Bride Trilogie 01 - Bluete der Zaertlichkeit
Er bestand zum Großteil aus Kieswegen und kleinen Rasenflecken, spärlichen Büschen und einigen Bänken. Vielleicht hielt man Blumenbeete für überstimulierend.
Die hohen Steinmauern waren oben mit nach innen gebogenen Stacheln versehen. Wenn dies die fortschrittlichste Irrenanstalt Britanniens war, dann hoffte Dominic von ganzem Herzen, eher zu sterben, als vom Wahnsinn geschlagen zu werden.
Der Arzt war Dominics Blicken gefolgt und meinte: »Bei uns ist noch nie ein Patient entflohen. Im Dorf schätzt man die gute Nachbarschaft.«
Am anderen Ende des Gartens gingen zwei untersetzte, grau gekleidete Frauen im Abstand von wenigen Schritten hinter zwei Patientinnen her. Als die Gruppe umkehrte und auf das Haus zuschritt, beobachtete Dominic, wie die ältere der beiden Frauen mit leeren Augen an ihm vorbeistarrte. Der wässerige Blick war erschreckend ausdruckslos.
Die andere Patientin sah Dominic direkt an und er bemerkte ein schnelles, intensives Aufleuchten der Augen. Sie war eine hoch gewachsene junge Frau mit ausgeprägten Gesichtszügen und strähnigem dunklem Haar. Unter anderen Umständen hätte man sie als schön bezeichnen können.
Craythorne sagte mit leiser Stimme: »Die Frau links, Mrs. Gill, kann vielleicht bald nach Hause gehen. Sie war suizidal gefährdet, ist aber jetzt ganz ruhig. Mineralhaltige Stärkungsmittel und ein narkotisierender Arzneitrank haben ihre Erregungszustände gedämpft.«
Mit Beruhigungsmitteln hatte man die Frau an den Rand der Bewusstlosigkeit gebracht, jedenfalls so weit Dominic dies beurteilen konnte. »Und die andere Patientin?«
»Mrs. M...« Er unterbrach sich, ohne den Namen zu Ende zu sprechen. »Diese Patientin ist als Mrs. Brown bekannt. Obwohl ihrem Mann an der besten Pflege gelegen ist, fürchtet er, dass seine Nachbarn von ihrem Zustand erfahren. Ich glaube, er hat ihnen erzählt, seine Frau hielte sich wegen eines Lungenleidens in Italien auf, während sie hier behandelt wird. Ein Jammer, dass er glaubt, er müsse deswegen ein Netz von Lügen spinnen.«
Dieser Ehemann stand mit seiner Einstellung nicht allein da; Dominic kannte andere Familien, die die Geistesgestörtheit eines ihrer Angehörigen leugneten. »Hat sich ihr Zustand gebessert?«
»Sie hat lange klare Momente, dann wieder erleidet sie die schlimmsten Tobsuchtsanfälle, besonders, wenn ihr Gatte sie besucht. Ich musste ihn bitten, seine Besuche einzuschränken. Ich wünschte, ich könnte der Ärmsten mehr Hoffnung machen, aber ihr Verhalten ist dermaßen unberechenbar, dass ich es nicht wage.« Craythorne blickte seine Patientinnen grübelnd an. »Wenn Sie mich einen Augenblick entschuldigen.« Mit einem Nicken entfernte er sich und sprach mit einer der Pflegerinnen.
Dominic schlenderte auf eine Mauer zu und dachte, was dies doch für ein jämmerlicher Ort sei, im Vergleich zu Meriels lebendigen, fantasievollen Gärten. Dann ertönte einem Echo gleich ein lauter Ruf in der Einfriedung. Er wandte sich um und sah, dass Mrs.>Brown< ausgerissen war und mit weit geöffneten Augen auf ihn zurannte, während die Wärterinnen ihr nachsetzten.
Seit Dominic den Kinderschuhen entwachsen war, hatte er sich nie vor Frauen gefürchtet, aber konnte ihm eine kräftige Verrückte nicht gefährlich werden? Zum Teufel mit ihm, wenn er vor einer Frau davonlief. Er riss sich zusammen. Aber Mrs. Brown fiel ihn nicht an. Stattdessen ergriff sie seinen Arm und sagte verzweifelt: »Bitte, Sir, ich bin nicht verrückt! Ich werde hier grundlos festgehalten. Wenn Sie meinen Vater benachrichtigen, wird er dafür sorgen, dass ich entlassen werde. General Arnes von Holliwell Grange. Bitte, ich flehe Sie an ...«
Bevor sie mehr sagen konnte, hatten sie ihre Wärterinnen eingeholt. Mrs. Brown fiel auf die Knie und schlang die Arme um Dominics Beine. »Arnes von Holliwell Grange! In Gottes Namen, bitte, nur eine kurze Nachricht, damit er weiß, dass er mich holen kann!«
Die grau gekleideten Frauen rissen sie von Dominic fort, als Dr. Craythorne dazukam. »Ihr Vater weiß, dass Sie hier sind, Mrs. Brown, aber Ihr Befinden quält ihn zu sehr, um Sie zu besuchen«, sagte er mit freundlicher Strenge. »Das wissen Sie. Ihr Gatte hat es Ihnen immer wieder erklärt.«
»Mein Mann ist ein Lügner!« Die weit aufgerissenen Augen hefteten sich wieder auf Dominic. »Mein Mann hat mich hierher gebracht und wissen Sie, warum? Weil ich ihm keine gehorsame Frau war. Weil mein Blut unrein war. Weil ich nicht mit ihm einverstanden
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