Bride 02 - Tempel Der Liebe
Die Übung sollte entspannt, ohne Anstrengung durchgeführt werden. Spüre das Chi, spüre, wie ein Lichtfluss durch dich hindurchströmt.«
Ein Lichtfluss. Er stellte sich das Bild vor, entspannte sich und merkte, wie viel einfacher ihm die Übung fiel. Natürlich würde er sich niemals so graziös bewegen können wie sie.
Nachdem sie ihm ein halbes Dutzend Bewegungsmuster gezeigt hatte, führte sie ihm den ganzen Bewegungsablauf langsam noch einmal vor. Er folgte ihr über den Tempelboden unter Kuan Yins wohlwollendem Lächeln und fühlte sich glücklich, unbekümmert und vollkommen in Frieden mit der Welt.
»Gut gemacht!«, rief sie lachend. »Jetzt noch einmal. Die Form muss ein Teil von dir werden, so dass du nicht mehr darüber nachdenken musst, was du tust. Dann kann das Chi frei durch dich strömen.«
»Ist es das Ziel, nicht der Tänzer, sondern der Tanz selbst zu sein?«
»Genau!« Wieder führte sie ihn durch die Form, aber diesmal ging alles schneller. Und wieder folgte er ihren Bewegungen. Langsam vergaß er seinen Körper und ließ seinem Geist freien Lauf. Er lebte nur den Augenblick. Troth war so wunderbar, so anders als jede andere Frau auf der Welt, eine bezaubernde Mischung von Körper und Geist.
War es möglich, glücklich zu sein und es auch bewusst zu genießen? So glücklich, wie er jetzt war ...
Die Form änderte sich. Jetzt übten sie >Amsel, die auf einem Ast landet<. Er war verwirrt, machte einen Schritt nach rechts statt nach links und stieß mit Troth zusammen. »Entschuldigung!«
Sie kicherte unbekümmert wie ein junges Mädchen. Wie viele Jahre hatte sie kein Mädchen sein dürfen? »Fehler passieren nun einmal. Du bist eigentlich recht gut für einen steifen Engländer.«
»Einige von den Ausweichmanövern ähneln dem europäischen Boxen. Im Vergleich zu Wing Chun ist Boxen natürlich nur ein müder Abklatsch. Wie gehen denn die Übungen, die man zu zweit macht?«
»Die einfachste heißt >Klebrige Hände<. Wir drücken die Handrücken aneinander und bewegen dann gemeinsam die Arme. Wenn einer zuschlägt, muss der andere den Schlag abwehren.«
»Ich möchte mich aber nicht schlagen. Trotzdem klingt die Übung interessant.« Er drückte seine Handrücken gegen die ihren. Ihre Hände waren schmal, aber die Finger lang und geschickt. Sie strahlte vor Kraft und Harmonie. »Guter Gott, ich kann dein Chi spüren. Ist das möglich?«
»Ja, man muss die Energie seines Gegners spüren, damit man weiß, was er tun wird, bevor er es tut. Versuche dich zu befreien und ich werde versuchen, dich abzublocken.«
Nachdem er gesehen hatte, wie sie kämpfte, konnte er sich durchaus vorstellen, dass sie wusste, was ihre Gegner taten, noch bevor diese es selbst wussten. Ganz gleich wie er seine Arme bewegte, sie folgte ihm, als klebten sie fest aneinander.
»Das ähnelt eher einem Kampftanz.« Er machte nun auch ein paar Schritte und sie begannen, sich wie Tänzer durch den großen Raum zu bewegen. Ganz gleich, ob er nach vorn drückte, seitwärts auswich oder zurückfiel - sie blieb wie angeklebt bei ihm und lächelte kess. Ihre Füße waren so flink wie die einer schottischen Tänzerin. Er bewegte sich schneller und schneller, bis sie beide außer Atem waren. Trotzdem blieben sie zusammen wie ein Mann und sein Schatten.
Während das Blut in seinen Adern pulsierte, dachte er an den intimen Tanz, den sie letzte Nacht geteilt hatten. Seine Begierde wuchs, bis er an nichts anderes mehr denken konnte. Aber wie konnte er sich von den >klebrigen Händen< befreien?
Er durfte seine Bewegungen nicht planen, da sie immer wusste, was er vorhatte. Stattdessen dachte er an ihren vollen Mund, den schlanken, biegsamen Körper, ihre Hingabe beim Liebesspiel.
Er gab das Denken auf und überließ seinem Instinkt die Oberhand. Dann ließ er die Arme fallen und die Berührung der Hände war unterbrochen. Er packte sie um die Taille und hob sie hoch. »Ich habe gewonnen! Es gibt da noch eine Übung, die wir zu zweit machen können.«
Sie legte die Arme um seinen Hals und umklammerte ihn mit den Beinen. »Es soll gefährlich sein, direkt nach den Chi-Übungen Liebe zu machen, Mylord. Das Feuerelement könnte gewinnen und die inneren Organe angreifen.«
Er blickte sie verwundert an. Es verwirrte ihn, ihren weiblichen Körper in den Armen zu halten. »Wirklich?«
»Ich bin nicht sicher«, gab sie zu. »Aber ich weiß nicht, ob ich es riskieren möchte.«
Er küsste ihren Hals. »Die Gefahr ist sicher
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