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Britannien-Zyklus 03 - Die Herrin von Camelot

Titel: Britannien-Zyklus 03 - Die Herrin von Camelot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana L. Paxson
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aufzunehmen.«
    »Deine Tochter! Ich wusste gar nicht, dass du ein Kind hast!«, rief Gwendivar aus.
    »Bis letztes Jahr wusste ich es selbst nicht«, antwortete Gwalchmai reumütig. »Ich habe sie mit einer Frau der alten Rasse gezeugt, jenes kleinwüchsigen, dunklen Hügelvolks, als ich mal auf der Jagd war und mein Pony fernab der Heimat lahmte. Mein Töchterchen ist wild wie ein Rehkitz, aber ihr Haar hat dieselbe Farbe wie meines. Letzten Winter ist ihre Mutter gestorben, also muss ich ein Zuhause für sie finden.«
    »Wie heißt sie?«, wollte die Königin wissen, der es ebenso schwer fiel, sich Gwalchmai als Vater vorzustellen, wie ihm selbst.
    »Ninive – «
    Also ist Morgause Großmutter! Weiß sie es überhaupt?, fragte sich Gwendivar, doch sie behielt den Gedanken für sich.
    »Igraine wird wissen, wie man das Mädchen zähmt«, sagte Gwalchmai. Er bückte sich, um einige Kastanien aufzuheben, dann löste er die dornige Rinde und die ledrige Hülle, bevor er ihr eine anbot. Die Nuss darin war feucht und süß. »Und sie wird Artor heilen.«
    »Das wird sie«, bekräftigte Gwendivar seine Überzeugung. »Seit zwei Tagen hat er kein Fieber mehr, und man sagte mir, die Wunde habe zu heilen begonnen.«
     
    Kein Mann hatte je die Höhle des Kessels betreten, doch in dem Tal darunter befand sich im felsigen Grundgestein der Insel ein Becken, das man für Bäder der Reinigung oder des Heilens mit Wasser füllen konnte, und hierher durfte ein Mann kommen, wenn es nötig war. Es war groß genug für mehrere nebeneinander sitzende Frauen oder einen liegenden, erwachsenen Mann.
    Hierher brachten sie Artor, als der Neumond erstmals am abendlichen Himmel zu sehen war, um die Heilung zu vervollständigen.
    Die Herrin vom See saß auf einer Bank am Kopfende des Teichs, die in jener Nische stand, in der sich das Bildnis der Göttin befand, seit die ersten Priesterinnen die Insel betreten hatten. Oder vielleicht noch länger – das Bildnis war aus Blei gefertigt und zeigte die Göttin mit nackter Brust und einem glockenförmigen Rock, auf eine Weise also, die schon zu Zeiten der Römer für sehr alt gehalten wurde. Eine Terrakottalampe warf flackerndes Licht auf das Bildnis. Igraine hatte den Eindruck, dass die Göttin lächelte.
    Es würde noch viele Wochen dauern, bis der König gänzlich genesen war, aber zumindest hatte die Wunde sich geschlossen. Damit Artor vollkommen seine Gesundheit wiedererlangte, musste die Ausgewogenheit seines Körpers wiederhergestellt werden, und auch sein geschundener Geist musste seinen Segen beimengen. Weitere Lampen leuchteten flackernd rings um den Teich; in der vom See hereinwehenden Brise lag der Geruch des Holzrauchs von dem Feuer, mit dem sie das Wasser erhitzten. Manchmal sehnte Igraine sich nach den natürlichen heißen Quellen von Aquae Sulis, und doch barg das Entfachen eines Feuers, das Brauen der Kräuter, die man dem Wasser beimengte, einen wesentlich stärkeren Zauber.
    Wenn der Herbst Einzug hielt, wurden die Nächte kalt, nun jedoch, während die Erinnerung an die Sonne noch am westlichen Himmel schimmerte, barg die Luft die Wärme des Nachmittags. Im purpurnen Zwielicht ähnelte der jungfräuliche Mond der Schale einer Perle. Die Luft war von jener Stille erfüllt, die das Ende jeden Tages begleitete, aber als Igraine lauschte, nahm sie ein Geräusch wahr. Ihre Priesterinnen sangen, während sie Artor den Pfad entlang begleiteten.
     
    »Wasser des Lebens, Wasser der Liebe
    Wir entstammen der Mutter, zu ihr kehren wir wieder…«
     
    Igraine rappelte sich auf die Beine. Als sie die Arme zum Gruß erhob, rutschten ihre schwarzen Ärmel von den bleichen Armen zurück. Das silbrige Mondsteindiadem der Hohen Priesterin prangte als vertrautes Gewicht auf ihrer Stirn.
     
    »Wasser des Himmels, falle nieder zur Erde
    Wir entstammen der Mutter…«
     
    In Paaren traten die weiß gewandeten Priesterinnen zwischen den beiden Eichen hindurch, die den Teich hüteten. Jedes Paar trug ein Gefäß voll Wasser, von dem sich in der kühler werdenden Luft leichte Dampfschwaden emporkräuselten. Die Paare trennten sich und knieten sich nieder, um den Inhalt der Gefäße in das Becken zu schütten, dann erhoben sie sich wieder und gingen zu beiden Seiten davon, um Nachschub zu holen.
    »Wasser des Anfangs, Wasser des Endes – «, sangen die Priesterinnen.
    Je höher die Flüssigkeit anstieg, desto schwerer hingen die Gerüche der Kräuter in der Luft, die sich mit dem Erhitzen des

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