Brian Lumleys Necroscope: Buch 2 - Vampirbrut (German Edition)
einen Plastiksack und in die Verbrennung. Das war’s.«
»Eine Missgeburt?« Der Dünne nickte. »Kommt ja öfter mal vor.«
»Na ja, Missgeburt ist vielleicht der falsche Ausdruck … irgendwie unförmig, würde ich sagen!«, informierte ihn sein Tischnachbar. »Wie hat meine Mary gesagt? Ein riesiger Tumor in ihr drin! So ’ne Art Fleischklumpen mit Fasern dran. Aber schon ein Kind … auch eine Nachgeburt und was sonst dazugehört! Meine Mary hat gemeint, da waren Augen, die nicht dort hingehörten, und Zähne, und es muss grausig gewimmert haben, als Licht darauf fiel!«
George trank aus, bezahlt hatte er schon zuvor, stand auf und ging hinaus in die Hitze des Nachmittags, die ihm wie eine Wand entgegenschlug. Er hatte definitiv genug gehört.
Auf halbem Weg zurück hielt plötzlich sein Wagen neben ihm an, und Anne rief: »Steig hinten ein!« Sie trug einen Strohhut mit einem breiten schwarzen Band, das einen perfekten Kontrast zu ihrem hellen Sommerkleid bot. Helen, die auf dem Beifahrersitz saß, hatte denselben Hut auf, nur mit einem roten Band. »Wie gefällt dir das?«
Anne lachte, als sich George auf den Rücksitz fallen ließ und die Tür zuschlug. Mutter und Tochter reckten die Hälse und zeigten kokett ihre neuen Hüte. »Wie Dorfschönheiten, die einen Ausflug machen, ja?«
»In dieser Gegend«, antwortete George düster, »müssen die Dorfschönheiten sehr vorsichtig sein mit dem, was sie unternehmen.« Doch er erklärte nicht, worauf er anspielte, und er hätte sowieso Harkley nicht im gleichen Atemzug mit jener Geschichte erwähnt, die er im Gasthaus belauscht hatte. Er nahm zur Sicherheit an, er habe den Anfang des Gesprächs nicht richtig verstanden oder falsch interpretiert. Allerdings wurde er den Rest des Tages über die bedrückende Erinnerung einfach nicht los.
Am nächsten Morgen – es war Dienstag – stand George spät auf. Anne wollte ihm das Frühstück ans Bett bringen, doch er hatte abgelehnt und war wieder eingeschlafen. Als er sich um zehn Uhr aufrappelte, war es still im Haus. So bereitete er sich ein kleines Frühstück, das ihm aber nicht schmecken wollte, und danach fand er im Wohnzimmer Annes Zettel:
Liebling,
Yulian und Helen machen einen Spaziergang mit Wlad. Ich fahre mit Georgina ins Dorf und kaufe ihr etwas Hübsches. Wir sind zum Mittagessen zurück.
Anne
George seufzte frustriert und kaute verärgert auf seiner Unterlippe herum. Heute Morgen hatte er sich aus reiner Neugier in diesen Kellergewölben umsehen wollen. Yulian hätte sie ihm doch zeigen können. Und was den Rest des Tages betraf, hätte er die Frauen gern zum Strand nach Salcombe gefahren. Ein Tag am Strand könnte vor allem Georgina guttun. Und Helen hatte zuletzt ein wenig blass gewirkt – auch für sie wäre die salzige Seeluft bestimmt gesund gewesen. Es sah Anne ähnlich, dass sie alle wie ein Taxifahrer herumkutschierte, kaum dass sie aus London weg waren!
Na ja, vielleicht konnten sie wenigstens am Nachmittag ans Meer fahren. Aber was sollte er nun mit dem ganzen Vormittag anfangen? Ein Spaziergang nach Paignton, in die Altstadt und zum Hafen? Der Weg war recht weit, obwohl er natürlich unterwegs auch irgendwo einkehren konnte. Und wenn es ein bisschen zu spät wurde, konnte er immer noch mit dem Taxi zurückfahren.
Also ging er kurz entschlossen los. Sein Fernglas nahm er mit. Unterwegs blickte er öfter zu dem etwas weiter weg gelegenen Brixham jenseits der Bucht hinüber, in dessen Nähe jene Klippe lag …
Er kam mit dem Taxi gegen halb eins zurück und ließ den Fahrer schon an der Einfahrt nach Harkley anhalten. Mit sich und der Welt zufrieden – er hatte den langen Spaziergang genossen und kam nun pünktlich zum Mittagessen nach Hause – schlenderte er den sich bis zum Haus windenden Kiesweg entlang, vorbei an dem Wäldchen, wo Buchen, Birken und Erlen sich dicht aneinanderdrängten, von einer einzeln stehenden mächtigen Zeder überragt, und stand mit einem Mal vor seinem achtlos abgestellten Auto. Die Vordertüren standen offen, und der Zündschlüssel steckte. George sah leicht irritiert den Wagen an und drehte sich dann langsam im Kreis, um die Umgebung zu mustern.
Wie ein Märchenwald wurde der Hain von einem einst eleganten weißen dreistrebigen Zaun umgeben, und mitten durch schlängelte sich ein überwachsener Pfad. Der Zaun stand nun schief und war an den meisten Stellen nicht mehr weiß. Wild wucherndes Gestrüpp wuchs zu beiden Seiten. George spähte in das
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