bringen alle in Schwung
Mäuse. In ihrer Aufregung hatten sie vergessen, einen Schirm mitzunehmen, und Mützen trugen sie nur, wenn es schneite oder wenn das Thermometer unter null fiel.
Sie mussten lange klingeln, bis die Dame vom letzten Mal erschien. In eine Regenhaut gehüllt und mit roter Schnupfennase wirkte sie noch abweisender als neulich.
„Was wollt ihr?“, fragte sie. Ihre Stimme war kratzig, vermutlich hatte sie Halsschmerzen. Sie schneuzte sich. Sie erkannte die Mädchen am Tor nicht. Kein Wunder, so wie sie vor Nässe trieften. Außerdem schien sie an den Verehrerinnen ihres Chefs nicht sonderlich interessiert zu sein.
„Entschuldigen Sie bitte“, sagte Nanni höflich, „wir hätten gerne mit Herrn Bernhard gesprochen, wenn er ein paar Minuten Zeit hat.“
„Wenn ihr ein Autogramm möchtet, gebt mir die Plattenhülle oder das Bild, er wird es signieren“, krächzte die Dame.
„Vielen Dank, wir haben schon ein Autogramm bekommen. Wir wollten wegen einer sehr wichtigen Sache mit ihm reden. Bitte, fragen Sie ihn doch, ob es nicht möglich wäre. Wir werden ihn nicht lange stören.“
„Herr Bernhard darf überhaupt nicht gestört werden“, erklärte die Dame und suchte in den Tiefen ihrer Regenhaut nach einem frischen Taschentuch. „Er bereitet sich auf ein Konzert vor. Es tut mir leid.“
Sie drehte sich um und ließ die Mädchen stehen.
Hanni und Nanni kamen fröstelnd nach Lindenhof zurück, unzufrieden mit sich, Roy Bernhards Hausdrachen und der ganzen Welt. Nanni gab zu, dass sie sich die Sache leichter vorgestellt hatte.
Im Waschraum wurde nachher wieder beraten.
„Es war eine volle Pleite“, sagte Hanni.
„Schade“, meinte Bobby traurig. „Es war so eine tolle Idee. Aber an die Großen kommt man eben nicht ran. Arme Anja.“
„Meinst du etwa, wir sollten aufgeben?“, fragte Nanni und strich sich die immer noch feuchten Locken aus der Stirn, mit einer Bewegung, die eindeutig kriegerisch war. Ihre Augen blitzten.
„Was denn sonst?“, fragte Katrin.
„Ihr seid so doof, wie es die Schulordnung gerade noch erlaubt“, schimpfte Nanni. „Das war eben der erste Versuch. Schließlich hat Roy Bernhard noch nicht Nein gesagt. Er weiß ja gar nichts von uns. Wir müssen es noch mal probieren. Vielleicht könnten wir über die Mauer klettern. Vormittags geht die ... na ja, die Dame sicher einkaufen.“
„Mensch, Nanni“, wunderte sich Jenny. „Das hätte ich dir nicht zugetraut. Dass du so stur bist. Und so viel Mut hast.“
Nanni zuckte die Achseln.
„Das ist etwas anderes als irgendein Spaß, den wir uns leisten, weil das Leben sonst zu langweilig wäre. Es geht um Anja.“
Sie berieten ein bisschen hin und her, dann wussten sie einen Weg, wie die Zwillinge am nächsten Vormittag, zur besten Hausfrauen-Einkaufszeit, verschwinden konnten, ohne dass es auffiel.
Kurz vor der Pause wurde es Hanni übel. Frau Walker ließ sie zur Toilette gehen. Als sie nach ein paar Minuten nicht zurückkam, hob Nanni die Hand.
„Bitte, darf ich nach meiner Schwester schauen?“, fragte sie.
„Natürlich. Und wenn sie sich wirklich schlecht fühlt, bringst du sie ins Bett und bittest die Hausmutter, sich um sie zu kümmern.“
Zwanzig Minuten später standen die Mädchen vor der Gartenmauer des Schlössls. Gestern hatte es geregnet. Heute fiel der erste Schnee. Leider waren es nicht diese zarten, weißen, bilderbuchschönen Flocken, die jedes Jahr Freude und vorweihnachtliche Gefühle erweckten, sondern es war ein hässliches, feines und vor allem eiskaltes Geriesel, von einem bösen Wind schräg durch die Landschaft gepeitscht.
„Na ja“, murmelte Hanni und zog den Kopf ein. „Dann wollen wir mal.“ Es war nicht schwierig, über die Mauer zu klettern. Sie standen zwischen spätherbstlichen Blumenrabatten und Gemüsebeeten, die zum Teil schon für den Winter mit Tannenzweigen abgedeckt waren. Im Sommer musste der Garten schön sein, dachte Nanni.
Die Zwillinge wanderten den Weg zum Haus entlang und hatten beide dieselben mulmigen Gefühle im Bauch. Es war, als würden hundert kleine, aufgeregte Schmetterlinge in ihrem Innenleben herumflattern. Nicht sehr angenehm.
Als sie das Haus beinahe erreicht hatten, bog ein Mann um die Ecke. Er sah aus wie ein Gärtner und wahrscheinlich war er einer.
„Hallo, ihr zwei“, sagte er, offensichtlich zwischen Verblüffung und Ärger schwankend.
„Hallo“, sagte Hanni.
„Was habt ihr hier zu suchen?“
„Wir würden gern Herrn Bernhard sprechen, es ist
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