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Brezeltango

Brezeltango

Titel: Brezeltango Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Kabatek
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krigd hen! Net bloß so ’s Ibliche wie zom Beispiel a dreißigdeiligs Kaffee- on Dafelset. Noi, au an Gurgasternle-Stecher, a Silberzwiebelzang, a Ausstecherlesform, die Hasaohra ausschdichd, die mr noo an d’ Kaffeedass drahänge kaa, ond a sprechende Personawaag, die Deitsch on Englisch kaa!«
    »Ich … ich muss dringend aufs Klo. Das Apfelschorle«, stotterte ich und stürzte aus der Küche.
    »Em Flur rechts«, brüllte mir Tanja hinterher.
    Leon und Martin waren zum Glück nirgends zu sehen. Ich verriegelte die Klotür, ließ mich auf den Deckel fallen und atmete tief durch. Kinder, Hochzeiten, Tassenkeks-Ausstechformen und Englisch sprechende Personenwaagen – das war mir alles zu viel. Ich war fix und fertig. Ich wollte doch nur mit Leon befreundet sein und das Leben genießen. Und wieder einen Job finden. Und keine Salatsoßen machen. O je. Ich hatte noch nicht mal mit der Soße angefangen! Das war jetzt dringender, als über Hochzeiten und Geburten nachzudenken. Tanja zu gestehen, dass ich keine Ahnung hatte, ging nicht, schließlich wollte ich Leon nicht blamieren. Essig und Öl gehörten in jedem Fall an den Salat. Und was sagte Lila immer? »Das Wichtigste beim Kochen ist die Inspiration. Rezepte nachkochen kann jeder. Entscheidend ist das Gefühl! Dann klappt es von ganz alleine.« Das war die Lösung! Ich fühlte mich total inspiriert. Ich würde einfach darauf bauen, dass die Inspiration meine Hand lenken würde. Ich pfriemelte noch rasch die festgebackenen Wattebäusche aus meinen Zehenzwischenräumen und warf sie in den niedlichen Toiletteneimer, dann betätigte ich die Spülung, weil ich ja angeblich auf dem Klo gewesen war, und verließ das Klo mit frischem Mut.
    Aus dem Obergeschoss drangen jetzt wilde Schreie. »Ich mach dich fertig!«, brüllte Martin. »Ich krieg dich, du Arsch!« Leon.
    Nach einer Fachsimpelei über Bodenbeläge klang das nicht gerade. Seltsam. Leon war eigentlich ein typisches Gewächs der Norddeutschen Tiefebene. Ruhig, stets freundlich. Was ging da oben vor?
    Ich ging zurück in die Küche. Tanja verteilte gerade den Nachtisch in vier Schälchen.
    »Tanja, ich bin mir nicht sicher, was Martin und Leon da oben machen. Es klingt irgendwie schrecklich. Vielleicht willst du mal nachsehen?«
    Auf diese Weise bekam ich Tanja aus der Küche und niemand stand der Inspiration im Weg.
    »Die sen sicher an dr Bleisteischn von onsre Zwilleng. Kaum sen die Kloine amol fort … Doo muss i Dampf neilassa. Sonschd kriaged mir heit nix meh zom Essa!« Sie rauschte zur Tür hinaus.
    Endlich war ich unbeobachtet. Um die Inspiration zu beflügeln, fuhr ich erst einmal mit dem Finger durch die Nachtischschüssel. Lecker! Und nun? Ich stellte mich vor das Regal und schloss die Augen. Inspiration. Inspiration! Ich hielt meine Hände über die Gewürzdöschen. Merkte ich einen Ausschlag? Ha! Meine Finger zuckten nach unten, als hätte ich eine Wünschelrute in den Händen. Hurra! Ich war ein Salatsoßen-Medium! Konnte ich mich damit bei Thomas Gottschalk bewerben und berühmt werden? Ich tastete nach den Döschen, zog zwei heraus und ohne zu überprüfen, was es war, ging ich zur Schüssel, öffnete die Deckel und schüttete eine ordentliche Menge Was-auch-Immer auf den Salat. Es rieselte rot und hellbraun. Sehr gut! Das machte sich farblich sehr schön auf den Gurken. Ich wiederholte das Prozedere. Diesmal brauchten meine Hände etwas länger, und der Ausschlag war nicht so kräftig. Ich nahm einfach etwas weniger. Wie viel Würze brauchte so ein Salat? Vielleicht noch ein letztes Mal. Leider spürte ich diesmal gar nichts, also griff ich blind in die Döschen. Dann ordentlich Öl und Essig, Pfeffer und Salz, damit konnte ich ja nun wirklich gar nichts falsch machen, und nun den Salat mischen. Dabei fielen mir ziemlich viele Blätter aus der Schüssel. Ich stopfte sie mit den Fingern wieder zurück. Sollte ich den Salat nicht lieber probieren? In diesem Augenblick kam Tanja in die Küche. Wahrscheinlich fand sie es nicht akzeptabel, wenn ich den Salat mit den Fingern probierte. Nun, auf meine Inspiration war Verlass. Das würde schon klappen.
    »Fertig«, sagte ich und strahlte Tanja an.
    »Subbr. Jetz kaas au losganga.«
    Sie nahm den Brotkorb und ich folgte ihr mit der Salatschüssel. Martin hatte sich mittlerweile eine Schürze umgebunden, auf der ein Schwein auf zwei Beinen abgebildet war und »Mei goldig’s Grillmeischderle« stand, und bewachte mit einer Grillzange in der Hand ein

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