bright darkness - strahlende Dunkelheit (German Edition)
Buch, in dem ich vorhin gelesen hatte, lag noch immer aufgeschlagen vor mir. Jeremy nahm es an sich und überflog es. Oder las er in einer so unbeschreiblichen Geschwindigkeit, dass es nur so aussah, als würde er es überfliegen? Ohne seine Miene zu verziehen oder eine Bemerkung zu machen, stellte er es wieder zurück an seinen ursprünglichen Platz.
„Entschuldige … ich hätte fragen sollen.“
Mit unsicherer und zitternder Stimme entschuldigte ich mich für die Dreistigkeit, einfach ihr Eigentum zu benutzen.
„Schon gut, fühl dich wie zu Hause. Ich dachte nur, du liest nicht weiter, weil du sagtest, du möchtest fernsehen.“
Zum ersten Mal lagen Freundlichkeit und Warmherzigkeit in seinen Augen, als er mich ansah und sich wieder auf dem Sofa ausstreckte und zusammen mit uns fernsah.
Hier wurde wohl alles sofort wieder an seinen Platz geräumt, wenn man damit fertig war es zu benutzen. Das erklärte auch die Ordnung und Reinlichkeit. Nichts lag irgendwo wahllos und unordentlich herum. Alles war an seinem Platz, wie es sich in einem ordentlichen und sauberen Haushalt gehörte. Sie sollten mal bei mir sauber machen. Die würden ihr blaues Wunder erleben, wenn sie mein Zimmer sehen würden. Klar, wenn ich so schnell wäre würde es nur ein paar Minuten dauern um aufzuräumen. In meiner menschlichen Geschwindigkeit aber bräuchte ich wahrscheinlich einen ganzen Tag oder mehrere, um nicht zu untertreiben. Der Film war so langweilig, dass er mich doch in null Komma nichts einschläferte. Ein schreckliches, gequältes Schreien weckte mich nicht lange, nachdem ich eingeschlafen war. Ein Blick auf den Fernseher zeigte mir noch den gleichen ermüdenden Film und ich dachte, das Schreien käme aus den Fernsehlautsprechern. Jeremy und Amanda schossen wie vom Blitz getroffen hoch und stürmten so schnell aus dem Zimmer, dass ich nur die zufallende Türe sah. Nur William wartete auf mich und bewegte sich in menschlicher Geschwindigkeit, der ich folgen konnte. Trotzdem hatte ich Mühe, seinem Tempo zu folgen. Seine Stirn war besorgt in Falten gelegt, während er in der Tür auf mich wartete, was mich einen Zahn zulegen ließ. Ich sprang vom Sofa auf und rannte ihm nach. Nochmal dieser Schrei. Qualvoll und gefoltert. Das Schreien stammte von Alex. Was war passiert?
13
Ich folgte William so schnell ich konnte in Alex‘ Zimmer, und was ich dort sah, erschütterte mich zutiefst. Amanda war über Alex, der im Bett lag, gebeugt und drückte seine Arme nieder. Seinen Brustkorb stemmte er mit Gewalt gegen sie. Jeremy hielt seine Beine ans Bett gedrückt, während Emily seinen Kopf mit ihren Händen festhielt. Er stöhnte und keuchte grauenhaft. Unerträgliche Qualen zeichneten sich auf seinem schmerzverzerrten Gesicht ab. Seine krampfhaften Versuche, die Schmerzensschreie mit zusammengebissenen Zähnen zu unterdrücken, brachte die Sehnen an seinem Hals zum Vorschein. Seine Haut wechselte die Farbe von dunkelrot nach weiß und wieder zurück. Schweißperlen standen ihm auf der Stirn. Seine Augen waren weit aufgerissen, die Iris färbte sich schwarz. Unheimlich. Tränen schossen aus ihnen heraus, als der nächste brutale Schrei folgte. Eisig kalte Schauer liefen mir den Rücken hinunter. William drückte mich fest an seine Brust und versuchte, meine Augen von ihm abzuwenden. Mein vor Schreck erstarrter Körper zitterte heftig und unkontrolliert.
„Was ist los?“, fragte ich mit bebender Stimme.
„Er verwandelt sich“, antwortete William knapp.
Williams Arme verfestigten den Griff um mich als er merkte, dass ich mich losreißen wollte. Er spürte mein Verlangen Alex zu helfen, an seiner Seite zu sein, aber William hielt mich zurück.
„Du kannst ihm nicht helfen. Emily tut was sie kann.“
Als ich zu Emily schaute, sah ich in ihrem Gesicht fast denselben gequälten, schmerzlichen Ausdruck. Auch sie musste unsagbar tiefe brennende Schmerzen ertragen, wenn sie Alex helfen wollte. Weil sie stärker war als er, fiel es ihr leichter nicht zu schreien, doch sie durchlebte jeden einzelnen Schmerz nahezu mit der gleichen Intensität wie er. Es kostete sie enorme Kraft, die Krämpfe aus seinem Körper abzuleiten und zu mildern. Wieder schrie er grausam klagend, presste krampfartig Blut aus seinem Hals. Emily drehte seinen Kopf zur Seite, damit das Blut aus seinen Mundwinkeln fließen konnte und er nicht daran erstickte. Es war furchtbar. Seine Brust senkte sich langsam zurück auf die Matratze und er würgte mehr und mehr
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