Bride 03 - Die Entfuehrte Braut
Berkeley Square schwebten an diesem Morgen leichte Nebelschwaden, was den Sommerblumen die hingehauchte Zartheit einer chinesischen Tuschemalerei verlieh. Sie bemerkte Gavin erst, als er ihr einen Kuss auf die Wange drückte. »Tief schürfende Gedanken?«, fragte er.
»Eigentlich nicht.« Sie wandte sich ihm lächelnd zu. »Die letzten Wochen waren wie ein Traum. Vor einem Jahr schien es unmöglich, dass ich England jemals wiedersehen würde. Und jetzt habe ich Katie, ein schönes Zuhause, einen adligen Ehemann«, sie lachte, als er dabei eine Grimasse zog, »und meine Familie kann ich zu Fuß besuchen. Ich kann mein Glück nicht lassen.«
»Zu einem großen Teil sind wir unseres Glückes Schmied. Wenn du dich damals mit deinem Schicksal abgefunden hättest, wären wir uns nie begegnet.«
Er hatte Recht. Ihr Widerstand und Kampf um die Freiheit hatten sich gelohnt. Gavin war so taktvoll und erwähnte nicht den Preis, den sie immer noch für ihre Kompromisslosigkeit zahlten. Wäre sie fügsam gewesen, würde sie jetzt in Frieden bei ihrem ersten Besitzer ein fremdes, aber bequemes Leben in einem tropischen Paradies verbringen. Aber sie hatte gegen ihr Schicksal rebelliert, was ihr den furchtbaren Bhudy und brutale Vergewaltigungen einbrachte, und Narben, die immer noch nicht verheilt waren.
Seit der Nacht nach dem Empfang teilte sie mit Gavin ein Bett. Die Gegenwart des geliebten Mannes hatte die schlimmsten Albträume verbannt, und beide hatten Freude daran, ihre Körper zu erforschen. Dann kam jene unheilvolle Nacht. Das Verlangen nach ihm war so stark gewesen, dass ihr Verstand aussetzte und ihr alles möglich erschien.
Sie hatte ihn zu sich gezogen, in der Überzeugung , dieses Mal würde alles gut gehen. Stattdessen geriet sie in Panik. Jeder Muskel ihres Körpers verkrampfte sich, obwohl er sein Gewicht über ihr abstützte, um sie nicht auf die Matratze zu drücken. Sie biss sich auf die Lippe, bis sie blutete, entschlossen, den Liebesakt zu ertragen, wie sie ihn beim Löwenspiel ertragen hatte, aber ihm war ihre Reaktion nicht entgangen. Er drehte sich auf die Seite, erhob sich und sagte nur, dass er warten würde, bis sie bereit sei. Dann verließ er das Zimmer und verbrachte die Nacht in seinem Bett.
Alex dankte ihm für sein Verständnis, aber der Vorfall hatte beide verletzt. Seitdem hatten sie das Bett nicht mehr miteinander geteilt. Die Angst, in diesem intimen, mit Gefühlen beladenen Bereich erneut zu versagen, war so stark, dass keiner von ihnen einen weiteren Versuch wagen wollte. Gavin hatte es schwerer getroffen als sie. Ein Mann, der sich lieber die Hand abhackte, als einer Frau etwas anzutun, musste Qualen leiden, wenn er das Gefühl hatte, Alexandra in Angst und Schrecken zu versetzen, auch wenn er begriff, dass ihre Reaktion nichts mit ihm zu tun hatte.
Trotzdem verlief ihr tägliches Leben sehr gut. Sie waren Freunde, sie vertrauten einander, und ihrer beider Leben waren eng miteinander verflochten. Irgendwann würden die Barrieren einmal fallen ...
Seine Stimme riss sie aus ihren Träumereien. »Was hast du heute vor?«
»Nachdem ich Katie zu ihrem Unterricht ins Ashburton House gebracht habe, möchte ich bei Troth eine weitere wing-chun -Stunde nehmen. Sie meinte, ich mache gute Fortschritte. Nach dem Mittagessen im Ashburton House gehe ich mit meiner Mutter und meiner Tante zu Hatchard. Möchtest du, dass ich dir Bücher mitbringe?«
»Wenn du welche entdeckst, die neu aus Amerika eingetroffen sind, würde ich mich sehr darüber freuen.«
Sie nickte, ging durch das Frühstückszimmer und schenkte ihnen Tee ein, dabei überlegte sie, wie sie Gavin ihren Vorschlag schmackhaft machen konnte. Eine Sache hatte sie sehr bald gelernt. Überfalle deinen Mann niemals mit einem Anliegen, wenn er einen leeren Magen hat. Also wartete sie, bis sie gefrühstückt hatten, und stellte dann ihre Frage. »Könnte ich mich in deinem Büro nützlich machen? Unser Haushalt ist jetzt gut organisiert, und Katie ist den größten Teil des Tages mit der Schule und ihren Cousinen beschäftigt, und ich habe viel freie Zeit. Ich möchte sie aber nicht mit Einkaufen und Besuchen bei Leuten verbringen, die mich nicht interessieren.«
Die meisten britischen Ehemänner hätte das Entsetzen gepackt. Gavin blickte sie nur nachdenklich an. »Ich könnte noch eine Kraft gebrauchen, aber die Arbeit ist ziemlich eintönig. Wie viel verstehst du von der Bewirtschaftung und Verwaltung eines Gutes?«
»Ziemlich viel.
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