empor, aber dann erwachte der Motor hustend wie eine asthmatische Popcornmaschine zum Leben und ließ das Boot mühelos über die glatte See gleiten. Juan übernahm die Ruderpinne, und als sie den Landvorsprung umrundeten, wurde ihnen sofort klar, warum die Sea Robin den Ankerplatz nicht verlassen hatte. Genau genommen würde das NUMA-Schiff für eine Weile überhaupt keine Reise mehr unternehmen können.
Auf Deck türmte sich ein kleiner Berg aus Erde und Felsbrocken auf, und der Rumpf hatte schwere Schlagseite nach steuerbord. Die große Winde am Heck und die frei stehenden Kräne auf dem Achterdeck waren von dem Schutt wie Spielzeuge geknickt worden. In der steilen Klippenwand oberhalb der
Sea Robin
hatte der Felsrutsch eine gelbliche Gesteinsschicht freigelegt. Die Crew rückte dem Chaos unterdessen mit Schaufeln und Stemmeisen zu Leibe und beförderte so viel Geröll wie möglich über die Bordwand ins Wasser. Für die größeren Felsen benutzten sie einen Gabelstapler.
Juan ging mit dem kleinen
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