Bretonische Verhältnisse
dem Essen war er mit Madame Lajoux an der Bar, es ging um Geschäftliches, nichts Ungewöhnliches nach Aussage von Madame Lajoux. Nach dem Schließen des Restaurants war er alleine an der Bar, eigentlich kam Fragan Delon montags gerne, er war aber verreist. Dienstagmorgen kam Frédéric Beauvois, ungefähr eine Stunde, so um neun Uhr, ein pensionierter Kunstlehrer, unter anderem Vorsitzender des örtlichen Kunstvereins. Er leitet zudem das Kunstmuseum, gleich hier um die Ecke. Pennec hat dem Museum hin und wieder Beträge gespendet, wir wissen noch nichts über die Höhen dieser Spenden. Beauvois macht ab und zu Führungen für besondere Gäste Pont Avens, auf Initiative des Bürgermeisters und Pennecs; dann ist das Central natürlich eine feste Station auf dieser Tour. Morgen wäre die nächste Führung gewesen. Beauvois hat vor ein paar Jahren eine kleine Broschüre für Pennec entworfen, die hier überall im Hotel ausliegt, Die Künstlerkolonie von Pont Aven und das Hotel Central . Pennec hat alles bezahlt, auch den Druck. Die wollte er unbedingt erweitert haben. Darüber hatten sie sprechen wollen.«
»Woher wissen wir das?«
»Madame Lajoux. Und Delon wusste auch etwas davon, wenn auch nichts Genaues.«
Delon hatte Dupin gegenüber nichts von einem Beauvois erwähnt.
»Madame Lajoux wusste, dass Pennec Beauvois wegen der Broschüre sehen wollte.«
»Was heißt unter anderem?«
»›Unter anderem‹?«
»Was Beauvois ›unter anderem‹ ist?«
»Oh – er ist Vorsitzender mehrerer Vereine und Organisationen.«
Riwal blickte auf seine Notizen.
»Da wären die Vereinigung der Freunde Paul Gauguins , die Vereinigung der Freunde Pont Avens , die Organisation zur Erinnerung an die Schule von Pont Aven , der Verein der Mäzene der Kunst und …«
»Ist gut, Riwal.« Dupin kannte das. In der Bretagne gab es in jedem Ort mehr Vereine als Einwohner.
»Wann wurde die Verabredung getroffen?«
»Wohl erst Montag. Sie haben sich regelmäßig getroffen. An den Abenden dieser Woche hat Pennec wie immer mit den Angestellten gegessen.«
»Was noch?«
Riwal schaute auf seine Notizen.
»Der Sohn von Monsieur Pennec war Mittwochabend da. Aber das wissen Sie ja sicher von Loic Pennec selbst.«
Dupin fiel ein, dass er nach diesen Dingen gar nicht so konkret gefragt hatte, als er bei den Pennecs gewesen war. Aber sein Besuch hatte ja auch einen anderen Charakter gehabt.
»Der Sohn kam in der Regel ein Mal die Woche. Meistens eben abends die halbe Stunde vor dem Abendessen, an die Bar. Er blieb nie lange. Donnerstag kam der Chef des kleinen Hafens von Pont Aven, Monsieur Carlé, der auch alle möglichen Posten innehat; er ist unter anderem Vorsitzender mehrerer Freundschafts-Komitees, in denen Pennec Mitglied war. Das Gespräch hat etwas länger als die gewöhnliche halbe Stunde gedauert. So bis Viertel vor acht. Es ging hauptsächlich um Pennecs Hafenplatz für sein Boot. Er wollte ihn verlängern, er hat wohl einen besonders privilegierten Platz. Wir haben kurz mit Carlé gesprochen. Er wusste nichts Besonderes zu berichten, Pennec schien ihm wie immer.«
»Pennecs Boot liegt hier im Hafen?«
»Er hat zwei Boote. Sie liegen beide hier in Pont Aven.«
»Zwei Boote?«
Alle hatten bislang nur von einem Boot gesprochen.
»Zwei Motorboote. Ein neueres, größeres. Jeanneau Merry Fisher, sieben Meter fünfzehn.«
Riwals Augen leuchteten.
»Und ein sehr altes, wohl viel kleineres. Das alte liegt auch hier im Hafen, aber weiter unten. Er fuhr offenbar fast nur noch mit dem neuen, auch bei seinen Angelausflügen mit Delon.«
»Und das andere Boot, wozu benutzte er das?«
»Damit fuhr er anscheinend ganz selten, den Aven runter, in den Belon hinein manchmal, Austern holen.«
»Noch mehr? Was haben Sie, Kadeg?«
»Den Angestellten des Hotels ist in den letzten Tagen nichts aufgefallen. Wir haben intensiv mit allen gesprochen. Er hat sich vollkommen normal verhalten, sagen sie.«
»Das habe ich auch schon gehört.«
Kadeg ließ sich nicht aus der Ruhe bringen.
»Wir haben sie gebeten, sich umgehend bei uns zu melden, wenn jemandem noch etwas einfällt.«
»Weiter.«
»Dann waren da noch drei Personen, mit denen Pennec sich länger unterhalten hat in den letzten Tagen, zwei davon Stammgäste. Ein Gespräch am Dienstagabend, vor dem Essen die halbe Stunde, und eines am Mittwoch, das war spät abends an der Bar. Auch eine halbe Stunde ungefähr. Wir haben die Personalien. Riwal hat schon mit beiden geredet. Es waren
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