bright darkness - strahlende Dunkelheit (German Edition)
Art?“
„Verschiedenes. Fast alles.“
„Okay, du kannst gerne CDs mitbringen, wenn du möchtest“, bot sie an, während sie das Radio einschaltete.
Während meiner Führung vergingen knapp zwanzig Minuten, dann begannen wir die eng zusammenstehenden Tische und fahrbaren Kleiderständer, welche so platziert wurden um das Bodenwischen zu erleichtern – wie ich vermutete, an ihren Platz zu schieben. Reserviert, aber aufmerksam, folgte ich Anna auf Schritt und Tritt, packte mit an und fragte schüchtern nach weiteren Arbeitsaufträgen, um nicht unbeholfen im Weg zu stehen. Pünktlich um zehn Uhr schloss sie die Tür auf und drehte das Schild „geöffnet“ so herum, dass man es von draußen sehen konnte, auf der anderen Seite stand „geschlossen“ und wurde abends nach außen gedreht, so wie es die meisten Läden handhaben. Die erste Stunde war sehr ruhig, niemand verirrte sich in den Laden und auch draußen waren kaum Leute zu sehen.
„Am Wochenende ist es morgens meistens ruhiger.“
„Weil die Leute länger schlafen?“, fragte ich mit gerunzelter Stirn, als ob ich eine Testfrage beantwortete.
„So ist es“, bestätigte sie meine Frage, als genau in diesem Moment das leise klingende Glockenspiel über der Eingangstür bimmelte und einen eintretenden Kunden ankündigte. Ein mulmiges Gefühl schlich sich in meinen Bauch, und ich wusste nicht, wie ich mich verhalten sollte. Es waren zwei junge Mädchen, schätzungsweise fünfzehn oder sechzehn Jahre alt.
„Guten Morgen.“ Grüßte Anna höflich mit einem noch etwas müden aber dennoch freundlichen Lächeln.
„Guten Morgen“, begrüßte auch ich die beiden um nicht unhöflich zu sein. Ich konnte keine Anzeichen eines Lächelns in meinem Gesicht spüren, bemerkte aber das Steiferwerden meiner Gliedmaßen und blieb bewegungslos hinter der Kassentheke stehen.
„Kann ich euch behilflich sein?“, fragte Anna routiniert und ging ihnen ein paar Schritte entgegen.
„Nein danke, wir schauen nur mal“, lehnte die etwas kleinere der beiden das Angebot ab.
Anna kam wieder auf mich zu ohne ihren freundlichen Gesichtsausdruck zu verlieren. Wir hielten uns im Kassenbereich auf, und sie beobachtete die beiden aus den Augenwinkeln, während sie mir wichtige Tipps gab. Immer freundlich grüßen, Hilfe anbieten, distanziert aber einsatzbereit in der Nähe des Kunden bleiben. Das Wichtigste war es aber, die Kunden zu beobachten, um Diebstähle zu verhindern beziehungsweise möglichst aufzudecken.
„Auf Wiedersehen!“, rief Anna den beiden hinterher, als sie die Tür öffneten und den Laden, ohne etwas gekauft zu haben, wieder verließen.
Die nächsten Kunden ließen nicht lange auf sich warten. Es war ein Pärchen, der Junge sah etwas älter aus als das Mädchen. Anna hieß sie willkommen und bot ihre Hilfe an, ich grüßte und hielt mich gehemmt zurück. So verhielt es sich bei jeder Kundschaft, und Anna drängte mich zu meinem Glück an meinem ersten Tag zu nichts. Sie war sehr einfühlsam, und wenn ich etwas nicht verstanden hatte, erklärte sie es beim zweiten Mal genauso ruhig wie zuvor. Meine Nervosität nahm stetig ab. Sie war nicht nur sehr freundlich, sondern hatte auch etwas Beruhigendes oder Beschützendes an sich. Nach unserer Mittagspause bereitete sie mich auf das Gespräch mit Mr. Garner vor. Ich solle ihm zuhören und erst dann Fragen stellen, wenn er es anbot, und nicht widersprechen. Die Ratschläge kamen gerade noch rechtzeitig. Als die Eingangstür läutete, trat ein kleiner rundlicher Mann ein. Anna teilte mir leise mit, dass es sich um den Boss handelte. Beim Gehen schaukelte er wie ein wackelnder Kegel leicht nach links und rechts, die Glatze wurde von einem graubraunen Haarkranz umrundet, und die buschigen Augenbrauen lenkten ein wenig von seinem faltigen Gesicht ab. Bevor er etwas sagte, stieß er ein kratziges Husten aus, was meinen Blick auf die qualmende Zigarre in seiner Hand lenkte.
„Tag, allerseits“, stöhnte er mühsam mit finsterem Gesichtsausdruck.
„Guten Tag Mr. Garner“, grüßte Anna höflich, als wäre er ein zahlender Kunde.
„Guten Tag“, stammelte ich scheu.
„Ah … sie müssen Sarah Edison sein!“, stellte er in nicht besonders erfreutem Tonfall fest.
„Ja.“
„Kommen Sie in zehn Minuten in mein Büro. Und bringen Sie Kaffee mit!“, befahl er barsch. Seine Stimme war rau und kratzig, schlimmer noch als am Telefon. Meine Hände begannen zu zittern, meine Beine versteiften sich, mein Magen
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