Bride Trilogie 01 - Bluete der Zaertlichkeit
hing der ans Kreuz geschlagene Jesus, dessen qualvolles Leiden deutlich herausgearbeitet worden war. Zu offensichtlich für seinen Geschmack. Ihm wurde bewusst, wie weit er von England entfernt war. Das befremdete ihn. Für Constancia war es eine Erinnerung an ihre Kindheit, es beruhigte sie. Die lange, aufwendige Reise hatte sich gelohnt.
Plötzlich wusste Kyle, was zu tun war. Sein Kopf war ganz klar, wie von einer schweren Last befreit. Warum war er nicht früher darauf gekommen? Er ging auf die beiden zu und fragte mit fester Stimme auf Französisch: »Vater Joaquin, können Sie mich mit Senorita de la Tor-res vermählen?«
Constancia schnappte nach Luft. »Kyle!«
Der Pfarrer blickte ihn über die silberne Brillenfassung hinweg an. »Das ist nicht notwendig. Sie hat die Letzte Ölung erhalten und ist nun von all ihren Sünden befreit.«
»Sie war nie eine Sünderin«, bemerkte Kyle scharf »Ich will sie nicht für Gott heiraten, sondern meinet-und ihretwegen.« In einem wesentlich sanfteren Tonfall fragte er sie auf Englisch: »Willst du meine Frau werden, allerliebste Constancia?«
Sie blickte ihn hilflos an. »Du tust Unrecht, wenn du deiner zukünftigen Frau als soeben verwitweter Mann gegenübertrittst, mi corazon.«
Er setzte sich zu ihr ans Bett. »Was zwischen uns ist, hat mit ihr nichts zu tun, Constancia.« Er zögerte einen Augenblick und wunderte sich selbst, wie unbedingt er diese Heirat plötzlich wollte. »Ich will dich wirklich nicht drängen, aber es wäre mir eine Ehre und eine große Freude zugleich, wenn du meine Frau werden würdest.«
Für einen kurzen Augenblick lang schien die Zeit stillzustehen. Dann formten sich ihre Lippen zu einem Lächeln. »Die Freude ist ganz auf meiner Seite. Ja, mein Liebster, ich will deine Frau werden.«
Er blickte den Priester kurz an: »Was meinen Sie, Vater Joaquin, können Sie uns jetzt trauen?«
»Es ist nicht ganz so einfach, wie Sie es sich vielleicht vorstellen. Sie sind nicht einmal Katholik.« Er blickte die beiden nachdenklich an. »Aber wenn ich euch so sehe, bin ich mir sicher, dass Gott nichts dagegen hätte.«
Kyle ging rasch in sein Zimmer, um einen goldenen Ring mit dem Wappen der Renbournes zu holen. Als er zurückkam, hatte Teresa Constancias Bett in ein Blumenmeer verwandelt. Sie hatte sich mit ein paar Kissen im Rücken so gut es ging aufgesetzt. Die herrlichen schwarzen Haare fielen wie ein Wasserfall auf ihre Schultern. Das weiße Nachthemd, das sie trug, sah sogar ein wenig wie ein Brautkleid aus. Sie selbst wirkte erwartungsfroh, aber zugleich auch sehr, sehr müde.
Kyles Finger umschlossen die ihren. Obwohl er sich seine Hochzeit ganz anders vorgestellt hatte, wusste er, als er sie ansah, dass er genau das Richtige tat. Bis dass der Tod euch scheidet. Er verdrängte die aufkommenden Gedanken und wiederholte die Worte des Paters mit fester Stimme. Der Ring war für ihre zarten Fingen viel zu groß. Doch sie trug ihn mit Würde und hielt ihn fest umklammert. »Mi esposo«, flüsterte sie. »Mein Mann.«
Er küsste sie lang und zärtlich und dachte dabei an die leidenschaftlichen Augenblicke, die sie miteinander geteilt hatten. Constancias Augen spiegelten diese Momente des Glücks für ihn wider. Seine Geliebte, seine Frau. Wie sollte er nur jemals wieder einen solchen Seelenverwandten finden? Unmöglich.
Der Priester und die Trauzeugen zogen sich unauffällig zurück und ließen die frisch Vermählten allein.
Constancias Augen waren geschlossen, sie wirkte erschöpft. »Ich kann sie bereits alle sehen, mein Liebster, sie sind da«, sie sprach beinahe wie im Fieber, die Stimme war flach. »Meine Eltern, meine Schwester, sie umschwirren mich wie Engel. Alle, die ich geliebt und verloren habe, sind hier. Sie sind zum Greifen nahe, siehst du sie?«
Er schluckte schwer und antwortete mit zitternder Stimme: »Hauptsache, du siehst sie, Liebes.«
Ihr Atem rasselte hörbar, jedes Luftholen schien ihr Schmerzen zu bereiten. »Bringst du mich raus in den
Garten? Ich würde so gern noch einmal das Sonnenlicht erblicken und den Duft der Blumen einatmen.«
Kyle zögerte einen Augenblick. Er hatte Angst, es könnte zu anstrengend für sie sein. Aber es war ihr Wunsch. Er öffnete die Tür zum Hof und hob sie vorsichtig auf. Sie wog nicht mehr als ein Kind. Behutsam trug er sie zur Bank neben dem blühenden Orangenbaum. Er setzte sie auf seinen Schoß und sie bettete den Kopf auf seine Schulter. »Sitzt du bequem, Lady Maxwell?«,
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