Brockmann Suzanne
habe vier Brüder”, erläuterte sie. „Ich musste lernen, zu kämpfen. Und ich musste beinahe jeden Tag aufs Neue beweisen, dass ich hart und mutig genug war, um die heiligen Hallen ihres Clubhauses zu betreten. Also bin ich natürlich auch auf dem Dach herumgeklettert. Das trieb meinen Vater zum Wahnsinn.” Sie lachte. „Ich glaube, ich treibe ihn heute noch zum Wahnsinn.”
Ihr Vater war in Vietnam gewesen. Er war etwa im selben Alter wie Jake. Ein Mann, dem er einmal das Leben gerettet hatte. Ein Mann, der ganz sicher nicht angetan wäre, wenn er wüsste, was für Gedanken Jake in Bezug auf seine Tochter hegte.
An diesem Morgen war Jake aufgewacht, Zoe in den Armen, und ungefähr vier Sekunden lang spielte ihm sein Gehirn einen üblen Streich. Er hatte geträumt, lebhaft und sehr erotisch. In diesem Traum hatte er mit ihr geschlafen, und als er aufwachte, war ihm das noch so deutlich in Erinnerung, dass er für einen Moment Traum und Wirklichkeit durcheinanderbrachte. Ein paar endlose Sekunden lang glaubte er, sie hätten sich in der letzten Nacht wirklich geküsst und in Ekstase vereint.
Dann aber meldete sich die Wirklichkeit zurück, und ihm fiel ein, was tatsächlich geschehen war. Nichts. Gar nichts war passiert.
Doch allein schon der Gedanke, Zoe zu lieben, war atemberaubend.
Gestern hatte er ihr noch gesagt, dass zwischen ihnen nichts laufen könne. Dass eine Beziehung von vornherein zum Scheitern verurteilt sei. Er hatte sogar angesetzt, ihr zu erklären, dass er sich nicht vorstellen könne, mit einer anderen Frau zu schlafen als mit Daisy ... oder mit einer anderen zusammen zu sein. Mit einer anderen das Leben zu teilen.
Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass ich ...
Er hatte den Satz nicht zu Ende gebracht. Denn er entsprach nicht der Wahrheit. Er konnte sich nicht nur sehr gut vorstellen, mit Zoe zu schlafen, sondern sich das sogar bis ins allerintimste Detail ausmalen.
„Was hat dich dazu bewogen, zur Navy zu gehen?”, unterbrach Zoe seine Grübelei und holte ihn damit zurück in die Wirklichkeit. Zurück aufs Dach, auf dem sie beide vollständig bekleidet saßen.
Sie trug ihre Jacke offen, darunter ein langärmliges T-Shirt, dazu knapp sitzende Jeans. Offensichtlich fühlte sie sich wohl in ihren Kleidern, zu Hause in ihrem eigenen Körper. Warum auch nicht?
Jake war ein gut aussehender Mann. Er war daran gewöhnt, dass die Leute ziemliches Aufhebens davon machten, aber wenn er selbst in den Spiegel schaute, sah er nur sich selbst. Nichts Besonderes.
Genauso hatte Zoe ihr ganzes Leben mit sich selbst gelebt. Sie kannte sich nackt, hatte ihren Körper unzählige Male gewaschen, geduscht, gebadet, ihre Haare gebürstet und dabei im Spiegel in ihre lebhaften braunen Augen geschaut.
Genau wie er war sie sich vermutlich dessen bewusst, dass sie außergewöhnlich gut aussah, aber - ebenfalls genauso wie er - gab es für sie genügend andere, wichtigere Dinge zu bedenken.
Sie blickte ihn an, wartete, dass er ihre Frage beantwortete. Warum hatte er sich den SEALs angeschlossen?
„Mein Vater gehörte im Zweiten Weltkrieg zu einer Kampfschwimmereinheit - einem der Underwater Demolition Teams. Das waren die Vorläufer der SEALs.”
„War er auch Navy-Offizier?”
Jake musste unwillkürlich lachen. „Nein. Er war so untypisch für einen Angehörigen der Navy wie nur irgend möglich. Vor dem Krieg war er Taucher. Er arbeitete hauptsächlich als Bergungstaucher im Golf von Mexiko und lebte auf einem Boot in Key West. Das heißt, er gammelte hauptsächlich am Strand herum. Nach der verlustreichen Schlacht um Tarawa wurde er eingezogen, als die Navy ernsthaft begann, sich mit Unterwassernavigation zu befassen. Er diente im Pazifik bis zur Kapitulation Japans, und dann machte er sich auf die Suche nach meiner Mutter, die er schließlich im Staate New York fand. Kennengelernt hatte er sie auf Hawaii, wo sie als Krankenschwester gearbeitet hatte. Er marschierte nach Peekskill, riss sie sozusagen aus den Armen ihres sterbenslangweiligen Verlobten, nur wenige Stunden vor der Trauung, und schwängerte sie beinahe sofort. Ich bin das Ergebnis.” Er lachte erneut. „Frank, mein Vater, war eigentlich ein Versager auf der ganzen Linie, aber wenn er sich einmal dazu entschloss, etwas zu tun, dann tat er das äußerst gründlich.”
„Du bist also in Peekskill aufgewachsen?”
Er musterte sie von der Seite. „Schreibst du einen Artikel für Navy Life?”
Sie lachte. Verdammt, sie war
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