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Britannien-Zyklus 02 - Die Herrin der Raben

Titel: Britannien-Zyklus 02 - Die Herrin der Raben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana L. Paxson
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und hielt an jenem Glauben fest. Doch dasselbe galt für Artor. Was immer geschehen würde, sie durften ihre Gastgeber nicht beleidigen, indem sie sich weigerten, das Fest mit ihnen zu feiern. Sollte daraus eine Sünde erwachsen, würde er Vater Fastidius einfach bitten müssen, ihm eine Buße aufzuerlegen, sobald sie nach Hause zurückkehrten.
    Die Druiden, Männer mittleren Alters oder älter, mit wallendem Haar und langen Bärten, näherten sich. Auf der Brust ihres Anführers funkelte eine goldene Mondsichel, und er stützte sich auf einen Stab. Dann hielt Bediver die Luft an und sah, dass hinter den Druiden eine Gruppe dunkel gewandeter Frauen schritt.
    »Das sind die weiblichen Druiden, die Priesterinnen – « erklärte Gwalchmai. »Und meine Mutter…«
    Doch Bediver war bereits aufgefallen, dass eine der Frauen über der dunklen Robe einen scharlachroten Umhang trug. Während sie sich auf die Gefährten zubewegte, spiegelte ihr Schmuck das Licht der Fackeln in tänzelnden, rotgoldenen Funken. Man brauchte ihm nicht zu erklären, dass dies die Königin war.
    Morgause bewegte sich mit der Selbstsicherheit einer Frau, die sich sowohl ihrer Schönheit als auch ihrer Macht gewiss war, die Schultern gegen die Last des langen Umhangs gestrafft, das Haupt erhoben. Eine goldene Schleife band das dunkle Feuer ihres Haars, das in üppigen Wogen über Rücken und Schultern wallte. Mehr Gold zierte ihre Ohrläppchen, die Brust und die Handgelenke. Die Männer verstummten, als sie sich näherte; einige verneigten sich vor Ehrfurcht gar so tief, dass ihre Stirn den Boden berührte.
    Sie als schön zu bezeichnen wäre ungebührlich gewesen. Mit den üppigen Brüsten und dem breiten Becken schien ihr Leib wie geschaffen, Kinder zu gebären. Aus ihrem Gesicht waren die mädchenhaft weichen Züge gewichen und enthüllten nun makellos geformte Wangen- und Stirnknochen. Am Eingang zum Heiligtum der Frauen hielt sie inne und ließ die Augen unter den bemalten Lidern über die Versammelten wandern. Dann verschwand sie in den Schatten.
    Nun erst erkannte Bediver, dass hinter den Frauen die Krieger marschierten, die Leudonus und den Hochkönig begleiteten. Leudonus trug einen Schulterumhang, der ebenso gemustert war wie der seines Sohnes, Artor ein Leinengewand von der Farbe reifender Felder. Es war das erste Mal, seit Bediver als Kind im Alter von dreizehn Jahren Artor erstmals gesehen hatte, dass er nicht sofort bemerkte, dass sein Herr sich näherte. Blinzelnd fragte er sich, ob es der Met sein mochte, der seine Sinne benebelt hatte.
    Artor und sein Gastgeber unterhielten sich immer noch. Während die Häuptlinge feierten, verbrachten die Könige den Nachmittag damit, sich Berichte von Boten anzuhören, die nach Caledonia gesandt worden waren, um das Lösegeld für die Gefangenen auszuhandeln. Es hieß, Drest Gurthinmoch sei der neue König, den die Pikten auserkoren hatten.
    »Und dort ist mein Vater«, sagte Gwalchmai. »Bei König Artor. Wenn ihr zurück nach Süden reitet, werde ich euch begleiten. Meine Mutter war dagegen, aber mein Vater findet, es wäre gut, wenn ich etwas über die südlichen Länder lerne.«
    Bediver und Oesc tauschten Blicke, doch es gelang ihnen, nicht zu lächeln. Solange Artor unverheiratet und kinderlos war, hatte dieser Knabe ein Anrecht darauf, als sein Erbe zu gelten.
    Die königliche Gruppe stieg zu der Tribüne hinauf, wo sie sich auf den Bänken niederließ. Die Druiden stellten sich davor in einer Reihe auf; einer von ihnen hob ein Bronzehorn mit eigenartig langem Schaft und blies. Der Klang war nicht laut, dennoch hallte er von Klippe zu Klippe wider und vibrierte im Körper. Nachdem der Laut verhallt war, stellte Bediver fest, dass sämtliche Trommeln im Tal verstummt waren.
     
    »Die Heerscharen des Himmels, die Sommersterne,
    auf den Feldern des Firmaments haben sie sich versammelt
    wie drunten auf Erden die prächtigen Kinder Albas…«
     
    Die Stimme des Druiden war dünn und klar; Oesc spürte, wie sich ihm ob des Klanges die feinen Härchen im Nacken und an den Armen aufrichteten. Durch den nördlichen Akzent waren ihm einige der Worte fremd, aber das spielte kaum eine Rolle. Die dunkle Erde war mit Feuern übersät, über den Klippen spannte sich ein leuchtend dunkelblauer Himmel, an dem ein ganzes Meer von Sternen funkelte. Im Laufe der Zeremonie keimte in seinem Bewusstsein die Bedeutung der Worte, ohne dass er sie verstehen musste.
    Woden hatte dem Göttervolk der Sachsen seine

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