Brockmann Suzanne
Lenker, und er war trotzdem noch ganz dicht bei ihr.
Er schlang seine Arme um sie und hielt sie ganz fest. Sie fühlte sich wie im siebten Himmel und schloss rasch wieder die Augen.
„Bereit?“
„Um Gottes willen, nein! Woran soll ich mich denn bitte festhalten?“ Ihre Stimme klang schwach und verriet ihre Panik. Sie konnte die Seiten des Schlittens nicht umklammern, weil seine Beine im Weg waren.
„Halten Sie sich einfach an mir fest.“
Nell berührte seine Oberschenkel und ließ ihr Hände vorsichtig darunter gleiten. Sie spürte nichts als Muskeln, durchtrainierte, stahlharte, männliche Muskeln. Sie fragte sich, ob er wohl durch die vielen Lagen Kleidung ihr Herz schlagen hören konnte.
„Bereit?“, fragte er erneut. Sein Atem kitzelte ihren Nacken direkt unterhalb ihres Ohres.
Nell klammerte sich noch fester an ihn und schloss ihre Augen. „Ja.“
„Sie entscheiden, was passiert.“ Seine Stimme war nur ein Flüstern. „Wenn Sie so weit sind, dann schieben Sie uns vorsichtig über die Kante des Abhangs …“
Sie öffnete ihre Augen. „Können Sie uns nicht einfach einen Stoß geben?“
„Könnte ich, aber dann würden Sie die Fahrt nur hinter sich bringen. Sie würden sie nicht bewusst erleben. Kommen Sie schon! Sie müssen uns nur ins Rutschen bringen.“
Nell sah den Abhang hinunter. Der Stall schien auf einmal furchtbar weit entfernt und der Hügel viel steiler als noch vor wenigen Minuten. Sie atmete schwer. „Ich weiß nicht, ob ich das kann.“
„Lassen Sie sich ruhig Zeit. Ich kann warten – zumindest so lange, bis der Pizzaservice kommt.“
„Wenn wir hier noch länger rumsitzen, sind wir gleich vollkommen eingeschneit.“
„Ist Ihnen kalt?“ Sein Atem wärmte ihr Ohrläppchen und seine Arme schlossen sich noch ein klein wenig fester um ihren Oberkörper.
Kalt? Nell konnte sich kaum an ihren Namen erinnern, geschweige denn ein solch kompliziertes Gefühl wie „kalt“ umreißen. „Vielleicht müssen wir es Schritt für Schritt machen“, schlug sie vor. „Vielleicht sollten wir diesmal nur hier sitzen bleiben und hinuntersehen. Immerhin bin ich auf den Berg gestiegen und habe mich auf den Schlitten gesetzt. Das ist doch wenigstens schon mal ein Anfang. Etwas, worauf man stolz sein kann. Wenn es das nächste Mal schneit, bin ich vielleicht bereit …“
„Wir sind hier in Virginia“, rief er ihr in Erinnerung. „Das könnte gut der einzige Schnee sein, den wir dieses Jahr bekommen. Kommen Sie schon, Nell! Lassen Sie uns nur ein kleines Stück nach vorne rutschen.“
Nell starrte den Abhang hinunter und beschloss, dass sie das nicht tun konnte. Als sie sich jedoch vom Schlitten erheben wollte, hielt Crash sie von hinten fest.
„Blau“, sagte er leise. „Meine Lieblingsfarbe ist Blau. Genau wie das südchinesische Meer. Und der letzte Grisham-Roman hat mir nicht ganz so gut gefallen wie seine früheren.“
Nell drehte ihren Kopf nach hinten und starrte ihn an.
„Und Sie hatten recht. Ich habe Ihre FInCOM-Akte schon mal gesehen. Ich habe dabei geholfen, sie anzulegen.“
Sie durchschaute sein Spiel sofort. Sie wusste, ganz genau, was er zu erreichen versuchte. Er wollte ihr beweisen, dass auch er bereit war, Risiken auf sich zu nehmen. Er hatte zwar keine Angst davor, mit einem Schlitten einen Hügel hinunterzufahren, doch über sich selbst zu sprechen fiel ihm dafür umso schwerer. Sie wusste nur zu gut, dass er niemals, niemals freiwillig Informationen über sich preisgab.
Natürlich waren das keine intimen Geheimnisse, die er ihr erzählte. Aber allein der Gedanke, ihr irgendetwas Persönliches zu offenbaren, musste ihm eine Heidenangst eingejagt haben.
Mindestens genau so eine Heidenangst, wie sie sie empfand, wenn sie daran dachte, dass sie mit einem Schlitten diesen kleinen Berg hinunterfahren sollte. Wenn sie stürzte, würde sie sich wahrscheinlich nicht einmal ihr Bein brechen. Sie würde sich höchstens ihren Hintern prellen und ihren Stolz verlieren. Daran war nichts Schlimmes.
Sie rutschte mit dem Schlitten zur Kante.
„Ich wusste doch, dass du es schaffen würdest“, flüsterte Crash leise in ihr Ohr, als der Schlitten wippte und dann über die Kante glitt.
Zuerst rutschten sie nur langsam den Berg hinab, doch dann kamen sie in Fahrt.
Nell schrie. Die Kufen des Schlittens wirbelte Schnee auf, der um sie herum stob.
Sie wurden schneller und schneller, fast als würden sie fliegen, und als sie über einen Buckel fuhren, hoben sie
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