Brennendes Wasser
Zimmerservice etwas anderes zu bieten hat.« Er schaltete das Funkgerät ein, aber sie hörten nur statisches Rauschen. »Ich wette, Phileas Fogg hat nie so spartanisch leben müssen«, sagte Paul stirnrunzelnd. »Ach, was soll’s, ich nehme Blaubeere.«
Gamay reichte ihm den Riegel und eine warme Flasche Mineralwasser. »Was für eine Nacht!«
»Ja, nachdem wir skrupellosen Biopiraten in die Hände gefallen sind, einen kaltblütigen Mord mit ansehen mussten und nur knapp den wilden Indios entkommen konnten, scheint mir diese Feststellung durchaus gerechtfertigt zu sein.«
»Wir verdanken Tessa unser Leben. Ich frage mich, wie sie je an Dieter geraten konnte.«
»Sie wäre nicht die erste Frau, die sich in einem Mann geirrt hat. Falls du nicht den Sohn eines Fischers, sondern stattdessen einen Anwalt oder Arzt geheiratet hättest, würdest du jetzt vermutlich in dem Pool hinter eurem Haus schwimmen, anstatt hier oben zu sitzen.«
»Wie langweilig.« Nachdenklich kaute Gamay auf ihrem Frühstücksriegel herum. »Hast du eine Ahnung, wo wir sind, du Sohn eines Fischers?«
Er schüttelte den Kopf. »Ich wünschte, mein Dad wäre hier.
Er hat noch gelernt, auf die altmodische Art zu navigieren, bevor wir alle anfingen, uns nur auf die Elektronik zu verlassen.«
»Was ist mit dem Kompass?«
»Der nützt nicht viel, solange man keine Geländepunkte hat, an denen man sich orientieren könnte. Das da ist offensichtlich Osten.« Er wies auf die Sonne.
»Das Dorf des Deutschen befand sich südwestlich von Ramirez«, sagte Gamay. »Wie wär’s, wenn wir dieses Ding nach Nordosten lenken würden?«
Paul kratzte sich am Kopf. »Das würde nur dann funktionieren, wenn wir sicher sein könnten, dass wir uns noch am Ausgangspunkt unserer Luftreise befinden. Es hat jedoch die ganze Nacht hindurch ein leichter Wind geweht, und ich weiß nicht, wie weit wir abgetrieben worden sind. Die Abweichung könnte inzwischen ziemlich beträchtlich sein, und wir haben nur noch einen begrenzten Gasvorrat für die Brenner übrig. Welche Entscheidung wir auch treffen, es muss die richtige sein. Die Benzintanks sind zwar voll, aber der Schub nützt uns nicht viel, wenn wir an Höhe verlieren.«
Gamay ließ den Blick über den Ozean aus Laub schweifen.
»Es ist wunderschön hier.«
»Nicht so schön wie drei Eier mit Speck und Bratkartoffeln.«
Sie reichte ihm noch einen Müsliriegel. »Benutz deine Fantasie.«
»Das tue ich ja. Ich versuche mir vorzustellen, wie das Luftschiff ursprünglich an diesen Ort gelangt ist. Vielleicht sind die Leute den ganzen Weg damit hergeflogen, aber irgendwie glaube ich nicht daran, denn das Schiff ist zu klein, um die dafür notwendigen Vorräte und Treibstoffreserven zu transportieren.
Ich vermute eher, dass es erst ganz in der Nähe von Dieters Dorf zusammengebaut und in Betrieb genommen wurde.«
»Und da es hier keine Straßen gibt, hat man es wahrscheinlich auf dem Wasser hergebracht«, griff Gamay den Gedankengang auf. »Falls wir den Fluss oder einen Seitenarm ausfindig machen würden, könnten wir auf diese Weise zu Dr. Ramirez zurückfinden. Vielleicht sollten wir höher aufsteigen, um ein größeres Gebiet zu überblicken.«
»Hervorragende Idee«, sagte er und betätigte mit dem Fuß das Propangasventil.
Die Brenner reagierten mit heiserem Fauchen, und kurz darauf begann das Luftschiff zu steigen. Unterdessen schmolzen die Nebelschwaden in der Sonnenhitze dahin und ließen in zahlreichen grünen Flecken das Blätterdach erkennen. Auf den Wipfeln wuchsen vereinzelte Ansammlungen rötlicher Blüten, die aussahen wie Korallenriffe.
Sie hatten eine Höhe von neunhundert Metern erreicht, als Gamay plötzlich die Augen zusammenkniff. »Da vorne ist irgendwas.«
Paul betätigte den Anlasser des Antriebs und drehte das Steuerrad, das über Bowdenzüge mit dem Ruder verbunden war. Der wassergekühlte Motor begann leise zu surren, und das Luftschiff schwenkte langsam herum. Sobald es die eigene Masseträgheit überwunden hatte, gewann es allmählich an Fahrt, und wenig später schob der Propeller sie mit einer Geschwindigkeit von rund fünfzehn Kilometern pro Stunde voran. Gamay hatte ein Fernglas gefunden und suchte damit den Horizont ab.
»
Unglaublich
«, sagte sie, nachdem der Dunst sich ein weiteres Stück verflüchtigt hatte.
»Was siehst du?«
Die Antwort ließ einen Moment auf sich warten. »Die Hand Gottes«, erwiderte Gamay dann mit stiller Demut.
Paul zögerte. Er hatte kaum
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