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Britannien-Zyklus 01 - Die Herrin vom See

Titel: Britannien-Zyklus 01 - Die Herrin vom See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana L. Paxson
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sie.
    »Ich weiß, dass du meine Königin bist! Verriegle die Tore hinter mir, und lass niemanden ein, bis ich dich holen komme!«
    Nachdem er gegangen war, schien eine außergewöhnliche Stille einzutreten.
    Ich bin eine Witwe… dachte Igraine, als sie an Gorlosius’ gequälten Geist dachte. Dann verdrängte sie die Erinnerung in vollem Bewusstsein. Ich bin eine Königin, sagte sie sich und legte die Hände auf den Bauch, wo in jenem Augenblick der künftige Verteidiger Britanniens, in ihren Leib gepflanzt wie ein Samen des Lichts, zu erstrahlen begann.

VIII
    Das Zeichen des Baeren
    A.D. 471
     
    »Morgause, dein Haar ist wie das meiner Mutter, als ich noch ein Kind war«, erklärte Igraine, während sie den Kamm durch die langen Strähnen zog. »Es leuchtet wie ein dunkles Feuer.«
    Durch das schmale Turmfenster fiel ein dünner Frühlingssonnenstrahl auf prunkvollen Stoff, ließ in einem Kästchen wartende Juwelen gleißen und zauberte ein funkelndes Glitzern auf das lange Haar des Mädchens. Einst war dieser Turm ein Teil der römischen Feste von Eboracum gewesen, doch Coelius hatte sie in einen Königssitz verwandelt. Nun herrschte sein Sohn Eleutherius darüber und schien glücklich, als Gastgeber für die Hochzeit der Tochter seines Oberherrn mit Leudonus von Dun Eidyn auftreten zu dürfen.
    Morgause zuckte die Schultern, als wäre sie alles andere als überzeugt, doch sie hielt still, als ihre Mutter die nächste Strähne ergriff und begann, die Knoten darin zu entflechten. Armes Kind, dachte Igraine, mit fünfzehn Jahren stellt ihr Haar so ziemlich ihre einzige Schönheit dar. Bei ihrer ersten Ehe war Igraine ebenso gewesen, eine pummelige Halbwüchsige ohne jede Anmut, um ihren frisch gebackenen Gemahl zu verzaubern. Sie wünschte, die Hochzeit hätte sich aufschieben lassen, bis Morgauses Aussehen sich festigte, doch Uther brauchte das Bündnis mit dem Norden jetzt. Igraine konnte nur hoffen, dass Leudonus sich als feinfühlig genug erweisen würde, diese Knospe zu hegen, bis sie erblühte. Der mittlerweile über dreißig Jahre alte Mann hatte bereits eine Frau zu Grabe getragen und war erst kürzlich auf den Thron seines Großvaters nachgerückt.
    Igraine beendete die Arbeit an der letzten Locke und glättete sie ordentlich. »So. Jetzt legen wir noch die Juwelen an, und du siehst atemberaubend aus!« Sie griff nach dem goldenen Halskettchen aus Alba.
    »Ich sehe fürchterlich aus«, widersprach Morgause. »Ich hasse diese Farbe!«
    »Scharlachrot entspricht der Tradition«, setzte Igraine an, wenngleich sie ihrer Tochter zustimmen musste, dass dieser besondere Ton der Haut des Mädchens wenig schmeichelte.
    » – und ich hasse diese Stadt. Ihr hättet mich auf der Insel der Maiden lassen sollen, um meine Ausbildung zu beenden. Die Insel der Maiden braucht eine Hohepriesterin, und wenn du das Amt nicht willst, sehe ich keinen Grund, warum es nicht an mich übergehen sollte.«
    Igraine starrte ihre Tochter an. Ich will es sehr wohl , dachte sie; jedes Mal, wenn sie Morgause besucht hatte, war sie in Versuchung gewesen, dort zu bleiben. Aber Uther brauchte sie, und wenn sie bei ihm war, verblassten die Erinnerungen an den See zu einem fernen Traum.
    »Vielleicht tut es das eines Tages«, sprach sie laut. »Aber die Herrin vom See muss auch den Lauf der Welt kennen. Und wir brauchen dich hier.«
    »Warum schickt ihr mich dann nach Dun Eidyn?«, gab Morgause zurück, während sie sich die Armreifen auf die Handgelenke schob.
    »Wäre dir lieber, wir hätten dich an einen südlichen Herrscher verheiratet, der das alte Brauchtum für eine Sünde hält? «, rief Igraine aus. »Die Votadini ehren die Götter wenigstens noch. Leudonus’ Mutter war eine piktische Prinzessin. Er wird es verstehen, dich nicht nur als Uthers Tochter, sondern auch als meine Erbin zu schätzen.«
    Morgause wirkte nachdenklich, als sie sich die goldenen Schmuckscheiben in die Ohrläppchen steckte; traurig besann Igraine sich, dass Morgause, soweit die Welt es wusste, ihre einzige Erbin verkörperte. In zehn Jahren Ehe hatte sie Uther lediglich jenen einen, winzigen Sohn geboren, der im Mittsommer nach seiner Empfängnis, sechs Wochen vor seiner Zeit, in Dun Tageil das Licht der Welt erblickte und der, sobald feststand, dass er überleben würde, an Merlin übergeben wurde, auf dass dieser ihn aufziehe. Sie hatte ihm den Familiennamen ihrer Mutter gegeben, Artorius, doch bekäme sie ihn nun zu Gesicht, würde sie ihn nicht einmal

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