Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bride 02 - Tempel Der Liebe

Bride 02 - Tempel Der Liebe

Titel: Bride 02 - Tempel Der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
tatsächlich ein Fan-qui?«
    Der Soldat trank die Tasse in einem Schluck aus und hielt sie dem Standbesitzer zum Nachfüllen entgegen. »Und ob! Ich war einer der Männer, der den rothäutigen Stoppelkopf gefangen hat. Ein großer hässlicher Kerl. Setzte sich wie drei Dämonen zu Wehr.« Er trank wieder, diesmal etwas langsamer.
    Der Teeverkäufer fragte: »Was geschieht mit ihm?«
    Der Soldat ließ sich Zeit, strich seinen Schnurrbart glatt und genoss die Neugier seines Gegenübers. »Morgen früh wird er die Geister seiner Ahnen begrüßen. Der Präfekt gewährt ihm eine europäische Exekution. Ein Dutzend Männer werden ihn bei Tagesbeginn mit ihren Musketen erschießen.«
    »Barbarisch!«
    Der Soldat hob die Achseln. »Für einen Barbaren genau das Richtige.«
    Troth wurde schwarz vor den Augen. Ihr wurde schwindlig. Sie war einer Ohnmacht nahe. Ihr Götter, ein Erschießungskommando! Sie konnten ihn doch nicht einfach so umbringen! Ohne ein Gerichtsverfahren!
    Aber so war es. Wieder sah sie den kalten Schlangenblick des Präfekten vor sich und wusste, dass er zu einem Mord fähig war. Obwohl nur wenige Beamte einen Europäer so überstürzt hinrichten würden, vermutete sie, dass sie Wu Chongs Entscheidung insgeheim billigten.
    Wenn er schnell handelte und behauptete, er habe das Reich vor einem Spion gerettet, würde er wahrscheinlich damit davonkommen, dass ihm einer seiner Vorgesetzten einen Schlag auf die Fingerknöchel versetzte. Die kaiserliche Regierung würde sich bei den Briten entschuldigen und betonen, dass man einen Gesetzesbrecher hingerichtet hätte.
    Außerdem ließ sich die Hinrichtung eines Fan-qui leicht vertuschen. Als Einziger hatte Gavin Elliott von Kyles Plan gewusst, und es konnte tausend Gründe geben, warum Kyle nicht von einer verbotenen Reise ins Landesinnere zurückgekehrt war. Nur Troth konnte bezeugen, was tatsächlich geschehen war. Mit Unbehagen erkannte sie, dass sowohl den Engländern wie den Chinesen sehr daran gelegen sein könnte, über diesen Vorfall so schnell wie möglich Gras wachsen zu lassen, da er die Handelsbeziehungen zwischen den beiden Ländern gefährdete. Lord Maxwell würde einfach verschwinden und ihrem Bericht würde man kein Gehör schenken, da er >ungelegen< kam.
    Sie musste ihn retten. Aber wie?
    Sie würde einen Weg finden.

KAPITEL 25
     
    Kyle beobachtete, wie sich ein silbriges Licht vom hohen Fenster langsam über die Wände bewegte, langsam wie der Sand in einem Stundenglas, der die Minuten seines Lebens verstreichen ließ. Der Morgen hatte den rettenden Einfall nicht gebracht. Gegen seine Strafe konnte er keine Berufung einlegen, selbst wenn er die Sprache beherrscht hätte. Ein aussichtsloses Unterfangen, wenn der ranghöchste Beamte des Bezirks seinen Tod wollte.
    Noch konnte er vielleicht aus seinem Kerker entkommen. Durch das schmale Fenster passte jedoch nicht einmal eine wohlgenährte Ratte. Die Zelle enthielt feuchtes Stroh und vier Ringe, die in die Steine eingelassen waren, mit kurzen, daran herabhängenden Ketten, sonst nichts. Prüfend betrachtete er die Ketten. Vielleicht ließen sie sich als Waffe einsetzen, wenn er sie von den Steinen löste. Diesen Gedanken verwarf er aber wieder. In den wenigen Stunden, die ihm noch verblieben, wäre das ohne Werkzeug unmöglich.
    Sollte es ihm gelingen, die Wachen mit bloßen Händen zu überwältigen, wenn sie das nächste Mal die kleine Portion Reis und den dünnen Tee brachten, so gäbe es doch keinen Ausweg aus dem schwer bewachten Gelände. Nein, diesmal war er am Ende. Selbstverschuldet.
    Die lockere chinesische Kleidung erlaubte es ihm, wie ein buddhistischer Mönch mit überkreuzten Beinen auf dem Strohhaufen zu sitzen. Er löste sich im Geiste von seinen schmerzenden Prellungen und Wunden und erlangte den inneren Frieden, den er in Hoshan gefunden hatte. Die Wege des Göttlichen waren ein Mysterium. Hatte ihn das Abbild des Tempels so unwiderstehlich angezogen, weil er eine Verabredung mit dem eigenen Tod in China hatte?
    Nein, er war zu sehr Europäer, um an eine derartige Bestimmung zu glauben. Sein Glück hatte ihn schlichtweg verlassen. Auf seinen Reisen hatte er sich oft in Lebensgefahr befunden und wider alle Erwartungen überlebt. Tja, das Glück kann einem Mann nicht ewig hold sein.
    Sein ziellos umherschweifender Blick heftete sich auf ein Rinnsal, das seitlich an der Wand herunterrieselte. Es war nicht das einzige, das sich während des heftigen Regens in der Nacht gebildet hatte.

Weitere Kostenlose Bücher