Bride 03 - Die Entfuehrte Braut
wollte weitergehen, als Frederica ein weiteres Buch auf den bereits schwankenden Bücherturm legte. Eine Sekunde später brach er zusammen, und die Bücher landeten krachend auf dem Fußboden.
»Verzeihung, Mylady.« Die Zofe kniete nieder, um die Bände wieder aufzuheben. Ihre sanfte Stimme klang angenehm melodisch.
»Daisy, du dummes, dummes Mädchen!« Frederica schlug mit der Handtasche nach ihr.
Wie lange würde die junge Frau noch bleiben, fragte sich Alex. Hinter Fredericas engelhaftem Gesicht verbarg sich ein bösartiger Charakter. In Sydney hatte sie immer Schwierigkeiten gehabt, ihre Dienstboten zu halten. Sogar verurteilte Mädchen hatten es in Fredericas Haushalt nicht ausgehalten und liefen weg, trotz der Konsequenzen, die sie erwarteten, wenn man sie aufgriff.
»Verzeihung«, wiederholte Daisy mit niedergeschlagenen Augen. Sie streckte den Arm nach einem großen Buch aus, ließ es aber fallen, da sie das Gewicht unterschätzt hatte.
»Ich versteh nicht, wieso ich dich überhaupt behalte«, zischte Frederica. »Wenn du weiterhin so ungeschickt bist, werde ich dafür sorgen, dass du wieder nach Carolina zurückverkauft wirst. Dort kannst du bis an dein Lebensende Baumwolle pflücken.«
Alex erstarrte. Hatte sie richtig gehört? Sie ging in den Durchgang auf die beiden zu. »Guten Tag, Frederica. Brauchen Sie Hilfe?«
Frederica blickte giftig auf, als sie Alex erkannte. »Das Mädchen kommt damit zurecht.« Mit der Spitze ihres zierlichen Schuhs stieß sie Daisy ins Bein. »Sie taugt nicht viel, aber sie wird wohl die paar Bücher aufheben können.«
»Was Sie vorhin zu ihr gesagt haben, hörte sich an, als ob sie eine Sklavin sei, aber das ist natürlich unmöglich. In England ist Sklaverei seit Jahren verboten.«
»Kümmern Sie sich um Ihre eigenen Angelegenheiten, Alexandra. Daisy ist Amerikanerin.«
Und im amerikanischen Süden war Sklaverei noch erlaubt. Alexandras Magen zog sich zusammen, als sie dem Mädchen beim Aufheben der heruntergefallenen Bücher half. »Auch wenn Sie in der Sklaverei geboren wurden, Daisy, sind Sie hier in England ein freier Mensch.«
Das Mädchen blickte mit angstvoll geweiteten Augen auf. Sie mochte zwanzig Jahre alt sein. Sie war niedlich gekleidet. Das schwarze Haar hatte sie zu einem Knoten im Nacken zusammengesteckt. Mit eingezogenem Kopf legte sie das letzte Buch auf den Arm und stand auf.
»Wie können Sie es wagen, mich zu bevormunden!«, stieß Frederica wütend hervor. »Auch wenn Sie jetzt Gräfin sind, haben Sie nicht das Recht dazu!«
Ohne auf sie zu achten, sagte Alex: »Wenn Sie sich verändern möchten, Daisy, dann kommen Sie zu mir zum Berkeley Square zweiundvierzig. Auch wenn Ihnen Ihre Herrin das Gegenteil sagt, Sie sind so frei wie sie. Ich werde für Sie eine neue Anstellung finden, wo Sie bezahlt werden und kündigen können, wenn man Sie nicht gut behandelt.«
»Seit wann haben Sie ein Herz für Sklavinnen, Alexandra?«, zischte die Schlange. »Waren Sie in Ostindien vielleicht selbst eine Sklavin? Erkennen Sie sich in der Kleinen wieder?«
Alex hätte sie beinahe geschlagen. Nur der feste Griff ihrer Mutter am Arm bewahrte sie davor. Einen Augenblick lang zögerte sie. Bis jetzt hatten sie und ihre Familie über ihre Erlebnisse im Osten geschwiegen; sie weder bestätigt noch geleugnet. Aber wie Gavin sagte, sie traf keine Schuld. In ihren Augen war es vor dem Mädchen feige, wenn sie ihre Vergangenheit leugnete.
»Ja, Frederica, ich war eine Sklavin«, sagte sie laut und deutlich, so dass es einige der Kunden hörten und stehen blieben, um der Auseinandersetzung zu folgen. »Schade, dass Sie das nie gewesen sind. Es hätte Ihnen gut getan und Ihren Horizont um zwei wesentliche Eigenschaften erweitert: Verständnis und Mitgefühl.« Sie drehte sich wieder zu Daisy. »Möchten Sie mit mir kommen? Ich verspreche Ihnen, dass sich Ihre Situation verbessern wird.«
Daisy blickte ihre Herrin an und erstarrte, als hätte man sie geschlagen. Langsam wanderten ihre Augen zu Alex. Sie schüttelte den Kopf. Dann senkte sie den Kopf und blickte zu Boden.
Nachdem sich Daisy in ihr Los gefügt hatte, ging Frederica einen Schritt auf Alex zu und blickte sie voller Heimtücke an. »Das werden Sie mir bezahlen.«
Alex wich zurück. Frederica war immer ein schwieriger, egoistischer Mensch gewesen, aber in diesem Moment schien sie geistig gestört zu sein. Alexandra betete sich im Stillen noch einmal vor, dass diese Frau keine Gewalt über sie hatte,
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