Brian Lumleys Necroscope: Buch 2 - Vampirbrut (German Edition)
mörderische Kröte Theo Dolgikh betraf …
Zek stand auf, spritzte sich kaltes Wasser ins Gesicht und ging hinunter in den Keller, wo sich die verschiedenen experimentellen Labors des Schlosses befanden. Auf dem Weg die Treppe hinab und durch den Korridor traf sie einen Techniker, der Nachtdienst hatte, und einen Psychosensitiven. Beide nickten ihr respektvoll zu, doch sie bemerkte sie kaum und rauschte einfach an ihnen vorbei. Auch sie musste jemandem Respekt bezeugen – einem Mann, der so gut wie tot war.
Sie schloss das Hirnlabor auf, schnappte sich einen Metallstuhl und setzte sich neben Alec Kyle, berührte seine bleiche Haut. Sein Puls war unregelmäßig, das Heben und Senken seiner Brust schwach und abnormal. Er war ganz und gar hirntot, und in weniger als vierundzwanzig Stunden … Die Behörden in Westberlin würden nicht wissen, wer er war und was ihn getötet hatte. Aber es war ganz einfach Mord gewesen.
Und sie hatte sich mitschuldig gemacht. Man hatte sie getäuscht, hatte ihr versichert, Kyle sei ein Spion, ein Feind, dessen Wissen von größter Bedeutung für die Sowjetunion sei, während es in Wirklichkeit nur für Ivan Gerenko lebenswichtig gewesen war. Sie hatte sich vor dieser kranken Person gerechtfertigt, hatte Ausflüchte gebraucht, als er ihr die Mitschuld vor Augen geführt hatte – aber gegen ihr eigenes Gewissen konnte sie sich nicht zur Wehr setzen.
Das war natürlich bequem für Gerenko und Tausende, die ihm ähnlich waren. Sie lasen nur die Berichte. Zek dagegen las die Gedanken, und das war eine ganz andere Angelegenheit. Eine Persönlichkeit ist kein Buch. Bücher beschreiben lediglich Gefühle, aber nur selten kann man diese mitempfinden. Doch für einen Telepathen ist das Gefühl real, unverfälscht und kraftvoll. Sie hatte nicht einfach Alec Kyles gestohlenes Tagebuch gelesen! Sie hatte sein Leben miterlebt! Und dabei geholfen, es ihm zu rauben.
Ein Feind – nun, das kam darauf an, wie man es betrachtete. Er diente natürlich einem anderen Land und einem anderen System. Aber eine Bedrohung? Sicher gab es ganz oben in seiner Regierung auch Personen, die es gern gesehen hätten, wenn Russland unterworfen worden wäre. Doch Kyle war kein Militarist gewesen und kein subversiver Stratege, der an den Fundamenten der kommunistischen Identität und Gesellschaft sägte. Nein, er war Humanist gewesen, hatte einen überwältigenden Glauben daran gehegt, dass alle Menschen Brüder sind oder zumindest sein sollten. Und sein einziger Wunsch war es gewesen, ein Gleichgewicht der Kräfte zu erhalten. Bei seiner Arbeit für das britische E-Dezernat war er benutzt worden, genau wie sie benutzt wurde, obwohl sie beide für größere und wichtigere Ziele hätten arbeiten müssen.
Und wohin hatte das Alec Kyle geführt? Nirgendwohin. Sein Körper lag hier und sein Geist, sein scharfer und guter Verstand, war für immer verloren.
Mit tränenverhangenen Augen blickte Zek auf und warf der Maschinerie vor diesen sterilen Wänden einen hasserfüllten Blick zu. Vampire? Die Welt war voll von ihnen. Was sonst waren denn diese Maschinen, die sein Wissen aus ihm herausgesaugt und ihn leer gewaschen hatten? Aber eine Maschine kann keine Schuldgefühle entwickeln, denn das ist Menschen vorbehalten.
Sie kam zu einem Entschluss: Sie würde versuchen, einen Weg zu finden, sich vom E-Dezernat zu lösen. Es hatte auch früher schon Fälle gegeben, in denen ein Telepath seine Kräfte verlor oder ausbrannte. Warum sollte ihr das nicht passieren? Wenn sie das vortäuschen und Gerenko davon überzeugen könnte, dass sie seiner finsteren Organisation nicht mehr nützen würde, dann …
Zeks Gedankengang wurde an diesem Punkt unterbrochen. Ihre Fingerspitzen lagen noch auf Kyles Handgelenk, und mit einem Mal schlug sein Puls regelmäßig und kräftig. Seine Brust hob und senkte sich nun wieder rhythmisch, und sein Verstand … sein Gehirn?
Nein, es war der Verstand eines anderen! Eine erstaunliche Woge psychischer Kräfte ging von ihm aus und überspülte sie. Es war keine Telepathie, war überhaupt nichts, was Zek jemals zuvor gespürt hatte, aber was es auch sein mochte, stark war es jedenfalls! Sie riss ihre Hand zurück und sprang auf. Ihre Knie waren weich, und sie stand nach Luft schnappend und mit weit aufgerissenen Augen da und starrte diesen Mann an, der auf dem Operationstisch lag, der eigentlich sein Totenbett sein sollte. Seine Gedanken, die eben noch völlig wirr und unkoordiniert gewesen waren,
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