Brixton Hill: Roman (German Edition)
irgendwie zu Braidlux, klar. Und hinter der Holding stehen, wenn man etwas sucht, dein Onkel und sein Kumpel. Der Rest sind Strohmänner.«
»Unmöglich. Mein Onkel ist bei der Privatbank meiner Großmutter angestellt. Er ist in der Geschäftsführung. Er darf nichts anderes nebenher …« Sie stockte.
»Und deshalb findet man wohl auch nichts darüber, nicht wahr?«, sagte Jay.
»Wie will Alan denn an diese Informationen gekommen sein?«
»Er war ein viel besserer Hacker, als ich es je sein werde.«
Em setzte sich auf den Boden und rieb sich die Schläfen. »Darf ich rauchen?«
»Nicht hier drin.«
»Dann nicht. Ich hab sowieso keine Zigaretten.«
Jay lachte kurz auf. »Manchmal bist du wirklich lustig.«
Sie ignorierte ihn. »Also. Der Reihe nach. Entweder hat sich Alan das mit meinem Onkel ausgedacht, um einen Grund zu haben, mich zu kontaktieren, und zwar mit etwas anderem als … als dem Üblichen.«
»Keine Details, bitte, über ›das Übliche‹. Ich will ihn in würdiger Erinnerung behalten.«
»Oder es war andersrum«, ignorierte sie seinen Einwurf. »Er hat mich kontaktiert …«
»… mit etwas anderem als dem Üblichen …«
»… weil er mir mitteilen wollte, dass mein Onkel … und so weiter.«
Jay sah sich die Tabelle an. »Hier steht wie gesagt, mit welchen Leuten die Gesellschafter in Kontakt standen. Eine hübsche Liste. Und sieh an, bei diesen Freunden kann uns Braidlux noch ganz anders kommen als nur mit verunreinigtem Leitungswasser. Das wird spaßig in den nächsten Wochen.« Er klang nicht gut.
»Das glaub ich nicht. Frank ist so ein korrekter Mensch … Und Robert … Na ja. Vorstellen kann ich es mir vielleicht schon. Aber – nein, ich will das nicht glauben. Jedenfalls nicht den Teil mit dem Wasser. Und dem Strom. Und so weiter.«
Jay hatte ein neues Dokument geöffnet. »Strom und Wasser sind ehrlich gesagt lustige kleine Streiche im Vergleich zu dem, was Alan hier zusammengesucht hat.«
»Will ich gar nicht wissen.« Em vergrub das Gesicht in den Händen und stöhnte auf. Sie hatte tagelang durchgehalten, aber jetzt baute sich dieser Druck in ihr auf, der ihr vor zwanzig Jahren schon den Lebensmut genommen hatte.
»Alan hat Hinweise gesammelt, dass die Baugenehmigungen für einige der Luxuswohnanlagen von Braidlux auf nicht ganz legale Weise zustande gekommen sind … Das ist ja interessant … Sieht mir aus wie ein Fass ohne Boden. Unglaublich, wie viel Alan hier hatte. Ohne mir was davon zu sagen.« Er tippte Em auf die Schulter. Sie sah zu ihm auf. »Du bist sicher, dass du davon nichts gewusst hast?«
»Aber wirklich.«
»Es ist nicht so, dass du ihn gebeten hast, die Daten eine Weile zurückzuhalten?«
»Was?«
»Nur eine Frage. Schließlich geht’s um deinen Onkel.«
Sie schüttelte den Kopf. »Ich wusste wirklich nichts.«
Jay betrachtete sie prüfend. Dann öffnete er das nächste Dokument. »Eine Liste der Häuser und Anlagen, die Braidlux gebaut hat.« Er murmelte Namen von Straßen und Stadtteilen vor sich hin. Zweimal stockte er, was Em kaum bemerkte. Sie hatte sich auf den Rücken gedreht und starrte kraftlos an die Decke.
»Emma«, sagte er schließlich.
»Hm?«
»Ich hab hier noch was. Ich glaube ja nicht, dass das wichtig ist. Aber ich dachte …«
»Was jetzt? Meine Großmutter führt die Baumafia an?«
»Traust du es ihr zu?«
»Ich traue ihr alles zu. Sie ist ein hartes Biest. Margaret Thatcher war die liebe Kindergartentante im Vergleich zu ihr.«
»Merke: Ich möchte niemals deine Großmutter kennenlernen. Ich wollte etwas anderes sagen. Der Limeharbour Tower und das Gebäude, in dem du gewohnt hast.«
»Ja?«
»Beide gehören Braidlux.«
Kapitel 26
E m hatte davon gehört, dass von verschiedenen Trauerphasen gesprochen wurde. Sie wusste, dass es unterschiedliche psychologische Ansätze und Modelle gab, um Trauer zu beschreiben und einzuteilen. Und wenn sie sich richtig erinnerte, befand sie sich nach einem Modell in Phase zwei (nach dem »Nichtwahrhabenwollen« die »aufbrechenden Emotionen«), nach einem anderen in Phase drei (erstens »Schockphase«, zweitens »kontrollierte Phase«, drittens »Regressionsphase«).
Sie hatte sich lange zusammengerissen. Sie war seit Kimmys Tod und seit dem Tod ihres Bruders stark und kontrolliert gewesen, und natürlich hatte sie immer wieder Momente gehabt, in denen sie es nicht hatte glauben wollen, was geschehen war. Aber der Alkoholexzess auf Erics Trauerfeier war wohl ein eindeutiges
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