Bride 02 - Tempel Der Liebe
gehört, dass ein Mann, der diese Technik beherrscht, große Befriedigung schenken und erstaunlich ausdauernd werden kann.«
Er versuchte sich vorzustellen, wie das gehen sollte. Vielleicht wäre es möglich. »Hat dir deine Freundin Ling-Ling davon erzählt?«
»Sie ist eine sehr gute Quelle für derartige Informationen«, erwiderte Troth spröde. »Aber in Chenquas Bibliothek gibt es auch sehr viele Bücher.«
»In Kanton habe ich ein solches Buch gesehen.« Man hatte es eines Abends nach dem Dinner zusammen mit dem Portwein herumgereicht. Alle hatten verstohlen hineingesehen, gekichert und Witze gerissen. »Ich konnte den Text natürlich nicht lesen, aber die Bilder würde man in Europa als pornographisch bezeichnen.«
Sie runzelte die Stirn. »Fan-qui-Männer sind wie kleine Jungen, wenn es um sexuelle Beziehungen geht. Der Taoismus lehrt uns, dass erfüllende sexuelle Beziehungen sehr wichtig für ein ausgeglichenes Leben sind. Deshalb gibt es viele Texte, die beschreiben, wie man sie erlangen kann.«
Vielleicht war Troth der körperlichen Liebe gegenüber deswegen so aufgeschlossen. Für eine europäische Jungfrau wäre das undenkbar gewesen. »Von diesem Teil der taoistischen Lehre hast du mir nichts erzählt. Ich möchte mehr darüber wissen.«
»Frauen haben unendlich viel Yin-Energie. Deshalb sollte ein Mann die Vereinigung so lang wie möglich hinziehen und dadurch so viel Yin aufnehmen wie möglich«, erklärte sie. »Es ist wichtig, sich mit Frauen zu vereinigen, die ein glückliches, liebendes Naturell besitzen, weil Liebende die Energie des anderen aufnehmen. Schlechte Energien könnten gefährlich werden.« Sie lächelte verschmitzt. »Es ist notwendig, dass der Mann seine Partnerin befriedigt. Nur so kann er die größte Yin-Energie von ihr bekommen.«
Er begann, ihr seidiges Haar zu einem Zopf zu flechten. »Ich kann verstehen, warum chinesische Frauen diese Weltanschauung gutheißen. Aber wie ist es in Haushalten, wo ein Mann mehrere Frauen und Konkubinen hat?«
»Um wirklich Herr des Hauses zu sein, muss der Mann alle seine Frauen befriedigen. Er hält sein Ching zurück, um seine Pflichten erfüllen zu können. Zehn Mal in einer Nacht wird als gute Leistung betrachtet.«
Es verschlug ihm die Sprache. »Wie viele Männer können das regelmäßig leisten?«
»Nicht so viele, nehme ich an. Aber das ist traditionell gesehen das Ideal. In den Büchern steht, dass durch die Zurückhaltung von Yang eine starke Befriedigung entsteht. Sie wird das Plateau der Lust genannt. Der Samen soll nur verströmt werden, wenn man ein Kind zeugen möchte. Das wird dann die Spitze des Ching genannt.«
Ihre kluge Art bezauberte ihn. »Das ist wirklich faszinierend. Ich werde es ausprobieren.« Und wenn Troth Recht hatte, was das Plateau der Lust anging, dann würde er den Höhepunkt erreichen können, ohne sich zurückziehen zu müssen. Die europäischen Praktiken sahen im Vergleich dazu ziemlich primitiv aus.
Sie blickte mit einem verführerischen Lächeln über ihre
Schulter. »Ich kann mir vorstellen, dass man sehr viel üben muss, um das zu lernen.«
Er erwiderte ihr Lächeln. Was waren das doch für wunderbare Aussichten.
KAPITEL 21
England, Weihnachten 1832
Am 23. Dezember, kurz vor dem jährlichen Weihnachtsball ihrer Gastgeber, kam der Koffer mit Troths Sachen in Warfield Park an. Sie hatte befürchtet, dass der Koffer verloren gegangen war. Aber scheinbar hatte er nur länger für die Reise gebraucht als sie.
Nachdem die Handlanger fort waren, die den Koffer geliefert hatten, kniete sie sich hin und schloss ihn auf. Er war voller Erinnerungen an ihr Leben in China. Sie lagen genau so da, wie sie sie im Hong von Elliott House eingepackt hatte. Traurig nahm sie das feuerrote, reich bestickte Kleid heraus, das Kyle ihr geschenkt hatte. Sie hatte sich so darüber gefreut. Sie faltete das Kleid wieder zusammen und legte es neben sich. Wie schade, dass sie es nie für ihn würde tragen können.
Sie kramte in ihren Sachen und nahm das Dutzend Bücher heraus, das sie nach dem Tod ihres Vaters hatte behalten können. Es wärmte ihr das Herz, sie auf das Bord zu stellen, auf dem sonst die Bände aus der Bibliothek von Warfield standen. Derlei Gegenstände konnten einem helfen, die eigene Identität zu finden.
Ein Klopfen kündigte Meriels Kommen an. »Es wird Zeit, dich für den Ball vorzubereiten«, verkündete die Gräfin. »Die Schneiderinnen haben die ganze Nacht an deinem Ballkleid
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