Bring mich heim
Gesicht. Wie ich es hasste, was er da machte.
»Es weiß nicht jeder«, hörte ich Mia leise sagen. »Wir fanden es nur per Zufall heraus. Dein Vater bekam davon Wind. Veröffentlichen war somit nicht möglich. Das wäre der Untergang für den Verlag gewesen.«
»Was für ein Arsch«, zischte ich durch meine Zähne.
»Gut, dass du es erkannt hast. Wäre schade, wenn du das auch machen würdest.« Mia lugte schüchtern zu mir herüber. Pinke Wangen. Lächelte und biss an dieser Unterlippe. Sie sollte damit aufhören. Wusste sie nicht, was das den Männern antat?
»Warum gerade Interrail?« Sie platzte mit dieser Frage in meine Gedanken. »Wäre es für dich nicht einfacher, anders zu reisen? Privatflugzeug?«, kicherte sie.
Sie kicherte. Liebliches Geräusch. »Es gibt kein Privatflugzeug«, sagte ich lachend. »Ich musste weg von daheim. Nicht nur wegen der Firma.« Mia nickte nur. Ihr Blick ließ eine Traurigkeit durch, als ob sie wusste, was ich damit meinte.
Kapitel 24
Samuel – Musik bringt näher
Richtung Rom, Juni 2012
Mia hielt sich die Hand vor den Mund und gähnt leise dahinter. »Es tut mir leid, ich würd furchtbar gern mit dir weiter plaudern. Vor allem, nachdem ich das jetzt weiß.« Gut, dass das jetzt raus war. Es wäre schade gewesen, wenn sie nichts mit mir zu tun hätte haben wollen. Sie lächelte mich an. Nicht so wie im Zug nach Budapest, wo sie so hart versuchte, mir aus dem Weg zu gehen.
Ihre Augen waren schwer. »Aber ich bin scheißmüde. Ich hab gestern eine alte Freundin besucht. Es war nicht viel an Schlaf zu denken.«
»Machs dir bequem. Der Weg nach Rom dauert noch eine Weile.« Sie würde ja jetzt nicht mehr davonlaufen. Ich hatte sie schon so weit, dass sie mit mir sprach. Und ich wollte mehr von ihr hören. Sie war süß.
Sie kramte wieder ihr Handy aus ihrem Rucksack. Steckte sich die Kopfhörer in die Ohren, lehnte sich zurück und schloss die Augen. Nun lagen lange Stunden vor uns, bis wir in Rom angekommen waren. Stunden, welche ich mit Mia verbringen durfte. Oder zumindest bei ihr sitzen konnte. Sie hörte ja ständig Musik und war dann nicht ansprechbar.
Mia riss ihre Augen auf und starrte auf das iPhone. Drückte auf den Homebutton, auf den Einschaltknopf.
»Probleme mit dem Gerät?«, fragte ich.
Sie war sichtlich frustriert und packte es wieder in die Tasche. Sie grummelte: »Akku leer.« Darauf musste ich einfach laut auflachen. Doch sie sah mich finster an. Okay, sie hatte ja auch keine Ahnung, warum ich lachte.
»Lachst du mich jetzt etwa aus?«, fragte sie genervt.
»Oh nein, nein. Auf keinen Fall.« Mit erhobenen Händen bat ich um Entschuldigung. »Aber ich würde dir nur allzu gerne meines anbieten. Nur ist mein Akku auch leer.« Sie schmunzelte.
»Ich sagte doch, dass ich dich nicht auslache«, zwinkerte ich ihr zu.
»Aber Mist«, brummte sie.
»Komm, so schlimm ist das auch wieder nicht. In ein paar Stunden kannst du dein Telefon aufladen.« Sie nickte nur. An ihren linken Fingern fing sie mit dem Nägelkauen an. Hörte aber rasch auf, als sie sah, dass ich sie beobachtete. Stattdessen pickte sie mit ihren Nägeln am Nagelbett. Irgendetwas machte sie nervös.
»Ist es dir wichtig, dass du jetzt Musik hast?«, fragte ich ruhig.
Sie gab mir nur eine kurze Antwort, ihre Stimme hielt sie ziemlich leise. »Eigentlich schon.«
»Warum?«
Mia sah mich starr an. Nur keine Reaktion auf meine Frage. Sie öffnete nur einmal kurz den Mund, als ob sie etwas sagen wollte. Überlegte es sich scheinbar und schloss ihn. Stattdessen biss sie wieder an ihrer Lippe. Wenn sie das noch öfter und länger machte, musste ich näher zu ihr ran.
»Okay, keine Antwort. Verstanden. Aber wenn es dir so wichtig ist, könnte ich dir etwas vorspielen.«
Ihre Augen wurden größer. Sie stoppte mit dem Lippenbeißen. »Würdest du?« Es war schwer misszuverstehen, dass sie sich freute.
Ich zuckte meine Schultern. »Warum nicht. Wir müssen uns sowieso die Zeit vertreiben.« Sie strahlte mich an. Ich mochte ihr Lachen. Ihr smaragdgrünen Augen fingen dabei zu strahlen an. Sie blickte für einen kurzen Moment zu ihren Füßen. Sah dann hoch. Unsere Blicke verfingen sich. Niemand wollte ausweichen. Sie kam mir einfach zu vertraut vor. Ich lehnte mich weiter nach vorne. Ein Lufthauch wirbelte ihren Duft in meine Nase. Dezent nach Vanille ...
Beinahe nur mehr hauchend fragte ich: »Spielst du ein Instrument?«
»Ich habe gespielt«, sagte Mia in selbiger
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