Brockmann Suzanne
Mai, April, März … Verdammt, es war tatsächlich im Februar gewesen. Er hatte sich ein paar Monate lang immer mal wieder mit dieser Ellen getroffen. Es war nichts Ernstes gewesen. Meist hatte sie ihn angerufen, sie waren gemeinsam ausgegangen und schließlich bei ihr im Bett gelandet. Es war ihm gar nicht aufgefallen, dass sie aufgehört hatte, ihn anzurufen. Er konnte sich nicht einmal mehr genau an ihr Gesicht erinnern.
Jedes Mal, wenn er es versuchte, tauchten P. J.s braune Augen vor ihm auf.
„Hallo Harvard.“ Joes Ehefrau Veronica stand in der Küche. Wie gewöhnlich tat sie drei Dinge auf einmal. Während sie Gemüse schnitt, kochte irgendetwas auf dem Herd vor sich hin. Auf dem Küchentisch lagen Dokumente verstreut, die offensichtlich zu einem aktuellen Auftrag gehörten. Veronica arbeitete als Imageund Medienberaterin. Am Tisch in einem Hochstuhl saß der kleine Frankie, der mit seinen eineinhalb Jahren noch etwas unbeholfen versuchte, sein Abendessen zu sich zu nehmen.
„Hallo, Ronnie“, erwiderte Harvard durch den Türrahmen, während Joe am Kühlschrank anhielt, um einige Flaschen Bier herauszuholen. „Wie geht’s?“
„Ich bringe mir gerade selbst das Kochen bei“, erklärte sie ihm mit ihrem klaren britischen Akzent. Ihr rotes Haar fiel lose über ihre Schultern, und sie trug ein Paar bequem aussehender Shorts und ein Trägertop. Doch Veronica Catalanotto war die Sorte Frau, die so viel natürliche Eleganz besaß, dass sie jederzeit und egal in welchem Outfit an einem Staatsbankett hätte teilnehmen können. Sie hätte sich einfach ihre Perlenkette umgeworfen, und schon hätte es losgehen können. „Wie geht es deinem Vater?“
„Viel besser. Danke. Er ist schon beinahe wieder völlig wiederhergestellt.“
„Das freut mich sehr zu hören.“
„Der Umzug rückt näher. Meine Mutter hat ihm schon mehrmals gedroht, ihn in einen Karton zu packen, wenn er nicht endlich aufhört, Dinge herumzutragen, die zu schwer für ihn sind.“
Joe sah von seiner Suche nach Bier im Kühlschrank erstaunt auf. „Du hast mir gar nicht erzählt, dass deine Eltern umziehen wollen.“
„Nein?“
Er schüttelte seinen Kopf. „Nein.“
„Mein Vater hat eine Stelle an einem kleinen privaten College in Arizona angenommen. Nichts Besonderes.“
„Klingt perfekt“, warf Veronica ein. „Das ist wahrscheinlich genau das Richtige für ihn. Dort kann er kürzertreten, und das Klima ist angenehm.“
„Ja, es ist großartig“, erwiderte Harvard und versuchte, es auch so zu meinen. „Und sie haben schon einen Käufer fürs Haus gefunden, also …“
Joe nahm den Flaschenöffner aus der Küchenschublade und schloss sie mit einem Hüftstoß. Er sah Harvard aufmerksam an und fragte: „Ist das denn okay für dich?“
„Ja, sicher doch“, antwortete Harvard mit einem Schulterzucken.
Veronica wandte sich an ihren Sohn. „Also ehrlich, Frank. Du sollst doch das andere Ende des Löffels benutzen.“
Frankie strahlte sie an und fuhr fort, auf dem Stil des Löffels herumzukauen.
„Dieses Lächeln hat er von seinem Vater“, erklärte Veronica Harvard und schenkte Joe Cat derweil ihr eigenes, schönstes Lächeln. „Und er weiß genau, dass ich ihm alles durchgehen lasse, wenn er mich so anlächelt. Ich sage dir, ich bin verloren. Ich bin dazu verdammt, für den Rest meines Lebens durch das Lächeln dieser beiden Männer manipuliert zu werden.“
„Genauso ist es“, warf Joe ein und küsste die Schulter seiner Frau, während er Harvard ein geöffnetes Bier reichte.
„Ich habe sie so lange manipuliert, bis sie mir erlaubt hat, die Holzdielen unserer Veranda vor zwei Wochen abzuschleifen und neu einzulassen. Das Haus gehört uns noch nicht einmal, und trotzdem habe ich so lange auf sie eingeredet, bis sie mich in der heißen Mittagssonne hat schuften lassen. Eine Lage Lack nach der anderen habe ich aufgetragen …“
„Es hat Spaß gemacht. Frank und ich haben auch geholfen“, unterbrach ihn Veronica.
Joe lachte nur.
„Kann ich dich dazu überreden, mit uns zu Abend zu essen?“, fragte Veronica Harvard. „Es gibt Eintopf. Hoffe ich jedenfalls.“
„Danke, Ronnie“, erwiderte Harvard. „Aber ich habe schon andere Pläne.“ Zum Beispiel, etwas Verdauliches zu Abend zu essen. Veronica war ohne Frage eine der nettesten und schönsten Frauen der Welt, aber was da auf ihrem Herd vor sich hin köchelte, sah ungenießbar aus.
„Wirklich? Hast du etwa eine Verabredung?“ Ihre Augen leuchteten
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