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Britannien-Zyklus 04 - Die Herrin der Insel

Titel: Britannien-Zyklus 04 - Die Herrin der Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana L. Paxson
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verändert, abgesehen von dem weißen Schleier einer geweihten Nonne, der ihr kurz geschorenes Haar bedeckte. »Mir kommt es vor, als hörten wir täglich eine neue Geschichte. Manch einer behauptet, nicht Riothamus, sondern Artor sei gestorben.«
    Gwendivar schüttelte den Kopf. »Er ist nicht tot. Das wüsste ich…«
    »Weil du seine Frau bist?« Julia zog eine Augenbraue hoch. »Er war dir nie ein wahrhaftiger Gemahl.«
    »Weil ich Artors Königin bin«, berichtigte Gwendivar sie. »Und weil das Land selbst wehklagen würde, hätte er diese Welt verlassen.«
    Ungläubig schnaubte Julia. »Ob sich das Land nach zehn Jahren überhaupt noch an ihn erinnert? Du, meine Liebe, bist die Quelle der Herrschaft. Was wirst du nun tun?« Nach dem Tod von Mutter Madured hatten die Nonnen Julia dazu auserkoren, sie anzuführen, weshalb sie nun Autorität ausstrahlte.
    »Theodoric hat ein Schiff nach Aquilonia geschickt, um Näheres in Erfahrung zu bringen. Ich werde dann eine Entscheidung fällen, wenn wir Gewissheit haben.«
    »Falls dir so viel Zeit bleibt!« Kopfschüttelnd erhob sich Julia. »Artor ist schon zu lange fort, und Britannien summt wie ein Bienenschwarm. Wenn er nicht persönlich mit dem Boten zurückkehrt, muss er vielleicht feststellen, dass Britannien sich jemand anderem verschrieben hat! Aber was auch immer geschieht, meine Königin, vergiss nie, dass hier in Avalon stets Platz für dich ist.«
    Gwendivar versuchte zu lächeln. Einst hatte sie diese Insel als Gefängnis empfunden, nun jedoch wusste sie die Macht zu schätzen, die unter dem Frieden dieses Ortes schlummerte. Selbst die geistigen Übungen der Nonnen ermöglichten es ihnen gerade eben, die Kräfte zu ertragen, die in den kalten Wassern der Quelle pulsierten. Gwendivar beugte sich über das Wasser und erblickte ihr Antlitz als verschwommenes Muster zwischen Blättern, die im Strudel der Strömung trieben. Sie schöpfte Wasser aus dem Teich; das Bild löste sich auf und formte sich von neuem in den glitzernden Tropfen, die von ihren Händen fielen.
    Beide Frauen wandten sich um und blickten auf, als auf den Steinen das Geräusch von Schritten erklang. Es war eine der Novizinnen, die angesichts der Königin Britanniens noch aufgeregt war.
    »Herrin, Fürst Medrod möchte mit Euch sprechen…«
    »Hierher darf er nicht«, setzte Julia an, aber Gwendivar erhob sich bereits.
    »Sag ihm, er soll in den Obstgarten kommen«, trug sie der jungen Frau auf und zog sich den Schleier wieder übers Haar.
     
    Die Äpfel waren geerntet worden, die Blätter fielen von den Bäumen. Nur ein paar verschrumpelte Früchte, zu klein, als dass es sich lohnen würde, sie zu pflücken, hingen noch an den obersten Ästen. Doch obwohl die Bäume nun kahl dastanden, waren sie nicht unfruchtbar, denn im nächsten Jahr würden sie wieder blühen und gedeihen.
    Ganz im Gegensatz zu mir… dachte die Königin verbittert. Sie schritt zwischen den Bäumen auf und ab und drehte sich mit gerunzelter Stirn um, als Medrod das Tor schloss und auf sie zukam. Schlank und drahtig wie er war und mit dem im Sonnenlicht leuchtenden rotbraunen Haar erinnerte er sie wenigstens nicht an Artor.
    »Die Pferde stehen bereit. Wenn wir Camelot vor Einbruch der Dunkelheit erreichen wollen, müssen wir jetzt aufbrechen.«
    »Wieso sollte ich zurückgehen? Wenn Artor nicht zurückkehrt, bin ich nicht länger Königin.« Gwendivar spürte, wie das Königreich rings um sie zerbröckelte; oder vielleicht war sie es selbst, die verdorrte und zerbröselte. Medrod hielt sie an den Schultern fest, als sie sich abzuwenden begann.
    »Gwendivar!« Sein Griff verstärkte sich. »Ihr seid der Quell der Herrschaft! Britannien braucht Euch – ich brauche Euch! Meine Herrin, meine Geliebte, begreift Ihr denn nicht?«
    Kopfschüttelnd wich sie zurück. Ohne sie loszulassen, folgte ihr Medrod, bis sie mit dem Rücken an einen Baum stieß.
    »Gwendivar… Gwendivar…« Er zog ihr den Schleier vom Kopf und berührte zärtlich ihr Haar. »Du bist der Ursprung und der Mittelpunkt, die Quelle und der geheiligte Hain.«
    Kaum atmend verharrte sie, während seine Hand von ihrem Haar zur Wange hinabwanderte. Dies war nicht die verhohlene Verführung, die er zuvor versucht hatte. So zärtlich er sich geben mochte, sein Griff strahlte eine Autorität aus, die sie nicht verleugnen konnte. Gwendivar drehte den Kopf weg, doch er zwang ihn zurück, und dann küsste er sie, leidenschaftlich und innig, und sie spürte, wie die

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