Brockmann Suzanne
deutlich in ihrem Gesicht. Sie hatte keine Sekunde geglaubt, er könne schwul sein, hatte ihm nur einen Köder hingeworfen, und er hatte prompt angebissen. Sie zwinkerte ihm anzüglich zu, gab zu verstehen, dass sie nur scherzte, aber er wusste es besser.
Bitte, lieber Gott, gib, dass in meinem Hotelzimmer eine Nachricht auf mich wartet. Bitte, gib, dass Wesley angerufen, sich in den Staaten zurückgemeldet und angekündigt hat, er sei auf dem Weg nach Boston. Bitte, Gott …
„So, nachdem dieses Rätsel gelöst ist, bleiben noch zwei drängende Fragen offen: Was führt dich zurück nach Boston?“, wandte Colleen sich an ihre Untermieterin und Freundin, „und warum blau?“ Sie drehte sich um und musterte kritisch Clarks Frisur. „Ich bin mir nicht sicher, ob du es überhaupt bist, Kumpel.“
„Was ist ein Navy SEAL?“, warf Kenneth ein. „Die dritte drängende Frage des Abends! Vor meinem inneren Auge sehe ich putzige Seelöwenbabys, aber irgendwie bin ich sicher, dass ich damit falschliege.“
„Die SEALs sind eine Spezialeinheit der Navy“, erklärte Colleen. „Sie gelten als härteste Elitetruppe der Welt. Sie verbringen viel Zeit im und am Wasser, aber der Begriff SEAL ist eine Abkürzung für ihre Einsatzgebiete sea, air und land, also zu Lande, zu Wasser und in der Luft. SEALs sprengen unter Wasser alles Mögliche in die Luft, springen aus Flugzeugen oder kriechen durch den Dschungel; sie sind hoch spezialisierte Krieger, eine Art Superhelden. Meistens weiß niemand, dass sie überhaupt da sind. Sie tragen mächtige Waffen und führen fast ausschließlich verdeckte Einsätze durch.“ Sie schaute zu Clark hinüber. „Das heißt geheime Einsätze, von denen so gut wie nie jemand etwas erfährt. In 99,9 Prozent aller Fälle gelangen sie an ihren Einsatzort und verschwinden auch wieder von dort, ohne auch nur eine einzige Kugel abzufeuern.“
Sie wandte sich an Bobby. „Habe ich etwas Wichtiges vergessen? Abgesehen von dem Umstand, dass ihr SEALs Menschen mit bloßen Händen tötet und dafür bekannt seid, im Bett ziemlich grob zu werden?“
Bobby musste unwillkürlich lachen. Er konnte einfach nicht anders. Und dann lachte auch Colleen, während die anderen sie beide anstarrten, als seien sie komplett übergeschnappt.
Sie war so lebendig, so voller Lebensfreude. Und in nicht einmal ganz einer Woche würde sie ein Flugzeug besteigen und in ein gefährliches Land fliegen, in dem sie riskierte, umgebracht zu werden. Was für ein Verlust für die Welt das doch wäre! Der Gedanke wirkte ernüchternd.
„Bitte geh nicht!“, sagte er.
Sie begriff sofort, dass er ihre geplante Reise nach Tulgeria meinte, und ihr Lachen verstummte. „Ich muss.“
„Nein, Colleen, das musst du nicht! Du hast keine Ahnung, wie es dort zugeht.“
„Doch, habe ich.“
Ashley schnappte sich ihren Bruder und Kenneth und zog sie zur Tür. „Colleen, wir gehen jetzt, um …“
„Nein, du gehst nicht.“ Colleen wandte den Blick nicht von Bobby ab. „Wirf Ausstellungsstück A und B auf die Straße, aber wenn du deine Kopfschmerzen hast, gehst du nirgendwohin, sondern ins Bett.“
„Na schön, dann gehe ich in mein Zimmer“, antwortete Ashley leise. „Kommt, Kinder. Lassen wir Tante Colleen allein.“
„Hasta la vista, Baby!“ Clark nickte Bobby zu.
„Danke noch mal, dass Sie mich nicht umgebracht haben!“, rief Kenneth fröhlich. Damit verließen sie die Wohnung, und Ashley verschwand in ihr Zimmer.
Bobby blieb allein mit Colleen im Wohnzimmer zurück.
„Ich sollte auch gehen.“ Das wäre definitiv das Vernünftigste. Allerdings hätte er sie viel lieber geküsst. Was definitiv das Unvernünftigste gewesen wäre. So oder so schaffte er es einfach nicht, seine Füße dazu zu bringen, sich zur Tür zu wenden.
„Du solltest in die Küche kommen“, widersprach sie. „Da stehen Stühle, auf denen sich keine Kartons stapeln. Wir könnten uns tatsächlich hinsetzen.“
Sie nahm ihn bei der Hand und zog ihn in die Küche. Mit dieser Richtung hatten seine Füße irgendwie keine Probleme.
„Okay“, sagte sie und setzte sich an den Küchentisch. „Schieß los. Was ist in Tulgeria passiert?“
Bobby massierte sich die Schläfen. „Ich wünschte, es wäre so einfach“, antwortete er. „Ich wünschte, es wäre nur eine Sache passiert. Ich wünschte, ich wäre im Irrtum, aber ich bin mindestens ein halbes Dutzend Mal dort gewesen, und jedes Mal war es wieder schlimmer als davor. Es ist übel, und es
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