Bride 02 - Tempel Der Liebe
warm war, blieben die Nächte winterlich kalt. Beim Zudecken erinnerte er sich an ihr Lachen, wenn sie sich liebten. Aber ihre Leidenschaft und Verspieltheit schienen einem anderen gegolten zu haben. Jetzt war er ein Fremder für sie, so wie er sich fremd geworden war.
Obwohl er darauf bedacht war, Troth nicht zu wecken, öffnete sie verschlafen die Augenlider und betrachtete ihn vorsichtig aus dem Augenwinkel. »Dominic ist bei dir geblieben, bis Meriel ihn fortgezogen hat. Dann habe ich die Wache übernommen. Ich hoffe, dir geht es besser.«
»Viel besser.« Ihr Anblick schmerzte ihn. Er musste sofort klarstellen, dass er sie nicht zu einer Abmachung zwingen wollte, die sie unter anderen Umständen niemals eingegangen wäre. »Es tut mir Leid, Troth. Ich habe ein furchtbares Schlamassel angerichtet. In meiner Arroganz dachte ich, ich könnte Hoshan besichtigen und unbehelligt wieder nach Macao zurückkehren. Stattdessen habe ich dein Leben in Gefahr gebracht und meiner Familie unsäglichen Kummer zugefügt, Chenqua einen Haufen Geld gekostet und den Europäern der Handelsgesellschaft einen nicht wieder gutzumachenden Schaden zugefügt. Und das alles nur, weil ich nicht auf die Stimme der Vernunft hören wollte.«
»Was geschehen ist, ist geschehen«, meinte sie sachlich. »Erzähl mir, was passiert ist.«
Mit knappen Worten beschrieb er die vorgetäuschten Hinrichtungen. Er hielt sich nur an die Tatsachen. Auch jetzt, Monate später, im Schutz der Dunkelheit, war es ihm unerträglich, über seine Angst und Not zu sprechen. Vor allem nicht vor ihr.
»Dann hat dich also Chenqua gerettet?«
»Gleich, nachdem er deinen Brief erhalten hatte, suchte er den Vizekönig auf. Noch vor Tagesende brachen Chenquas ältester Sohn und sein Leibarzt nach Fengtang mit einer Gruppe von Standartenträgern auf, falls Wu Chong Schwierigkeiten machen sollte.« Kyle lächelte verzerrt. »Offensichtlich zeigte sich der Präfekt entgegenkommend. Natürlich könnten sie den ausländischen Teufel mitnehmen, er habe Peking schriftlich um Anweisungen gebeten. Vermutlich hat er den Brief mit einem Eselskarren geschickt. Aber da der Vizekönig bereit sei, die Verantwortung für den Gefangenen zu übernehmen, würde er ihrem Wunsch mit Freuden nachkommen. Das alles habe ich natürlich erst später erfahren.«
»Was ist mit Chenqua?«
»Er schalt mich wie einen ungezogenen Schuljungen und lehnte es ab, dass ich ihm die Strafe erstattete, die er für mich bezahlen musste.«
»War er böse auf mich?« Troths feines Gesicht war starr wie Marmor.
»Er sagte, er vermisse dein Kung-fu.« Da er wusste, wie wichtig dies für sie war, versuchte er sich möglichst genau an Chenquas Worte zu erinnern. »Ich hatte das Gefühl, dass es ihm sehr schwer fiel, dich zu verlieren, nicht nur, weil du ihm gute Dienste geleistet hattest. Er war nicht verärgert. Nur ... traurig. Und er wünscht dir alles Gute.«
Ihr Gesichtsausdruck entspannte sich. »Darüber bin ich froh.«
»Und du, hattest du Schwierigkeiten, nachdem du aus Fengtang abgereist warst?«
»Überhaupt nicht. Gavin Elliott half mir und deine ganze Familie war sehr freundlich zu mir, sogar dein Vater, der alte Drachen.«
»Der alte Drachen ... was für ein treffender Name für ihn! Übrigens müsste er jeden Augenblick hier sein. Gleich nach meiner Ankunft in England habe ich ihn und meine Schwester benachrichtigt.« Eigentlich hätte er zuerst nach Dornleigh gehen müssen, aber das hatte er nicht einmal in Erwägung gezogen. Das Band zwischen ihm und seinem Bruder war stärker als das häufig in Mitleidenschaft gezogene Verhältnis zu seinem Vater.
Troth verbarg das Gesicht an seiner Schulter. »Was geschieht jetzt?«
»Wenn ich das wüsste. Was in einem Kerker in China sinnvoll und klug war, erscheint hier in England ziemlich verrückt.« Er starrte an die Decke. »Die Frage ist, wie ich dich frei gebe, ohne einen Skandal auszulösen.«
Sie schwieg einen Augenblick. »Es ist dein Wunsch, die Ehe, so wie sie ist, zu beenden?«
Hier ging es nicht darum, was er wünschte, sondern was richtig war. Er wählte seine Worte mit Bedacht. »Du hast eine Welt voller Möglichkeiten vor dir, während ich ... nun, ich hatte nicht die Absicht, mich wieder zu verheiraten; außerdem glaube ich nicht, dass ich zum Ehemann tauge. Du hast Besseres verdient.«
»Wie edel du doch bist«, bemerkte sie sarkastisch.
Er lachte kurz auf, das erste Mal seit Monaten. »Nicht edel. Verwirrt. Aber ich versuche
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