Brockmann Suzanne
Richtung Stadt fuhr, riefen Harvard, Lucky oder Cowboy an, und Zoes stummer Pager meldete sich. Dann machte sie sich bereit.
Vielleicht würde Jake diesmal aufkreuzen. Vielleicht ...
Aber obwohl Christopher Vincent inzwischen mehrfach im Mel’s gewesen war, immer mit kleinem Gefolge, war Jake nicht aufgetaucht.
Zoe war furchtbar frustriert. Und begann sich allmählich Sorgen zu machen.
War etwas schiefgegangen? Jeden Abend rief sie Harvard an, vorgeblich, um Bericht zu erstatten, aber in Wahrheit, um zu erfahren, ob Jake im Laufe des Tages von jemandem gesehen worden war.
Was, wenn er krank war? Oder verletzt? Was, wenn Vincent wusste, dass er nur gekommen war, um das Triple X zu finden? Was, wenn er im Keller der Fabrik festgehalten wurde, zusammengeschlagen und blutend und ...
Oh verdammt! Das wirklich Dumme an der Sache war, dass sich hinter all ihren Sorgen und ihrem Frust über die endlose Untätigkeit die unleugbare Tatsache verbarg, dass sie sich nach ihm sehnte.
Sie sehnte sich nach diesem Mann.
Sie sehnte sich nach seinem Lächeln, nach seiner Nähe, nach seiner ruhigen Sicherheit, nach dem wunderbaren Gefühl, in seinen Armen zu liegen.
Zoe stöhnte auf und legte die Stirn auf ihre auf der Theke gefalteten Arme. Er hatte sie nur einmal geküsst, und dennoch sehnte sie sich auch danach. Wann, um Himmels willen, war sie so hoffnungslos romantisch geworden? Hoffnungslos - genau da lag das eigentliche Problem.
Sie fühlte sich wie ein verliebtes Schulmädchen. Und leider war diese Verliebtheit eine total einseitige Angelegenheit.
Klar, der Mann hatte sie geküsst. Einmal. Und anschließend war er sozusagen schreiend davongerannt, so schnell er nur konnte. Er würde sie wieder küssen, aber nur, weil das sein musste. Das hatte er ihr deutlich gesagt.
„Werden Sie heute Abend wieder singen?” Lonnie hatte sich zu ihr hinübergebeugt und sah sie fragend an.
Er sprach von Karaoke. Am letzten Freitag hatte Hai sehr günstig eine gebrauchte Karaokeanlage von einem Typen gekauft, der seine Kneipe in der Nachbarstadt dicht gemacht hatte. Zoe war die einzige Angestellte der Bar gewesen, die den Mut hatte, das Ding auszuprobieren. Die Songs waren fast alles alte Hits, zu denen man tanzen konnte, und ein paar Countrysongs.
Zoe hob den Kopf, um einen Blick in den Spiegel hinter der Bar zu werfen. Außer Lonnie, dem alten Roy, dem Barkeeper Gus und ihr waren nur drei Gäste da.
„Ich glaube, nicht”, antwortete sie Lonnie. „Ist ja kaum jemand da.”
Roy blätterte bereits die Songs durch. „Ich mag diesen alten Song von Patsy Cline”, blinzelte er sie hoffnungsvoll an. „Singen Sie den? Bitte!”
Genau diesen Song spielte er Nacht für Nacht mindestens dreimal auf der Jukebox. „Das Original klingt viel besser als ich”, erwiderte sie. „Hier haben Sie eine Münze für die Jukebox, Roy.”
„Aber es gefällt uns, wenn Sie singen, Zoe”, warf Lonnie ein und setzte seinen bettelnden Hundebabyblick auf. „Ich würde auch gern die anderen Songs hören, die Sie am Samstagabend gesungen haben.”
Zoe seufzte.
„Bitte!”, bettelten sie einstimmig.
Eigentlich sollte sie die Toiletten putzen. Gott, wie sie es hasste, die Toiletten zu putzen!
„Na schön. Warum nicht?” Sie ging hinter den Tresen und schaltete die Karaokeanlage und den Fernseher über der Theke ein. „Aber wenn schon, dann auch richtig.” Sie nahm die kurze Schürze ab, in der sie Bestellblock und Geldbörse stecken hatte, legte alles hinter die Theke, griff nach dem Mikrofon und schaltete es ein. „Alles bereit für die Show, Jungs?”
Roy und Lonnie nickten erwartungsvoll.
Wummernde Gitarrenklänge dröhnten aus den Lautsprechern. Der alte Roy und Lonnie hielten sich beide entsetzt die Ohren zu.
„Entschuldigung!”, rief sie und regelte hastig die Lautstärke herunter.
Die Wörter auf dem Bildschirm wurden farbig, und sie sang sie ins Mikrofon: „ Crazy ...”
Der alte Roy und Lonnie lauschten fasziniert - der Vorsitzende und der stellvertretende Vorsitzende ihres ganz persönlichen Fanclubs. Zoe gab derweil ihr Bestes, den Song der Countrydiva so echt wie möglich zu interpretieren, und stellte sich dabei vor, vor einem Millionenpublikum zu singen.
Aus dem einen Lied wurden zwei, dann drei, dann vier. Jedes Mal klatschten Roy und Lonnie ihr enthusiastisch Beifall.
„Singen Sie’s noch mal!”, bat Roy.
Zoe warf Gus einen Hilfe suchenden Blick zu, aber der lächelte nur und meinte: „Das Stück gefällt mir
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