Britannien-Zyklus 03 - Die Herrin von Camelot
mit Igraine zur Insel der Maiden zurückzukehren.
»Man berichtet mir, dass du dich zu einem guten Krieger mauserst.« Morgause schaute zu ihrem vierten Sohn auf, während die beiden auf dem Wachgang standen, der in das Bollwerk von Dun Eidyn eingebaut war. Obwohl sie eine Frau von großer Statur war, überragte Goriat sie um mehr als einen Kopf. Er überragte so gut wie jeden Mann. Sie war nicht völlig sicher, wer ihn gezeugt hatte, doch es schien zunehmend wahrscheinlich, dass es ein Händler aus Lochlann gewesen war, der Felle und Holz aus den östlichen Nordländern jenseits des Meeres geliefert hatte. Sie erinnerte sich noch an die langgliedrigen, zärtlichen Hände des Mannes.
»Es heißt, Gwalchmai sei der mächtigste Krieger Britanniens. Wenn ich ihn schon nicht ausstechen kann, so habe ich mir geschworen, der Zweitmächtigste zu werden«, gab Goriat grinsend zurück.
»Aber bist du der beste Kämpfer in Alba?«, wollte sie wissen.
»Ich kann jeden Mann der Stämme bezwingen.«
»Der Stämme südlich des Bodotria-Flusses«, berichtigte sie ihn. »Aber du hast dich noch nicht mit den Männern der Pretani gemessen.« Morgause deutete gen Norden, wo die Gebiete der Pikten zart grün unter der Sonne blühten und gediehen.
Goriat zuckte mit den Schultern. »Sobald Artor gegen sie in den Kampf zieht, werde ich es wohl herausfinden.«
Von seinem Tonfall erschrocken, schaute sie auf. Es war nur natürlich, dass er daran dachte, seinen Brüdern in den Dienst seines Onkels zu folgen, doch ihr war nicht bewusst gewesen, dass er es bereits als sicher betrachtete.
»Vielleicht muss Artor gar nicht gegen sie kämpfen«, sagte sie vorsichtig. »Wenn zum Beispiel einer aus seiner Verwandtschaft deren Kriegsführer wäre… Die Pretani haben eine Prinzessin edelsten Blutes, die reif für die Ehe ist. Du weißt ja, dass sie Fremde als Gatten für ihre königlichen Frauen suchen, um Streitigkeiten innerhalb der Klans zu vermeiden. Sie haben einen Boten geschickt und mich um einen meiner Söhne gefragt. Heirate das Mädchen, und du wirst ihre Armeen anführen und Könige zeugen.«
»Die Pretani!«, rief Goriat empört aus.
»Alba!«, entgegnete Morgause. »Wenn die Votadini und die Pretani sich verbünden, ist der Norden endlich wieder vereint!«
»Und dann mögen die Götter sich Britanniens erbarmen!« Seine langen Finger ballten sich zu Fäusten, als er sich zu ihr umdrehte. »Aber es wird nicht geschehen. Wenn du glaubst, ich gebe mich für diese Ränke her, Mutter, dann musst du wahnsinnig sein. Treib deine Spielchen mit Medrod, wenn du willst, ich jedenfalls bleibe auf der anderen Seite des Spielbretts.«
»Du bist ein Trottel, der nichts begreift«, zischte sie. »Mit einem meiner Söhne auf dem hohen Thron Britanniens und meinem Enkel auf dem heiligen Stein der Pretani werden wir über diese gesamte Insel der Mächtigen herrschen! Du gehst in den Norden, Goriat, oder du gehst nirgendwo hin! Du magst dich für einen Mann und einen Krieger halten, aber die Königin bin immer noch ich!«
Damit wandte Morgause sich ab, stapfte die Brüstung entlang davon und ließ ihn zurück. Er war jung und aufrührerisch, doch sie hielt die Zügel in der Hand. Seine Brüder waren mit Waffen, Pferden und Bediensteten ausgestattet losgezogen, wie es ihrem Rang geziemte, ihr vierter Sohn hingegen würde nichts erhalten, solange er sich ihrem Willen widersetzte.
Aber als sie am nächsten Morgen nach ihm rufen ließ, war Goriat verschwunden.
Drei Tage lang tobte Morgause. Dann begann sie, wieder klar zu denken. Eine Weile spielte sie mit dem Gedanken, an Goriats Stelle Medrod zu den Pikten zu senden, doch er war noch kein Krieger, obwohl er in vielerlei Hinsicht frühreif war, in einer Weise, dass es ihr Sorge bereitete. Aber selbst wenn er alt genug zum Heiraten gewesen wäre, auf Medrod wartete eine andere Bestimmung. Tief im Herzen betrachtete Morgause, so wie Goriat, Britannien als den kostbareren Preis, und von all ihren Söhnen war Medrod jener mit dem größten Anrecht darauf.
Im Mittsommer begingen die Stämme des Nordens den Triumph der Sonne je nach Klan und Gebiet, indem sie Gaben darbrachten, feierten und ihre Rinder und Felder segneten. Es war Brauch, dass die Königin dem Fest jedes Jahr bei einem anderen Klan beiwohnte, diesen Sommer jedoch, nach Leudonus’ Tod, ließ sie verkünden, dass sie den Feiertag zu Ehren ihres Gemahls mit ihrem jüngsten Sohn in Abgeschiedenheit verbringen werde.
Einige Tage vor
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