bringen alle in Schwung
wichtig“, erklärte Nanni.
„Wer hat euch hereingelassen?“
Nanni machte eine unbestimmte Bewegung zur Mauer.
„Niemand“, sagte sie. „Wir sind einfach ... so gekommen. Entschuldigung.“
Der Mann spuckte einen Kaugummi zwischen die Büsche.
„Herr Bernhard hat erstens keine Zeit und zweitens empfängt er keine Besuche und drittens solche, die über die Mauer steigen, prinzipiell nicht. Also, Kinder, so geht es nicht. Ab mit euch nach Hause! Nicht noch mal über die Mauer natürlich, ich lasse euch raus. Und untersteht euch, es noch einmal zu versuchen. Du lieber Himmel, sind diese verrückten Fans eine Landplage ...“
Auf dem Heimweg sprachen Hanni und Nanni kaum miteinander. Sie waren enttäuscht; sie fühlten sich geschlagen, ohne dass es überhaupt zu einer Schlacht gekommen war.
Auch der köstliche Schweinsbraten der Hausmutter samt Apfelkuchen zum Nachtisch tröstete sie nicht. Aber wenigstens waren sie satt und warm, als sie nach dem Essen den Freundinnen Bericht erstatteten.
„Und nun?“, fragte Bobby.
„Aus. Gestorben. Vorbei“, erklärte Hanni.
„Ich glaube, an den Bundeskanzler käme man eher ran als an Roy Bernhard“, meinte Katrin.
„Ja“, nickte Jenny. „Vielleicht. Aber erstens wohnt er nicht hier und zweitens würde er kaum Geld locker machen, damit Anja in Lindenhof bleiben kann.“
„Es gibt noch eine letzte Möglichkeit“, murmelte Nanni. „Einen Brief an Roy Bernhard zu schreiben.“
„Ob er ihn überhaupt liest und beantwortet?“
Nanni zuckte die Achseln.
„Wahrscheinlich nicht.“
Trotzdem schrieben sie den Brief gemeinsam. Lange überlegten sie jeden Satz, und als sie endlich fertig waren, schrieb Katrin ihn mit ihrer ordentlichen Handschrift sauber ab.
Sie erhielten keine Antwort.
Püsselchen muss leben
Herr und Frau Sullivan schickten einen Scheck, auch andere Eltern spendeten Geld für Anja. Die Mädchen erfuhren es nicht von Frau Theobald, die nicht wollte, dass darüber gesprochen wurde, sondern hin und wieder so nebenbei. Es war eine Hilfe. Aber es war nicht genug.
Anja hatte sich äußerlich beruhigt. Sie trug zu ihrer schwarzen Hose auch schon mal einen grauen Pullover oder eine weiße Bluse. Sie beteiligte sich auch wieder am Unterricht, aber sie strengte sich nicht an. Ihre Noten in den Klassenarbeiten waren schlecht. Sie lachte selten und sie zeichnete überhaupt nicht mehr.
„Ich gehe doch sowieso bald“, sagte sie einmal zu Hanni. „Vielleicht kommt ihr mich ab und zu im Heim besuchen. Das wäre nett.“
Dann verschwand sie in der Toilette und blieb lange dort.
Nachdem es mehrere Tage lang geschneit hatte, schien plötzlich wieder die Sonne.
„Gehn wir ‚ne Runde spazieren?“, schlug Nanni ihrer Schwester vor. „Ich brauche frische Luft.“
Sie gingen den Weg, den sie meistens gingen. Er führte am Schlössl vorbei und dann durch den Wald. Als sie zum Tor kamen, blieb Nanni verblüfft stehen. Es war offen.
„Du, sollen wir es noch mal probieren?“, fragte sie atemlos. „Es könnte ja sein ...“
„Nein“, wehrte Hanni ab. „Er hat auf unseren Brief nicht einmal geantwortet. Nicht einmal geschrieben, dass er keine Zeit hat und dass es ihm leid tut. Vergiss es, Nanni! Wenn uns der Gärtner wieder erwischt, macht er vielleicht eine Meldung an Frau Theobald, und dann wird alles nur noch schlimmer!“ Sie hatte noch nicht ausgesprochen, da kam der Hund. Der komische, hässliche Hund, den sie beim ersten Mal gesehen hatten, rannte laut kläffend durchs Tor hinaus auf die Straße.
„Mensch, der freut sich“, lachte Nanni. „Wahrscheinlich wird das arme Tier nie Gassi geführt.“
Dann ging alles furchtbar schnell. Der Hund lief über die Straße. In diesem Moment kam ein Auto. Entweder war der Hund zu schnell oder der Wagen war zu schnell, oder der Hund war zu langsam und der Fahrer konnte nicht mehr rasch genug bremsen. Jedenfalls gab es einen Krach, das Tier heulte auf, Bremsen quietschten auf der vereisten Fahrbahn und der Hund heulte wieder in höchstem Schmerz. Der Wagen aber beschleunigte und verschwand hinter der nächsten Kurve.
Hanni starrte ihm nach. Trotz ihres Schreckens wusste sie, dass sie sich die Autonummer merken musste. Das war Fahrerflucht, eine gemeine Sache. Aber es dämmerte schon. Sie konnte nur das Ortskennzeichen lesen, dann war das Auto verschwunden. Es war ein roter Wagen.
„So ein Mistkerl“, murmelte Hanni.
Der Hund lag auf der Straße, ein Bündel Fell und Blut.
Die Mädchen
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