Bride 02 - Tempel Der Liebe
die Kraft aufgebracht, seine Absicht durchzuführen.
Nun war es ratsam, dass er diese Kraft fand. Er eilte in sein Zimmer und zog seine Reitkleidung an. Unten in der Diele lief ihm der alte Wrexham über den Weg. »Du hast Glück gehabt«, sagte er mit beißender Schärfe. »Troth hat einen Teil unseres Gespräches mitangehört und ist abgereist. Ich hoffe, dass ich sie zur Rückkehr bewegen kann, aber ich könnte es ihr nicht zum Vorwurf machen, wenn sie sich weigert.«
»Verdammt noch mal! Das habe ich nicht gewollt.« Eine steile Falte stand auf Wrexhams Stirn. »Vielleicht ist sie eher bereit zurückzukommen, wenn ich gehe. Das Parlament ist wieder zusammengetreten und ich sollte schon längst in London sein. Ich kann nicht vor dem Empfang morgen zu deinen Ehren abreisen, aber am nächsten Tag bin ich verschwunden. Das gibt dir Zeit, mit der Kleinen ins Reine zu kommen - oder auch nicht.«
Kyle traute seinen Ohren nicht. »Ich weiß nicht, ob das hilfreich sein wird, aber ich danke dir für deine Rücksichtnahme.«
Wrexham lächelte verschmitzt. »Ich glaube, halbe Chinesen als Enkelkinder sind besser als gar keine.« Mit diesen Worten machte er kehrt, ging den Flur in Richtung Arbeitszimmer entlang und brüllte nach seiner Sekretärin.
Im Stall sattelte Kyle einen Dunkelbraunen, der ihn an Pegasus erinnerte. Malloy, der Stallmeister, der den Zwillingen vor mehr als dreißig Jahren das Reiten beigebracht hatte, tauchte auf, als Kyle die Sattelgurte anzog. »Na, Ihnen ist wohl nach einem halsbrecherischen Galopp zu Mute, Mylord?«
Das hörte sich nicht sehr vielversprechend an. »Kann man sich bei dem hier das Genick brechen?«
Der Stallmeister grinste. »Nee, mein Bester, den sticht nur der Hafer. Sie werden mit Nelson zufrieden sein.«
Malloy hatte Recht. Kaum war Kyle aufgestiegen, bäumte sich Nelson auf und schleuderte Kyle in hohem Bogen ins Stroh. Ein Stalljunge fing Nelson ein. Malloy eilte besorgt herbei. »Haben Sie sich wehgetan, Mylord?«
Leise fluchend winkte Kyle ab. »Nichts passiert.«
Er säuberte seine Kleider und näherte sich Nelson mit stahlharter Entschlossenheit. Wie dumm von ihm! Er hatte ganz vergessen, dass er über ein Jahr lang nicht mehr zu Pferde geritten war. Sheng zählte nicht. Bei einem klugen Tier wie Nelson war es wichtig zu zeigen, wer von Anfang an das Sagen hatte. Fast ein Leben lang war er es gewohnt gewesen zu befehlen, aber in China hatte er diese Gewohnheit abgelegt.
Jetzt trat er dem Pferd wie ein Mann entgegen, der wusste, dass er der Herr und Meister war, nahm seine Zügel, streichelte es einige Minuten, ohne zu erlauben, dass es ihn zurückstieß. Als er glaubte, Nelson habe begriffen, stieg er wieder auf. Dieses Mal war er auf Nelsons Tricks vorbereitet und saß seine Sprünge aus.
Als das Tier endlich gehorsam stehen blieb, meinte Malloy: »Die gute Hand mit Pferden haben Sie nicht verloren.«
»Etwas eingerostet, aber doch noch brauchbar.« Kyle trabte in den Hof, dann gab er dem Pferd die Zügel frei und ermunterte es zu einem übermütigen Galopp über die Hügel in Richtung Northampton.
Er war sich sicher, Troth zu finden - aber was dann?
KAPITEL 33
Kyle war die Freude am Reiten vergangen, als er erschöpft in Northampton eintraf. Die Kerkerhaft hatte nicht nur seinen Gefühlen und seiner Seele zugesetzt, sondern auch seiner Gesundheit. Die schweren Malariaanfälle hatten seine Kräfte verbraucht. Da er querfeldein geritten war, konnte Troths Kutsche höchstens kurz vor ihm eingetroffen sein.
Mit ein wenig Glück würde er sie in einer Kutschherberge finden. War sie bereits weitergefahren, nun, dann würde ihr auffallendes Äußeres ihn leicht auf ihre Spur setzen.
Aber was, zum Teufel, sollte er ihr sagen, wenn er ihr gegenüber stand? So wie er eine Aussprache mit seinem Vater vermieden hatte, war er auch Troth ausgewichen. Er wusste, dass das Gespräch schmerzlich sein würde. Einer Auseinandersetzung hatte er sich einfach nicht gewachsen gefühlt. Es war unvermeidlich, dass sich die Lage verschlimmerte. Bei der Erinnerung an Troths Schlafzimmer schloss er, dass sie Dornleigh im Zorn verlassen hatte und dass sie zutiefst verletzt war.
Das Vertrackte daran war, dass sie gehen musste, um sich ihren Wunschtraum zu erfüllen. Sie wollte ein neues Leben beginnen. Nur aus Anständigkeit und Treue war sie auf Dornleigh geblieben, auch wenn sie dieses Haus nicht mochte. Doch konnte er es nicht ertragen, wenn sie sich auf diese Weise trennten,
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